Leider hat nicht jeder reiche Eltern – die meisten Menschen, die sich noch in Ausbildung befinden, nutzen also die Sommermonate, um die Haushaltskasse ein bisschen aufzubessern. Dabei ist man gerade in jungen Jahre bereit, „Erfahrungen zu sammeln“, was soviel bedeutet wie: „Dinge tun, die man eigentlich nicht tun will“. Haben wir auch gemacht. Das ist uns dabei passiert. Und so haben wir dabei ausgesehen.
Thomas Stollenwerk – Fundraiser
Als ich noch ein naiver, junger Student war, ließ ich mich mal von einer dieser Firmen anwerben, die Fundraising für Non-Profit-Organisationen als professionelle Dienstleistung anbieten. Also einer jener Firmen, die ihren Profit damit machen, den guten Namen von Non-Profit-Organisationen zu nutzen. Ein skurriles Konstrukt. Ein paar Wochen Fundraising in deutschen Kleinstädten während der Semesterferien – das hat sich undramatisch angehört, und irgendwie auch nach einem bezahlten Roadtrip für die gute Sache.
Ein Freund und ich überstanden das Casting in einem Hotel beim Wiener Westbahnhof und standen pünktlich Anfang Juli mit Klemmbrett voller Einzugsermächtigungen und T-Shirt des Maltheser-Hilfsdiensts in der Fußgängerzone von Lohr am Main. Eine romantische Kleinstadt. Sehr schön. Am Vorabend hatten wir in einer eher preiswerten Ferienwohnung irgendwo in der Nähe die Phrasen für die überzeugenden Fundraising-Gespräche auswendig gelernt. Möglicherweise war das ein NLP-Crashkurs. Ich erinnere mich nicht mehr so genau.
Schon am ersten Tag wurde klar, dass es der Teamleiterin ein Anliegen war, dass mich alle im Team nicht mit Thomas sondern mit Tom ansprachen. Auch den Passanten, denen ich auflauerte, sollte ich mich als Tom vorstellen. Ebenfalls am ersten Tag in der Fußgängerzone stellte sich heraus, dass es keine behördliche Genehmigung für unser Fundraising in der Fußgängerzone gab. Das machte nichts, denn es war Teil des Geschäftsmodells und das Problem wurde durch eine vielfach erprobte Strategie gelöst: Wir traten fortan ohne Maltheser-Shirts in Erscheinung und wurden angehalten, uns vor Polizei und Ordnungsamt zu verstecken. Das galt auch für die anderen mittelalterlichen fränkischen Städte, in deren Fußgängerzonen wir in den folgenden Tagen konspirativ umherzogen.
Zwischendurch kam der Teamleiter der Teamleiterin – ich glaube seine Stellen-Bezeichnung war Mentor – im BMW vorbei, um zu sehen, ob auch alles so lief, wie geplant. Er erklärte uns das Prämienmodell und stellte uns den Besuch beim Sommerfest in einem gemieteten Luxushotel in Aussicht. Wow. Das Team lernte schnell dazu und es entwickelte sich ein widerlicher Wettbewerb um jede unterschriebene Spenden-Einzugsermächtigung. Am besten hat das bei Leuten funktioniert, die man mutmaßlich ohne Probleme auch für „Schwiegertochter gesucht“ oder „Bauer sucht Frau“ hätte anwerben können. Nach ein paar Tagen quittierte ich den Dienst, um mich vorzeitig in die Semesterferien zu begeben. Mit weniger Geld als erhofft, aber eine Erfahrung reicher.
Und was habt ihr schon alles für Geld gemacht? Postet uns doch eure Sommerjob-Erfahrungen in die Kommentare.