"The Last Panthers" und "Gomorrha" stehen stellvertretend für eine ganze Reihe feiner europäischer TV-Serien. Wer sich nach der x-ten Ami-Serie mal etwas aus Europa reinziehen möchte: hier eine Liste neuerer und auch etwas älterer europäischer Serien mit Suchtpotential.
Der Siegeszug von in Europa produzierten Serien ist bereits voll im Gange. Auf der hiesigen Seite des Atlantiks hat man nämlich bemerkt, dass Serienfans dankbare Zuseher sind. Serien liefern Gesprächsstoff und locken junge Menschen tatsächlich wieder vor den Bildschirm – zwar mitunter nur vor den Laptop, aber irgendwie sorgen Serien doch für eine gewisse Bindung an die TV-Networks und Streamingdienste. Es wird also immer mehr Geld in aufwändige TV-Produktionen gesteckt, und das nun auch seit einiger Zeit in Europa.
Dass Serien als seichte Unterhaltung abgetan werden, ist Vergangenheit. Heute ist die Qualitätsserie zur epischen Hochkultur mutiert. Die Liste hervorragender europäischer Serien ließe sich daher wohl lange fortsetzen. Erst letzte Woche hat auch auf Arte mit dem norwegischen "Occupied" wieder ein neues Stück Fernsehen begonnen. Bei den Mengen, die produziert werden, verliert man schnell den Überblick. Allein aus Großbritannien kamen in den letzten Jahren so einige Reihen, die gut gefielen, darunter "Black Mirror", "Downton Abbey", "The Office" oder "Sherlock".
Allerseits jedenfalls eindeutiger Trend: Gutes aus Europa wird in the big US and A gerne abgekupfert. Aber seht selbst:
1. The Last Panthers – Paneuropäische Serie
In Marseille überfällt eine osteuropäische Bande einen Juwelier, doch auf der Flucht geht etwas schief, und ein kleines Kind wird erschossen. Während die französische Polizei und Interpol versuchen, das Verbrechen aufzuklären, begeben sich die Räuber auf den Weg in den Balkan, um ihre Beute loszuwerden. Zeitgleich ermittelt auch die zu Schaden gekommene Versicherung auf eigene Faust. So viel kann man bislang über die brandneue paneuropäische Serie "The Last Panthers" verraten.
Grau in grau entwirft der schwedische Regisseur Johan Renck (auch schon bei "Breaking Bad" oder "Walking Dead" beteiligt) ein zerrissenes und düsteres Bild einer kriminellen Schattenwelt der Politik, der Finanz und der Gangster mitten in Europa. Und das mit ganz guter Besetzung. Selbst für das musikalische Intro wurde niemand geringerer als Altmeister David Bowie gefunden. Gedreht wurde in Marseille, Belgrad, Montenegro und London, dementsprechend viele Sprachen werden auch gesprochen. "Last Panthers" ist eine TV-Koproduktion von Sky und dem französischen Canal+. So macht europäische Integration doch Spaß. Hier gibt es den Trailer zu sehen.
2. Die Brücke – Transit in den Tod – Dänemark, Deutschland und Schweden
Oh, die raue Ostsee, Häuser aus Holz und zu Beginn eine wunderbare, nordisch-melancholische Pop-Ballade. Genau so soll eine dänisch-schwedisch-deutsche Krimiserie beginnen. "Die Brücke – Transit in den Tod" (Original: Broen/Bron) macht nicht nur das richtig. Zu Beginn der ersten Staffel wird nach einem Stromausfall auf der Öresundbrücke, die die dänische Hauptstadt Kopenhagen mit dem schwedischen Malmö verbindet, eine Frauenleiche gefunden. Von nun an müssen der dänische Polizist Martin Rhode und seine schwedische Kollegin Saga Norén, beeindruckend gespielt von Sofia Helin, zusammenarbeiten, denn bei einem Mord wird es nicht bleiben. Der Täter, der sogenannte Wahrheits-Terrorist, will der Gesellschaft Missstände aufzeigen. Dabei kommt ein beliebter Plot zum Einsatz; denn zwei Kommissare bedeuten auch zwei Ermittlungsmethoden. Mit vielen Nebenhandlungen, die erst nach und nach Sinn ergeben, wird ein spannendes Krimierlebnis geschaffen, bei dem Abschalten keine Option mehr ist.
Dieses Jahr ist bereits die dritte Staffel der erfolgreichen Serie gelaufen. Es hat nicht lange gedauert, bis dieses europäische Schmuckstück Nachahmer gefunden hat – diesmal auch innereuropäisch. In der britisch-französischen Version "The Tunnel" bzw. "Le Tunnel" müssen Kommissare einen Mord im Eurotunnel aufklären. In "The Bridge – America" mit unter anderem Diane Kruger wird die Öresundbrücke zur mexikanisch-amerikanischen Grenze. Klare Sache: Skandinavischen Serien ziehen.
3. Gomorrha – Italien
Nachdem uns Hollywood jahrzehntelang erklärt hat, wie italienische, organisierte Kriminalität funktioniert, wie wär’s mal mit einer italienischen Serie über die Mafia, konkret die Camorra? Keine schlechte Idee eigentlich, und "Gomorrha" (Sky), basierend auf dem gleichnamigen Buch von Roberto Saviano, mittlerweile vor den Mafia-Schergen untergetaucht, lohnt sich tatsächlich zu sehen.
Zurzeit wird in Neapel an der zweiten Staffel dieses Überraschungshits gebastelt. Die Serie, deren Inhalt, wie vom Autor Saviano behauptet, auf recherchierten Fakten beruht, handelt von dem Familien-Clan Savastano in Neapel und seinem Kampf um die Vorherrschaft im Drogengeschäft. Sie zeigt brutal und ohne Sex und Glamour den Rausch um die Macht, die Kaltblütigkeit und Trostlosigkeit auf den Straßen der Vesuv-Metropole. Während es in den US-Serien und -Filmen oft auch um den luxuriösen Lebensstil der Mafia geht, zeigt "Gomorrha", wie das System Mafia funktioniert: Der Mafioso ist einfach der Dude von nebenan, der arbeits- und hoffnungslose Teenies von der Straße für ein paar Hundert Euro dafür anheuert, jemanden schnell abzuballern. Die Realität ist manchmal eben brutaler als jedes Hollywood-Skript. Spannung pur. Den Trailer zur ersten Staffel kann man sich hier ansehen.
4. Utopia – Großbritannien
Mit Verschwörungstheorien haben wir es ja fast jeden Tag auf Facebook zu tun. Bei der britischen Serie "Utopia" (Channel 4) geht es um vier sehr unterschiedliche Charaktere, die sich im Internet kennenlernen und anschließend treffen, weil sie davon überzeugt sind, in einer Graphic Novel auf eine wahre Verschwörung gestoßen zu sein. Außerdem bekommen sie die bislang nicht veröffentlichte Fortsetzung selbiger in die Finger. Also heißt es: gegen die große Verschwörung in den Kampf ziehen, bevor die Bösen sie erwischen. Und dabei geht es wirklich graphic zu. Schnell wird die Utopie des "Netzwerkes", wie das Kartell der Verschwörer heißt, zur Dystopie der Gewaltexzesse.
Nichts für schwache Nerven, so viel steht fest. Dabei ist das Werk auch gewaltig inszeniert. Selten kommt eine TV-Serie so bildstark herüber – mit Komplementärfarben, tollem Lichtspiel und mächtigem Wechsel von scharfen und unscharfen Einstellungen überzeugt "Utopia" allemal. Dann kommen noch ein grandios passender Soundtrack und überzeugende schauspielerische Leistungen, vor allem von Fiona O’Shaughnessy als die verstörende Jessica Hyde und Neil Maskell als apathischer Auftragsmörder Arby, hinzu, und da verwundert es echt nicht mehr, dass die Serie 2014 einen Auslands-Emmy bekommen hat, und HBO mit David Fincher bis vor kurzem eine amerikanische Adaption geplant hatte. Dort fehlte aber schlussendlich das Geld.
Auf der zweiten Seite geht es mit Dänemark, Frankreich und Österreich weiter.