Starke Ansage

Zum 150-Jahr-Jubiläum setzt sich das MAK mit „Vorbildern“ auseinander: ein programmatischer Ansatz, der von der Gründungsgeschichte des Hauses ausgehend in die Zukunft weisen soll.

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Kaum hat das MAK mit dem Design Labor, der Neuaufstellung der Studiensammlung, einen Coup gelandet, folgt schon das nächste Großprojekt zum 150. Geburtstag. Ähnlich wie beim Design Labor, bei dem Harald Gründl von EOOS als externer Hauptkurator fungierte, hat man sich auch diesmal Unterstützung von außen geholt. Tulga Beyerle, eine der Gründerinnen der Vienna Design Week und seit Jahresbeginn neue Direktorin des Kunstgewerbemuseums in Dresden, wurde eingeladen, mit dem MAK-Designkustoden Thomas Geisler (ebenfalls einer der Gründer der Design Week) eine Geburtstagsausstellung zu kuratieren, die die Geschichte des Hauses und mit dessen Zukunftsausrichtung verschränken soll.

„Vorbilder“ heißt die Schau. Auf den ersten Blick kein reißerischer Titel, auf den zweiten allerdings eine starke Ansage. Denn besonders Kunstgewerbemuseen müssen sich heute mehr denn je die Frage stellen, wohin die Reise geht. Vor 150 Jahren wurde das MAK als erstes Kunstgewerbemuseum des Kontinents – nach dem Vorbild des Victoria & Albert Museums in London – gegründet. Die Ausrichtung war klar: Eine Mustersammlung sollte Fortschritt in Gewerbe und Industrie bringen und geschmacksbildend wirken. Doch die Designwelt hat sich rasant verändert, und spätestens seit den 1980er Jahren sind derartige Normen ohnehin passé. Bis dahin marschierte man zumindest in Deutschland noch mit Musterkoffern durch die Schulen, um „gutes Design“ zu vermitteln. Wer würde heute noch wagen, jemandem vorzuschreiben, was richtig und falsch sei? Selbst mit dem Begriff „funktional“ kommt man dem Thema schon lange nicht mehr bei. Dazu kommt, dass man unter Design längst nicht mehr die Gestaltung von Möbeln, Hausrat oder Elektrogeräten versteht. Design umfasst ja auch die Gestaltung von Interfaces, urbanen Strukturen oder Videogames. Auf diese doppelte Herausforderung – Ende der Normen plus Ausweitung des Designbegriffs – gilt es zu reagieren.

Die Ausstellung tut dies mit einer Neuinterpretation des Begriffs Vorbild. „Haben wir anfangs die Aktualität von Vorbildern selbst in Frage gestellt, sind wir von deren Notwendigkeit gerade heute überzeugt“, so Tulga Beyerle und Thomas Geisler. „Das Museum ist der ideale Ort, um sie zur Disposition zu stellen und zu verhandeln. Nicht um sie unantastbar auf Podeste platzieren, sondern um in der Auseinandersetzung mit ihnen eigene Standpunkte und Orientierung zu finden.“ Vorbilder also nicht als Idole, Ikonen oder Musterbeispiele, sondern als Referenzpunkte, die zur Bestimmung der eigenen Position und Richtung dienen.

Die Ausstellung baut auf eine doppelte Dialogstruktur. Beyerle und Geisler luden neun DesignexpertInnen ein, vor der Kamera jeweils im Gespräch mit von ihnen ausgewählten Personen zentrale Designthemen und Inspirationsquellen zu diskutieren. Aus der Vielzahl der Statements entsteht ein Kaleidoskop von Themen und Fragestellungen: Konstantin Grcic philosophiert mit dem Physiker und Wissenschaftsjournalisten Hubert Filser über das Aussterben von Möbeldesign; Designforscherin Gesche Joost denkt mit dem Zukunftsforscher Harald Welzer über die Veränderungen der Arbeitswelt durch 3D-Druck und Open Source an; die Designerin und Unternehmerin Sabine Seymour diskutiert mit Niyazi Serdar Sarıçiftçi von der Johannes Kepler Universität in Linz über Technologie und Mode; Starkurator Hans-Ulrich Obrist und NY Times-Designkritikerin Alice Rawsthorn interessieren sich für das Unvollkommene als Inspirationsquelle; Sozialwissenschaftlerin Hilary Cottam thematisiert die Bedeutung von Design Thinking und Social Design im Bereich der Alten- und Krankenpflege – im Zusammenspiel mit der Designerin Jennie Winhall; um „pure Schönheit“ geht es im Dialog zwischen Stefan Sagmeister und Elfie Semotan.

Dazu passend haben die Expertinnen Objekte ausgewählt, die ihrer Meinung nach wichtige Themen des Designs exemplarisch repräsentieren und auch als Bezugspunkte für zukünftige Sammlungsfelder des Museums fungieren könnten.

Diese Auswahl tritt wiederum in einem Dialog mit Objekten aus dem Bestand des MAK – schließlich handelt es sich um eine Jubiläumsausstellung. Der 150. Geburtstag wird mit dieser Ausstellung dialogisch-diskursiv begangen, mit Bezugspunkten, Querverweisen, Utopischem wie Historischem, Rückgriffen und Ausblicken. Vor 150 Jahren trat das damalige Museum für Kunst und Industrie an, auf Fragen Antworten mithilfe einer Mustersammlung zu geben. Heute stellt sich das MAK selbst Fragen, um sich auf die Suche nach möglichen Antworten begeben zu können.

Die Ausstellung ,,Vorbilder. 150 Jahre MAK: Vom Kunstgewerbe zum Design“ findet vom 11. Juni bis zum 5. Oktober 2014 statt.

www.mak.at

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