Symbole, die jeder kapiert

Politische Richtungen erkennt man nicht nur an ihren Inhalten. Politik hat immer auch eine visuelle Ebene. Auch rechte Politik. Wie sieht sie aus?

Achim Schaffrina vom Blog designtagebuch.de attestiert den Wahlkampf-Plakaten der Alternative für Deutschland ebenfalls, bestimmte gestalterische Anleihen zu nehmen: »Blau steht farbpsychologisch für Ruhe und Vertrauen. Die Kombination Blau-Rot wird unter anderem von den Versicherungsunternehmen AXA und VGH verwendet. Es drängt sich das Bild vom Wolf im Schafspelz auf.«

Insgesamt ist die Farbgebung rechter Parteien in Europa nicht wirklich einheitlich. Aber: AfD, FPÖ, Front National, Partij voor de Vrijheid oder Prawo i Sprawiedliwość treten farblich sehr ähnlich in blau-weiß-rot auf. Bei der Lega Nord ist ein wenig Grün mit im Spiel. Die United Kingdom Independence Party gibt sich violett-gelb und die Farben von Vlaams Belang sind schwarz-gelb.

Schwarz-Gelb: Diese Farbkombination ist in letzter Zeit häufiger zu sehen, wenn irgendwo junge Rechte auftauchen. Denn der Jugendarbeit im Spektrum der Neuen Rechten hat sich eine Gruppierung in schwarz-gelb ganz besonders verschrieben: Die Identitären. Wer sich schon identitär nennt, hat freilich auch eine grafische Corporate Identity. Julian Bruns, Kathrin Glösel und Natascha Strobel haben über die Identitären 2015 das erste umfangreiche politikwissenschaftliche Buch geschrieben und darin auch deren Corporate Identity als eines der vier Haupt-Charakteristika der Bewegung ausgemacht. Neben der Jugend ihrer Mitglieder, der Affinität zu Popkultur und dem Hang zum Aktionismus sei es gerade der professionelle Umgang mit einer einheitlichen Corporate Identity, der die Identitären ausmache. »Ihre spezielle Ästhetik und die Verwendung von Figuren aus beliebten Serien und Filmen sowie von Memes machen sie für Jugendliche und junge Erwachsene anschlussfähig, noch bevor die ideologische Botschaft angekommen ist,« heißt es in der Analyse. »Unter Zuhilfenahme einer eigenen Corporate Identity wird eine große Bewegung suggeriert, da es leicht ist, eine eigene identitäre Gruppe zu gründen.« Das heißt: das Benutzen von bestimmten Fonts und Farben ebnet den Weg in die Identitäre Bewegung.

Simplifizierte Aussagen

Es gibt ihn also, den ganz bewussten Umgang mit dem Design von Kommunikation auf der rechten Seite des politischen Spektrums. Rechte visuelle Folklore für die Eingeweihten – unauffälliger Look für die Mobilisierung im Mainstream. Eigentlich klar: Rechte politische Kommunikation ist professionelle Kommunikation und sie wird deshalb nicht zufällig gelayoutet. Eine Spezialität rechter Kommunikation ist die Art des Einsatzes bestimmter Symbole. Wenn sie sich bestimmter Zeichen bedient, dann tut sie das nicht ohne Widersprüche. »Die rechte Szene hat keine eigene ästhetische Welt geschaffen. Sie greift gerne Symbole auf, die den Eindruck erwecken, eine eindeutige Richtung vorzugeben, dabei jedoch vieldeutig oder erklärungsbedürftig bleiben«, meint Markus Hanzer. Dafür zwei Beispiele: »Das Kreuz oder auch die Kornblume sind keine unmissverständlichen Symbole. Sie provozieren die Gegner der rechten Szene zu Deutungsversuchen. Auf diese Weise übernehmen diese die Deutungsarbeit und geben der Rechten einen eindeutigen Beigeschmack, von dem sich die Rechten dann wieder distanzieren können. Die Kornblume ist dafür das allerbeste Beispiel. Das Symbol kapiert jeder. Aber man kann sich gleichzeitig leicht davon distanzieren. Ein unheimlich guter Trick.« Auf diesen Trick sind rechte Parteien angewiesen – schließlich wollen sie auf die Vergangenheit verweisen, dabei aber gleichzeitig sehr vorsichtig sein. Keine Antiqua-Schriftarten, keine Adlerschwingen, keine Lorbeerkränze. Wer vom rechten Eck in die Mitte der Gesellschaft vordringen möchte, verzichtet darauf, sich visuell allzu deutlich zu deklarieren. Anspielungen müssen reichen. Diese Anspielungen sollte man aber ernst nehmen, denn sie sind keine Zufälle.

Rechtes Gedankengut erkennt man nicht einfach an der Schriftart oder Farbe, in der es auf dem Bildschirm oder gedruckt erscheint. Vereinfachung, Anpassung an den visuellen Mainstream, Verwendung spezifischer Symbole: das alles gehört zur Toolbox rechten Designs. Ein Alleinstellungsmerkmal ist das eher nicht. Es muss nicht erst vor Frakturschrift, geometrischen Symbolen und Zeichen in eher schlichten Farben wimmeln, um das Werk rechter Illustratoren und Grafiker zu erkennen. Sich bei der Deutung von Politik auf deren visuelle Oberfläche zu beschränken, wäre allerdings ziemlich falsch. Das gilt für jede Politik.

Bild(er) © Erli Grünzweil, Screenshot: olympia.burschenschaft.at
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