Wut. Und Trauer.

Ein Albumtitel irgendwo zwischen gerecktem Mittelfinger, Faustschlag und dem ausgestrecktem Finger Gottes – und ein Album, das genauso so klingt. SMZ präsentieren sich und auf ihrem achten Release mit alten Tugenden und neuem Elan. Aggression und Wut treten Depression und Trauer gleichrangig gegenüber.

Hoffnung und Hoffnungslosigkeit

Dieser textlichen Ambivalenz aus Hoffnung und ihrer Abwesenheit wird mit einer musikalischen begegnet. Auch die Musik bewegt sich in einem solchen Spannungsfeld aus Freude und Trauer und oft genug gelingt es sie zu vereinen: Bittersüße Melodien und Motivwechsel sind die Mittel der Wahl. Aber auch Text und Musik verhalten sich wechselseitig ambivalent, unterstützen oder kontrastieren einander. Besonders deutlich wird das etwas im Schlussdrittel von „Fuck Off Get Free“, wo über verzerrten Gitarren und strammen Schlagzeug, hymnische Ge(i)genmelodien versuchen dem Lärm zu entkommen und ein großartig gesetzter Chor die Zeile „Hold me under bright water, never let us end“ haucht.

Alles Walzer

„Little Ones Run“, der kürzeste und leiseste Song (Piano und Kontrabass) auf dem Album, präsentiert sich als zartes Wiegenlied mit Hang zur Apokalypse: „Wake up darling the moon is gone / The sky’s a mess and falling down.“ Darauf folgt, das bereits ausführlich zitierte „What We Loved Was Not Enough”, das sich mit einem simplen Orgelton beginnend zwei freudvoll ekstatischen Crescendi entgegenwalzt, wieder bricht und Platz für feinere Zwischentöne schafft. Im Refrain treffen sich die Linien von Geigen, Gitarre und Bass, wo sie nur mehr als eine wuchtige Bewegung wahrnehmbar sind, nur um sich dann wieder zu verstreuen und motivisch zu umspielen.

Für immer Punk

Das Album schließt mit einer pophistorischen Referenz und einer großen Verneigung vor politisch radikaler Musik: „Rains Thru The Roof At Thee Grande Ballroom (For Capital Steez)“. Im Grande Ballroom nahmen 1968 MC5 ihr Debut-Album „Kick out the Jams“ auf und legten damit jenen Samen, dem der rülpsende und furzende Dornbusch namens Punk entwachsen sollte. Capital STEEZ, 19-jähriger Pro Era MC aus Brooklyn, sprang an Weihnachten 2014 vom Dach des Cinematic Music Group Hauptquartiers in den Tod. Menuck erzählt, dass die Nummer genauso gut für Poly Styrene, 2011 verstorbene Sängerin von X-Ray Spex sein könnte, die die Einleitung zu „Take Away These Early Graves“ spricht. An diese Verbeugung vor diesen politisch engagierten Musikerinnen und Musikern ist natürlich auch die Aufforderung geknüpft, Pop als politische Maschine und nicht nur als ein Entertainment-Vehikel unter zig anderen zu begreifen.

Wer Musik mag, die bereit ist sich emotional, ästhetisch und auch politisch zu exponieren und keine Angst hat sich angreifbar zu machen, der/dem haben die Menschen vom Silberberg ein unfassbares schönes Geschenk gemacht

Thee Silver Mt. Zion Memorial Orchestra – Fuck Off Get Free We Pour Light On Everything, Constellation Records 2014, CD/LP/MP3/FLAC

PS: SMZ klingen nicht nur super auf Platte, sondern sind auch ein fantastische Live-Band. Da kann man echt alle fragen, zum Beispiel Leute, die bei der 2012 Ausgabe des Bluebird Festivals waren. Vielen hat es so gut gefallen, dass sie am zweiten März in die Brut gehen, um sich das wieder zu geben. Nochmal zum Mitschreiben/Copy&Pasten: Thee Silver Mt. Zion Memorial gastieren am Sonntag, dem 2. März in der Brut Wien.

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