Tirol isch nit lei oans

In ihrer Klamauk-Satire »1810 – Für eine Hand voll Kaaspressknödel« arbeiten sich die Tiroler Kabarettisten Daniel Lenz und Harald Haller am Mythos Andreas Hofer ab. Per Spenden finanziert, hat es ihr No-Budget-Stückwerk von einem Film nun bis in die Flachlandkinos geschafft.

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Andreas Hofer ist ein Piefke. Nach seiner Geburt wurde er von seinen beiden deutschen Eltern, die aussahen wie von der Pest gebeutelte Zombies, in einen Weidenkorb gebettet und in einem Fluss ausgesetzt. Von himmlischen Kräften beseelt, trieb das Baby im Korb gegen den Flussstrom an und landete schließlich im Heiligen Land Tirol. Geht es nach den beiden Kabarettisten Daniel Lenz und Harald Haller, dann schreibt sich die Biografie des Tiroler Volkshelden Andreas Hofer wie ein skurril gedehnter Sketch von Monty Python, aufgefettet durch kantige Dialekte und alberne Referenzen von »Der Exorzist« bis »Kill Bill«. In ihrem Film »1810 – Für eine Hand voll Kaaspressknödel« wird Andreas Hofer zur aussätzigen deutschen Ulknudel stilisiert, die zwar mit der Sense zahlreiche Franzosen niedermäht, aber bis zum Tod fast vergeblich um Anerkennung kämpft.

Überdosis Geschichtsrevisionismus

Andreas Hofer war ein Gastwirt und Viehhändler, der sich 1809 als Häuptling der Tiroler Aufstandsbewegung relativ erfolgreich gegen die napoleonischen Truppen stellte. Er und seine bäuerlichen Mitstreiter gewannen drei von vier Schlachten auf dem Bergisel gegen die Besatzungsmächte. Nach kurzer Regentschaft und letztlich verlorenem Kampf, wurde Andreas Hofer aber 1810 exekutiert. Seither richtet sich das traditionelle Tirol an einem Freiheitskämpfer auf, der für eine anti-aufklärerischer, katholisch-fundamentalistische Heimat in den Krieg zog. Mythologisierung, Verklärung und Volkstümlichkeit prallen bei der Figur Andreas Hofer aufeinander. Identität stiftet er immer noch.

Dementsprechend groß war auch die Aufregung, als etwa Gerhard Fritz von den Innsbrucker Grünen 2006 süffisant die historische Figur Andreas Hofer als »obersten Taliban« bezeichnete. Die Debatten, aus denen diese Bezeichnung stammt, hatten sich um das Andreas-Hofer-Gedenkjahr 2009 gedreht, bei dem an das 200-Jahr-Jubiläum der Schlachten am Bergisel erinnert wurde.

Freikämpfen vom Freiheitskampf

Als verspäteter Höhepunkt des Jubiläums wurde heuer im März das umstrittene Museum »Tirol Panorama« am Bergisel in Innsbruck eröffnet. Die angereisten Schützenkompanien feuerten Ehrensalven ab. Gleichzeitig fielen etwa 100 Flashmob-Aktivisten »tot« um. Ihre Kritik galt den über 20 Millionen Euro, die der Museumstempel letztlich gekostet hatte. Zahlreiche kleine Kulturinitiativen fühlten sich von Fördergeldern vernachlässigt oder kritisierten mangelnde Unterstützung vom offiziellen Tirol.

Mit rund 20.000 Euro Budget finanzierte sich die Filmproduktion hingegen überwiegend aus Spendengeldern und wenigen Sponsoren. Als gemeinschaftliches Freundschaftsprojekt gestartet, wuchs der Film zu einer zwar leicht holprigen, aber überzeugend ambitionierten Kinokomödie an. Ihr Tiroler Freiheitskampf bedeutet sich mit Satire und Klamauk vom Tiroler Traditionalismus freizukämpfen. Die Dekonstruktion des Mythos Andreas Hofer erscheint dabei genauso folgerichtig wie unvermeidlich. Ein Gespräch mit den beiden Geschichtsschreibern.

Wie habt ihr 2009 das Jubeljahr zu Andreas Hofer erlebt?

DL: Das haben wir schon eher fürchterlich empfunden. Das ist ja mehr so Mainstream gemacht worden, mit dem ganzen Aufzug und so weiter. Es hat schon einige wenige Künstler oder Bühnen gegeben, die einen Kontrapunkt gesetzt haben, aber die sind halt alle links liegen gelassen worden. So gesehen auch besser für unseren Film, dass er jetzt herauskommt und nicht in dem Jubeljahr.

Vom Land Tirol habt ihr bescheidene 1.500 Euro zur Finanzierung bekommen.

HH: 1.500! (lacht).

DL: Wieso lachst du da? Ich finde das super, dass wir 1.500 Euro bekommen haben, sonst haben wir von niemandem etwas bekommen (grinst).

HH: Hey, hey, Land Tirol!

DL: Also: Land Tirol: super. Rest: Schaas. (beide lachen)

Könnte diese Bescheidenheit inhaltliche Gründe haben?

HH: Ich glaube, es hätte niemand für möglich gehalten, dass das tatsächlich so groß werden kann.

DL: Trotz Stefan Eberharter haben wir ganz viele Sponsoren nicht bekommen. Es ist trotzdem genau so schwer, obwohl man mit klingenden Namen und bekannten Schauspielern aufwartet. Begründung gibt es da auch nicht, teilweise vielleicht inhaltlich.

War das formale Kenntlichmachen und Ausstellen eures No-Budgets im Film eine bewusste Entscheidung vorneweg?

DL: Die Idee war schon vor zehn Jahren, dass wir einen Film machen wollen, auch weil unser Kabarett so szenisch aufgebaut ist. Wir haben gesagt, wir ziehen das durch, auch wenn uns keine Produktionsfirma nimmt. Es hätte ein paar Interessierte gegeben, aber es hat dann nicht geklappt. Wurscht, wenn kein Schauspieler zusagt, spielen wir zu zweit alle Rollen (lacht). Geschrieben haben wir das Drehbuch eigentlich vor fünf Jahren, an der Machart hat sich sozusagen nichts geändert.

Hattet ihr Bedenken, dass der Film nicht ernst genommen werden könnte?

HH: Nein, ich finde es extra deswegen lustig, weil man sieht, dass es frei montiert oder schlecht ist oder so. Die Not zur Tugend machen.

Was sind eure nächsten Projekte?

HH: Momentan schreiben wir an einem neuen Kabarettprogramm, aber wir wollen auch wieder einen Film machen. Wir gehen davon aus, dass der zweite ein Schaas wird, obwohl wir immense Förderungen bekommen und beim dritten Film passt dann alles. Da ist dann sogar die Story ein Wahnsinn.

»1810 – für eine Hand voll Kaaspressknödel« wird ab dem 6. Mai in ganz Österreich zu sehen sein, Genaueres unter: www.1810-derfilm.com

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