Wenn Game-Designer mit unseren Gefühlen spielen wollen, müssen Spielmechanik und Handlung zusammenpassen.
Angst hat viel mit Vorahnung zu tun. Da genügt manchmal klassische Musik aus einem knirschenden Grammophon, um den Puls einen Schlag lang aussetzen zu lassen; weil der Horror doch fast immer so beginnt, egal ob in Scorseses „Shutter Island“ oder im herausragenden „Silent Hill“-Teaser „P.T.“ von Hideo Kojima und Guillermo del Torro. Kojima und del Torro haben auch wieder einmal bewiesen, dass es gar nicht viel mehr braucht, um Panik zu verbreiten: Ein staubiger Korridor, eine quietschende Tür, undefinierbare, offenbar menschliche Geräusche und die obligatorische Musik.
Für Shinji Mikami, den geistigen Vater von „Resident Evil“ bedeutet das alles ideale Ausgangsbedingungen. Der gute Mann hat das Horrorspiel-Genre derart mitgeprägt, dass er sich doch quasi nur in Rückkoppelung selbst zitieren muss. Wir ahnen dann schon, wann wir Angst haben müssen. Und tatsächlich: Mikami zelebriert in „The Evil Within“ sein Oeuvre, wiederholt Szenen aus den eigenen Spielen und verzichtet auch nicht auf ein bisschen Klassik in staubigen Korridoren. Aber Angst? Nicht wirklich.
Zum einen wird die Vorahnung hier zum Vorwissen. Ich muss nicht mit schlotternden Knien um die Ecke lugen, wenn ich doch schon weiß, dass der Herr den ich vorhin ansprechen wollte, jetzt einen Menschen jausnet. Aber in erster Linie ist „The Evil Within“ ein Beispiel für die Disharmonie zwischen Story und Gameplay.
Gleiches wurde etwa Lara Crofts Jugendabenteuer „Tomb Raider“ vorgeworfen. Aber auch wenn sich dort das Mitleid mit dem verletzlichen Mädchen aus der Handlung angesichts ihrer Fähigkeiten als Massenmörderin in Grenzen hält, bleibt doch ein solides Action-Abenteuer über. Diesen Bonus hat „The Evil Within“ nicht, denn die Spielmechanik wirkt altbacken und unlogisch. Warum kann ich schleichend über einen Zaun springen, bleibe aber bei einer wilden Flucht am Terrassengeländer hängen? Und warum zum Teufel sollte ich in einem Zombie-verseuchten Dorf mit nackter Faust Fässer zertrümmern, in der Hoffnung dort etwas nützliches zu finden?
Es muss also der Horror greifen. Tut er aber nicht. Die böse Vorahnung wird von der Vorhersehbarkeit zunichte gemacht und Mikami setzt obendrein noch auf traditionelles Trial and Error: Die Levels sind so designt, dass fast zwangsläufig gestorben werden muss, um es anschließend besser zu wissen. Und das führt dazu, dass ich auswendig lerne, welche Aktion welche Zombies erscheinen lässt und wie deren immer gleiche Laufwege aussehen. Die so entstehenden Choreographien machen in manchen Spielen Freude, aber wenn ich denselben Zombie zum fünften Mal auf dieselbe Weise absteche, hat er endgültig all seinen Schrecken verloren.
Schleichen und schießen kann ich anderswo kurzweiliger und meine ersten Schritte in „P.T.“ waren gruseliger als die ersten Kapitel von „The Evil Within“. Bleibt also die Frage nach dem „Wozu?“. „Nostalgie“ wäre eine gültige Antwort. Wer aber nicht mit „Resident Evil“ groß geworden ist, kann sich getrost einem anderen Zeitvertreib zuwenden.
»The Evil Within« ist bereits für Xbox One, Xbox 360, PS4, PS3 und PC erschienen.