Im Steffl auf der Wiener Kärntner Straße befindet sich am 6th Floor auch die Sneaker Gallery. Florian Kampelmühler erzählt von seinem Arbeitsplatz zwischen Sneaker-Kultur und High End Fashion.
Ganz kurz zu den Basics: Wie heißt du, wie alt bist du und was ist deine Aufgabe in der Sneaker Gallery? Seit wann gibt es den Shop und wolltest du schon immer Schuhverkäufer werden?
Ein paar Leute nennen mich Kamp, ein paar nennen mich Flo, wieder andere nennen mich „42 ½ hab ich gesagt, du Idiot!“. Ich bin 29 Jahre alt und kümmer mich derzeit u.a. um den Einkauf für die Sneaker Gallery sowie Side Events wie unsere wechselnden Mini Ausstellungen, Pop Up Stores, etc. Ansonsten bin ich Einkaufs Assistent für den kompletten 6th Floor, der vor gut einem Jahr aufsperrte. Schuhverkäufer, bzw. Einkäufer war allerdings nie mein Traumberuf – wie ich schon damals in unser liebloses Matura-Heftchen geschrieben habe: ich wollte immer Postbeamter werden.
Du bist also angestellt und somit befreit vom finanziellen Risiko?
Das stimmt einerseits, auf der anderen Seite bin ich permanenten von dopen Sneakern umgeben – und das wiederum ist ein großes finanzielles Risiko für mich.
Ein paar Leute nennen mich Kamp, ein paar nennen mich Flo, wieder andere nennen mich „42 ½ hab ich gesagt, du Idiot!“.
Wie wichtig ist für euch der Standort im Steffl im 1. Wiener Bezirk und was bringt er für Begleiterscheinungen mit sich?
Der „6th Floor“ ist angetreten um das Schuhgeschäft schlechthin zu sein, und dafür benötigt es auch eine tolle Adresse. Die Begleiterscheinungen sind eine sehr gute Fluktuation und ein großer Anteil an gehobenem Klientel. Natürlich impliziert das für Art.one, Esko und mich, die wir diese Sneaker Abteilung quasi schupfen, auch den Umgang mit einem manchmal etwas, naja sagen wir „schwierigerem“ Publikum. Auf der anderen Seite haben wir so schon sehr viele interessante Leute getroffen und Einiges (an Etikette) dazugelernt.
Was ist dein Zugang zur Sneaker-Kultur? Sind Sneaker für dich Teil der Mode-Industrie?
Mein Zugang zu Sneakern kam klar über die Hip Hop Kultur, davor habe ich sie eher als Alltags- denn als Kultgegenstände wahrgenommen. Ich erinner mich, dass ich als Kind lange für ein Paar Jogging High nerven mußte und Gimmicks wie Pump und Disc liebte – aber wirklich groß interessiert haben mich Schuhe nicht. Die Wertschätzung kam erst einige Zeit später mit dem Interesse an Rap. Da begann es, dass ich mir öfters Sneaker aus anderen Städten als Souvenir mitnahm und zuhause ins Regal stellte, noch ohne jegliches Wissen über bestimmte Modelle und deren Hintergründe. Dieses Abtauchen in die Tiefen der Sneaker Kultur und die sehr nerdige Beschäftigung, damit ging dann erst nach der Sneakerness 2009 los und intensivierte sich in den letzten 1 ½ Jahren bis hin zum Unerträglichen.
Und obwohl man zu Recht von einer „Sneaker Kultur“ mit eigenem Lebensgefühl, etc. spricht, ist es natürlich auch eine riesige Industrie und als solche ein nicht unerheblicher Teil der Fashion Branche. Ich weiß nicht ob es nur mir so geht aber ich z.B. suche immer zuerst die Schuhe aus und stimme darauf mein restliches „Outfit“ ab. Somit ist in meinem Fall die komplette restliche Fashion Industrie von den Turnschuhen abhängig.
Wer sind eure Kunden? Kommen zu euch in erster Linie Wiener oder aufgrund des Standorts Touristen? Wie wichtig sind Exklusivität und Special Editions?
Wir zählen natürlich viele Touristen zu unserer Kundschaft, jedoch kommen auch immer mehr heimische Sneakerheads auf der Suche nach etwas Neuem bei uns vorbei. Exclusives und Limiteds sind bis zu einem gewissen Grad wichtig, um sich zu profilieren. Wenn ein Schuh oder Farbweg aber einfach nur Scheiße aussieht, dann macht es die Tatsache, dass es davon nur 40 Stück gibt auch nicht besser. Oder schon – weil man da die beruhigende Gewissheit hat, dass es nicht zu viele sind. Trotzdem ist es eine unserer Prioritäten regelmäßig Specials und exklusive Kicks anzubieten, nur halt eben die Schönen. Haha.
Kaufen einzelne Kunden Schuhe, die eigentlich hässlich sind, nur weil sie selten sind?
Ja, es gibt diese Hypebiester. Ich würde aber sagen, dass das einen verschwindend geringen Anteil ausmacht. Die Mehrheit will komischerweise tragbare Sneaker kaufen, um sie dann auch tatsächlich zu tragen. Außerdem was ist schon hässlich: ich zeige Freunden meine liebsten Teile aus der Vitrine und sie stehen Kopf schüttelnd auf und verlassen kommentarlos meine Wohnung, haha.
Hat die Sneaker Gallery Anbindung an bestimmte Szenen?
Naja, es gibt natürlich Anbindung an die urbane Kunst und Musik Szene, allein schon durch den riesigen Bekanntenkreis von Thomas Köckeritz (Creative Director), mein Umfeld, sowie das meiner langjährigen Freunde Esko und Art. Wir präsentieren regelmäßig Ausstellungen von befreundeten Künstlern in der Gallery, nehmen an Events teil und zählen Artists wie Curse, Skero und Prinz Pi zu unseren Kunden und Besuchern. Aber im Prinzip sind wir mittlerweile einfach ein fixer Anlaufpunkt für junge, modebewusste und vor allem informierte Menschen – Szenen-übergreifend.
Trotzdem ist es eine unserer Prioritäten regelmäßig Specials und exklusive Kicks anzubieten, nur halt eben die Schönen.
Mit dem Steffl im Hintergrund hast du ein ordentliches Standing gegenüber der Industrie. Wie gestaltet sich die Zusammenarbeit mit großen, internationalen Marken? Welche Rolle spielen bei euch neue, noch unbekanntere Marken?
Mit dem Steffl im Rücken bekommt man unter Umständen leichter einen Fuß in die Tür, letztlich muss man aber wie alle anderen darauf achten, dass man den Firmen ein gutes Markenumfeld bietet, das die Zahlen stimmen und das das Image des Shops zur Brand passt und umgekehrt.
Die großen Turnschuhhersteller haben alle Österreichische Dependancen bzw. Agenturen vor Ort, etwas spannender ist da die Zusammenarbeit mit den großen High End Marken zu deren Palazzos man gemeinsam mit dem Rest der Welt während der Order-Fenster fliegt, um sich die eigene Selektion zu erkämpfen. Vielleicht ist spannend auch nicht das richtige Wort und ich sollte lieber sagen furchtbar.Wir sind auch immer auf der Suche nach neuen, speziellen Marken – ob auf Messen, in Blogs, in Showrooms, in Magazinen oder im eigenen Freundeskreis. So steht derzeit neben dem Nike Quickstrike, dem Adidas Jeremy Scott Wahnsinn oder einem edlen Lanvin High Top, eine Marke wie Philippe Model, KangaRoos oder White Premiata.
Welche Marken gehen bei euch am Besten?
Unser Konzept stützt sich ja darauf High End Fashion Brands sowohl mit klassischen Sport- und Lifestyle Marken als auch mit spitzen, noch unbekannteren Marken zu mischen. Dieses Konzept funktioniert tatsächlich sehr gut: so gehen die Luxusbrands wie Balenciaga, Marc Jacobs oder eben Lanvin genauso wie Adidas ObyO, Nike QS, Clae, Philippe Model, Paul Smith bis hin zu Converse.
Ich suche immer zuerst die Schuhe aus und stimme darauf mein restliches Outfit ab. Somit ist in meinem Fall die komplette restliche Fashion Industrie von den Turnschuhen abhängig.
Welche Sneaker-Trends beobachtest du gerade?
Alles wurde bereits oder wird gerade schmaler, dünner und slicker. Außerdem geht der Trend eindeutig Richtung Sneaker-Herrenschuh Zwischending: alles wird cleaner, simpler und erwachsener … um Megaloh zu zitieren: Schande!
Was ist dein persönlicher Lieblings-Schuh?
Der original Reebok Pump von 1989 mit all seinen Bringbacks und Kollabos ist mein absolut liebstes Sammlerstück und ruiniert mich Monat für Monat finanziell. Um jeden Tag damit rum zu latschen würde ich sagen die Metro Attitudes und Forums von Adidas.
Welche Marketingformen nutzt ihr?
Abgesehen von Facebook und der Möglichkeit immer wieder in Steffl-Prospekten stattfinden zu können installierten wir bspw. dieses Jahr schon einen Pop Up Store im Hotel Le Meridien und nahmen an der w?atf Pop Up Store Reihe von Sonja Weinstabel teil. Ausserdem gehört natürlich die Sneakerness zu unserem jährlichen Pflichtprogramm sowie die Vernetzung und der Austausch mit Szene relevanten Medien wie SneakerFreaker , Sneakers Magazine uvm..
Welche Rolle spielt für euch E-Commerce?
Leider noch keine, aber es gibt schon Überlegungen in diese Richtung.
Sneaker Gallery @ 6th Floor
Kärtner Straße 19
1010 Wien
10. September 2011
Ottakringer Brauerei
Unsere Sneaker-Interviews:
Folge 1: Zapateria
Folge 2: Stil-Laden
Folge 3: 6th Floor Sneaker Gallery
Folge 4: Paar
Folge 5: The Genuine