Leider hat nicht jeder reiche Eltern – die meisten Menschen, die sich noch in Ausbildung befinden, nutzen also die Sommermonate, um die Haushaltskasse ein bisschen aufzubessern. Dabei ist man gerade in jungen Jahre bereit, „Erfahrungen zu sammeln“, was soviel bedeutet wie: „Dinge tun, die man eigentlich nicht tun will“. Haben wir auch gemacht. Das ist uns dabei passiert. Und so haben wir dabei ausgesehen.
Julius Handl – Fundraising
Wenn man mit 16 bei Ferienbeginn noch keinen Ferialjob hat, wird man Fundraiser. Das ist Gesetz, war auch bei mir so. Also lief ich von Tür zu Tür und sammelte mit meiner piepsigen Teenagerstimme Geld für hungernde Kinder. Das machte zeitweise nicht nur Spaß, sondern gab mir auch das sehr erhebende Gefühl die Welt zu retten. Doch ließ mich mein wichtiger neuer Auftrag ein wenig auf mein kindliches junges Äußeres vergessen und brachte mich mitunter in Situationen, in denen beispielsweise Zeugen Jehovas versuchten, mich bei einem Glas Himbeersoda auf der Wohnzimmercouch zu konvertieren. Erst als ich wieder draußen war, bemerkte ich, dass ich zwar keine Unterschrift in meiner Mappe hatte, aber die Jehova-Bibel, die wenige Jahre später beim Ausziehen dem Altpapiercontainer zum Opfer fiel.
Wenn man das Selbstbewusstsein einer morschen Astgabel besitzt, findet man aus solchen Situationen eher selten einen schnellen Ausweg. Darum saßen ein Kollege und ich auch eine gefühlte Stunde in der Wohnung eines Alt-Nazis fest. Er wollte uns dazu überreden mit ihm ein „Windows 98“-Game zu spielen, in dem die Deutschen den Krieg gewinnen. Pflichtbewusst entschuldigten wir uns vorsichtig, wir waren schließlich im Dienst und hatten noch viele Kinderleben zu retten. Gehen konnten wir trotzdem noch nicht. Erst lauschten wir, so gut es damals unter dem Hämmern des eigenen Pulses möglich war, einem Vortrag über den guten alten Hitler und betrachteten eine Sammlung alter Nazi-Reliquien, „Mein Kampf“ und Hakenkreuz-Wimpel inklusive. Wider Erwarten hatte auch er nicht bei einer Spendenaktion für Afrika mitmachen wollen. Natürlich hat auch im Leben eines 16-Jährigen alles zwei Seiten: Wir hatten eindeutig die krasseste Story in der Mittagspause zu erzählen.