Manche trinken im Sommer Bockbier, andere haben aber auch einfach keinen Bock mehr auf diese Society und verschaffen ihrem Ausdruck gehörig Luft. Sofern sie nicht die Nase zu voll dafür haben. "Bock ma´s also," meint an dieser Stelle Julia Melcher und plätschert dabei mit Murmur zu neuen Ufern.
Es gab einmal die Legende vom Sommerloch. Diese spiegelt jedoch schon lange nicht mehr die Realität wieder. Wohin man blickt sprießen Festivals und Veranstaltungen aus dem Boden und das, obwohl es in der Grazer Kulturpolitik gerade einen großen Umbau gibt. Da steht zumindest einmal was die Bewilligungen für Fördergelder betrifft alles still. Abwarten und Tee trinken heißt es da und wieder zurück zu zähen Verhandlungen, sobald eine neue Kulturstadträtin ins Amt berufen wird.
Nichtsdestotrotz finden altbewährte Festivals mit Traditions-Charakter statt. Zum Beispiel das Straßentheater La Strada (auch im Regen) oder der Jazz-Sommer. Auch die Party Szene schläft nicht. Nein, Graz schläft nicht. So scheint es zumindest das Motto einer gewissen Society hier zu sein, die sich am liebsten nächtelang den Exzess um die Ohren schlägt. Und jede Szene hat so ihre eigene Macke, egal ob Sommer oder Winter. Momentan scheint ein gewisses weißes Pülverchen der letzte Hype zu sein. Da drehen sich dann nicht nur die Plattenteller im Kreis. Über die Langzeitfolgen ist man sich noch ungewiss. Aber wen kümmert schon das Morgen, wenn der Übergang von der Nacht zum Tag ein belangloser Gegenstand des Raum-Zeitkontinuums wird?
Da schleicht sich – rein metaphorisch natürlich – eine gewisse Müdigkeit ein, denn irgendwie hat diese Society dann doch eine fundamentale Redundanz: eine ewige Wiederholung von dem, was man eh schon kennt. Liegt es am Kleinstadtflair? Kehrt hier eine gewisse Langeweile ein? Ist das sagenhafte Pulver ein Versuch zum Ausbruch? Nein. Auch wenn Graz eine Kleinstadt ist, in der es scheinbar nur begrenzte Möglichkeiten gibt, so muss man ihr doch zugestehen, dass sie mehr zu bieten hat, als es den Anschein gibt. Schwer zu sagen also, warum der Diskoschnupfen hier innerhalb gewisser Kreise so schwer grassiert. Wo führt uns das hin eigentlich?
In London, in der Stadt, die (auch) nie schläft, hat kürzlich jemand ein Exempel statuiert. Am hellichten Tag. Und er wurde dabei gefilmt. Das Video machte binnen weniger Stunden via Youtube und Social Media die Runde und sorgte für Erheiterung, aber auch Diskussionen. Man möchte es kaum glauben, dass so etwas wirklich möglich ist. Der Anlass war ein geringer, aber wie so oft war ein ethnisches Dilemma der Zündstoff: ein Statement über Sportler afrikanischer Herkunft. Keine Angst, die Verbalkeule kriegt also wieder mal der Quoten-Neger übergezogen. Aber wie kommt es denn dazu? Überforderte Synapsen vielleicht? Wer weiß wie lange es dauert, bis einem nach zu viel Katzenjammer endgültig die Sicherungen durchschmoren? Und hat nicht der Terminator selbst uns vor einigen Jahren mit seinem allseits beliebten steirischen Slogan darauf hingewiesen: "Neihmts kane Droungn, dei mouchn eich hin?"
Für eine Stadt wie Graz wäre ein Auftritt wie dieser ein gar interessantes Sozialexperiment. Am Besten Samstag Nachmittags, am Weg zum Arnold Schwarzenegger Stadium? Ein Aufruf also an alle Szene Tiger: wer sich das traut nachzumachen, der gewinnt: der erste Platz wäre eine Reise nach Peckham, inklusive Rundfahrt im Doppeldecker-Bus. Als zweiter Preis winkt eine exklusive Clubtour durch Graz, mit Zugang zum Backstagebereich, Priority Check-In auf allen Toiletten und natürlich fließendem Übergang von der Afterhour bis zur nächsten Party. Ein neuer Wirtschafts-Sektor täte sich da auf: der Sozialtourismus. Also nur nicht zaudern, immer schön das Sommerloch stopfen und Sniff Ahoi!