Tommy Hojsa und Bernhard Moshammer verneigen sich mit »Konrad Bayer am elektrischen Stuhl« vor dem früh verstorbenen Wiener Literaten. Und zeigen die Aktualität seiner Texte auf – auch über 50 Jahre danach.
Dass du in Wien erst sterben musst, damit sie dich hochleben lassen, ist in das Gedächtnis der vergilbten Patina dieser Stadt eingebrannt wie Kognak in die Hirnzellen der Bahnhofsdrangler. Das gilt für SchauspielerInnen, für MusikerInnen und ist der einzige Trost für jene, die gerade was auf sich und ihre Angewandten-»Kunst« halten. Und für die SchriftstellerInnen gilt das – wie immer – ganz besonders. Konrad Bayer etwa, Wiens großer solipsistischer Literat und – das ist da fast schon selbstverständlich – Dandy.
Die Gedichte des 1964 verstorbenen, nur 31 Jahre alt gewordenen Bayer, der sich mit später im kollektiven Gedächtnis bekannteren G’sichtern wie Oswald Wiener, dem echten H. C. und Friedrich Achleitner irgendwann als Wiener Gruppe als Schrecken gegen das Establishment des postnazistischen Österreich hervortat und damit noch idealistisch-naive DeutschmaturantInnen quält, gelten als philosophische Hauptwerke des literarischen Kollektivs.
Das neue Wienerlied
Und was damals schon nicht schlecht war, ist bei einer ähnlichen gesellschaftlichen Grundstimmung erst recht gut. Wobei: Auch schon die Worried Men Skiffle Group wusste Mitte der 1970er, dass man Bayers Werke avantgarde-musikalisch durch die Äther schmeißen konnte. Das lag bei »Glaubst i bin bled« ja auch wirklich auf der Hand. Nun wagen sich auch Tommy Hojsa und Bernhard Moshammer an das Gesamtwerk des guten Bayer. Zwei Herren, die sich auch bislang schon in ihrem Schaffen mit der Verquickung darstellender Künste auseinandersetzen und fürs Theater komponieren, selbst Literatur produzieren und mit dem Vorantreiben und der Bezauberung des neuen Wienerliedes beschäftigen – man denke da etwa an Moshammers »Oabeit« aus dem Soundtrack von »AMS – Mutris Welt«.
Ja, »Konrad Bayer am elektrischen Stuhl« ist ein überaus ambitioniertes und avantgardistisches Wienerlied-Album, das im Theater funktioniert, ohne Rücksicht auf die üblichen Kontexte von Clubkonzerten. Ja, die Texte sind über 50 Jahre alt, sind dabei aber stets zeitlos und erschließen sich auch in modernen Grundstimmungen. Ja, es tönt meist sanft, fast geflüstert, aber es bricht auch ganz schön in sich zusammen und über dich herein, lässt dich aufstehen und niemals los. Auch wenn es alles von dir abverlangt.
»Konrad Bayer am elektrischen Stuhl« von Tommy Hojsa und Bernhard Moshammer ist am 17. Mai 2018 im Eigenverlag erschienen.