Auf ein Reparaturseidl mit den Vamummtn

Die Vamummtn machen Rap für den kleinen Mann, dafür aber mit großem Spatzi. Im Interview reden sie darüber, warum Lukas Plöchl gar nicht so ein Problem ist, über Dialektrap und Dubstep.

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Als ich mich mit den Vamummtn zum Interview in einer Villa in einem Vorort von Wien treffe, in der mindestens ein Mitglied der Band dauerhaft wohnt, steht den vier »des Festl gestan« noch arg ins Gesicht geschrieben. Oder, besser gesagt: das von vorgestern. Es ist Sonntag, und Die Vamummtn haben Freitagabend ein Konzert gegeben und seither Party gemacht. Am Pool räkeln sich gerade noch drei junge Frauen im Bikini, zwischen zerstörten Gartenmöbeln, leeren Flaschen, asiatischem Fast-Food und einem aufblasbaren Schneemann. Das Anwesen ist groß, die Verwüstung auch. Aufgewärmt von Dosenbier und dem Fotoshooting sprechen die Jungs ein paar Stunden später schließlich mit mir über ihre Karriere, warum sie sich nicht auf Party-Hymnen reduzieren lassen wollen und sich als Botschafter der HipHop-Kultur und vielleicht auch als Rapper des kleinen Mannes sehen.

Was muss ein guter Vamummtn-Track haben?

Zwara: Beats auf jeden Fall, Skills.

Dreia: An guadn Beat und dass die Leit die Hook mitsingen. Wann’s soweit is, wann die Leit die Hook mitsingen, dann weißt du, es is guad.

Viera: Im Endeffekt entscheiden eh die Leit draußen, ob’s a guada Vamus-Song is oder ned.

Ist es eure Absicht, Hymnen zu schreiben?

D: Ned nur.

Z: Wichtig is, dass der Text a Message hat und wenn er ka Message hat, hat er a andere. (lacht)

Ansa: A guade Nummer hat für mich meistens a guade Hook.

Was macht euren Erfolg aus?

Z: Unsere Fans, würd i sogn. Des is der einzige Grund warum’s uns gibt und des is des einzige, was den Erfolg bei uns ausmacht. Ohne die würden wir nirgends spielen.

A: Internet vor allem.

Z: Des Geheimnisvolle der Maskierung.

V: Die Maskierung is sicher guad und vor allem, dass da a Gruppe war, die das Internet verwendet hat, um an ihre Fans zu kommen. Denn es gibt ja sonst ka Unterstützung von irgendanem Radiosender, weil wir ja ned texttauglich sind.

A: Radiotauglich.

Z: Die Leit können sich damit identifizieren.

Warum habt gerade ihr da einen Nerv getroffen?

V: Weil wir sagen, was sich alle denken.

A: Wir sagen, was sich alle oder viele denken. Vor allem is des ja alles aus dem Leben gegriffen.

D: Zu 80 Prozent is des ja echt, wie wir des bringen. Es is immer etwas übertrieben da und dort, aber des macht jeder.

Z: Außerdem haben wir scho a gewisses Alter und wir haben ja scho a bissal was zum erzählen.

Seit wann seid ihr kein Youtube-Hype mehr?

Z: Sind wir doch no immer, oder?

A: Ich glaub, dass wir mit der anen oder anderen Nummer immer no a Youtube-Hype sind.

D: Seitdem wir live spielen, seitdem wir greifbar sind für die Leit. Jetzt kommen’s öfter zu Konzerten, dann müssen’s ned so viel Youtube schauen. (alle lachen)

V: Youtube is nie abgerissen, es gibt ja nicht wirklich offizielle CDs. Die breite Masse hört’s noch immer über Youtube. Deswegen is es immer noch konstant steigend.

Wie habt ihr den großen Schritt von Youtube zur Amadeus-Award-Nominierung wahrgenommen?

A: Sehr unreal. Aber uns hat es scho getaugt.

D: War auf jeden Fall a witzige Gschicht, wir haben unsren Spaß dort gehabt.

A: Es gibt anem auf jeden Fall etwas zurück, wenn dich plötzlich mehr Leit zur Kenntnis nehmen, obwohl wir eigentlich überhaupt kan Support haben.

Z: Es hat uns auf jeden Fall Türen geöffnet, Kontakte haben wir genug geknüpft und wir sind definitiv dort aufgefallen.

V: Aufmerksamkeit haben wir genug gekriegt.

Würdet ihr sagen, ihr habt mit eurem Sound auch einen bestimmten Zeitgeist getroffen?

Z: Ja, definitiv von Anfang an: Mundart-Rap.

A: Wir sind zwar ned die ersten, die es gemacht haben, aber …

Z: Vorreiter, groß gemacht – ich weiß ned, wie ich es sagen soll: Mundart = Vamummtn.

D: Du siehst es a im Fernsehen, die ganzen österreichischen Werbungen sind nur mehr in Mundart.

V: Die Leit stehen mehr dazu, des is so.

D: Heitzutage brauchst du dich nimma mehr genieren, wenn du Mundart redest. Des is einfach so. Deswegen bist ja ned gleich a Prolet oder bist ned intelligent, weilst auf Mundart redest. Des is mei Heimatsprache und so red ich einfach. Es is salonfähig geworden, des war es noch vor a paar Jahren ned.

Habt ihr ein Party-Rap-Vakuum gefüllt, was es so in Österreich vorher nicht gab?

Z: Was sollen wir denn live spielen? Wir spielen nur live die Party-Nummern und hauen meist a paar arge HipHop-Nummern dazwischen, da müssen ja die Leit abgehen. Die argen HipHop-Nummern sind am Album.

A: Wir haben a genug deepe Nummern, die wir a zum Teil live bringen. Aber im Endeffekt möcht ich Musik hören, die mich fröhlich macht und mir ned die Probleme anhören. Des is hoid ned unser Geschmack, wir mochen lieber Party.

V: Des war uns bei den Live-Auftritten a wichtig. Wir haben immer wieder Nummern eingebaut, die einfach wichtig sind von der Aussage her. Es gibt bei der Show immer Auf und Abs zwischen Party-Nummern und aussagekräftigen Nummern.

D: Es is a bunte Mischung. Ich mach lieber Stimmung, anstatt mir a Stund lang anzuhören, wie ana sudert. Des is a cool, aber nur zwoa, drei Nummern lang.

Z: A jeds Konzert, was man sich so anschaut, wurscht jetzt von wem, da stehen die Leit meistens ziemlich steif da. Bei uns gehen die Leit halt extrem ab, weil wir zum Saufen animieren und die Leit locker werden.

D: Wie gesagt, die Leit gehn fort zum Party machen und ned, dass gschissener aufgelegt wieder heimgehen.

V: Zu uns kommen die Leit, weil wir die Vamus sind, weil wir Party verbreiten und fertig. Die deepen Nummern hören sich sowieso alle an. Wir kriegen no immer die Response bei Facebook, dass ihnen die deepen Nummern voll taugen. Aber wenn wir wo auftreten is Party, aus fertig.

Aber ihr wollt euch nicht auf die Party-Nummern reduzieren lassen?

V: Überhaupt ned. Es funktionieren ja a viele Nummern, die von der Aussage her ned wirklich Party sind, aber an fetten Beat haben. Des is ja immer nur so, wie es die Leit annehmen.

A: Wir wollen ja auf gar kan Fall, wenn wir in aner Großraumdisko – es waren eh ned viele, nur drei, vier Stück – die drei Internet-Youtube-Kracher spielen, sondern die Leit, die damit eigentlich nie was zu tun gehabt haben, trotzdem den HipHop vermitteln.

Also seht ihr euch dann als HipHop-Botschafter?

Z: Ja, scho irgendwie. Weil die Jugend die Zukunft is, das sind die, die HipHop in Zukunft hören werden.

A: Österreichischer HipHop is ja noch immer überhaupt ned präsent.

V: Den einzigen Support, dens gibt, is bei FM4 hin und wieder. HipHop wird noch nicht über Radio- und Fernsehquellen repräsentiert. Wir kriegen kan Support und viele andere a ned.

Z: Man muss die Leit einfach langsam dran gewöhnen. Des erste und zweite Album, da haben wir a paar Schweizer Freunde von uns oben gehabt und der Schweizer Dialekt is a sehr gewöhnungsbedürftig, an, zwoa Nummern, beim nächsten Album waren’s scho drei Nummern. Beim nächsten Album schlagen wir jetzt a neue Schiene ein. Next generation, next level – da wird jetzt auch a Dubstep-Nummer drauf sein. Um die Leit daran zu gewöhnen. Wir glauben scho, dass Dubstep die Zukunft is.

V: Ich glaub, wichtig is, wenn dir was taugt und du nimmst es auf und du vermittelst es so wie du es spürst, dann spürens da draußen a viele.

Z: Man darf die Leit halt ned überfordern. Des is wie mitm Hummer. Wenn man eam ins Wasser langsam rein gibt, gewöhnt er sich ans Haaße. (alle lachen).

Habt ihr den Anspruch, bewusst ein breites Publikum anzusprechen?

A: Na. Also ich schreib definitiv ka Nummer, wo ich mir denk, das könnt jetzt funktionieren, sondern ich schreib a Nummer, die mir taugt. Und wenn wir drei gemeinsam a Nummer schreiben, dann schreiben wir a Nummer, die uns drei taugt.

Z: Wir sind drei verschiedene Geschmäcker, Charaktere und die Chance is halt dann groß, dass es a breite Masse anspricht.

A: Ist halt so, dass wir »Ana geht no« in da Fettn aufgenommen haben und jetzt kommt des Feedback, dass wir die Nummern schon so schreiben. Mittlerweile sagen scho viele Leit, die Vamummtn machen nur mehr Kommerz-Party. Was halt definitiv nicht der Fall ist. Wir waren jetzt seit über a Jahr wirklich viel live unterwegs und da bleibt weniger Zeit, um z.B. Free Tracks auf Youtube zu laden.

Als zuletzt die Atzen einen Gig in Wien gespielt haben, waren die Trackshittaz im Vorprogramm. Könntet ihr euch da im Vorprogramm vorstellen?

D: Was, die Atzen im Vorprogramm der Vamummtn? (alle lachen)

V: Wir können uns die Atzen im Vorprogramm vorstellen, wir würden a immer wieder wechseln, von Show zu Show. (alle lachen)

Warum habt ihr euch von Lukas Plöchl (Trackshittaz) derart provoziert gefühlt, dass ihr mit »Hawara schleich di« einen Track gegen ihn schreiben musstet?

D: Provoziert haben wir uns gar ned gefühlt, des is das ane. Uns hat der Beat a getaugt. (lacht)

A: Die haben einfach das Pech gehabt, dass sie über ORF und diese Casting-Show groß geworden sind. Das war das einzige, was mir nicht getaugt hat.

Z: Es braucht sich nur jeder die Nummer mal genau anhören und dann wird man erkennen, dass es ka Diss is oder in irgendeiner Weise was Böses. Sondern wir sagen eam einfach, dass er an riesengroßen Fehler gemacht hat.

A: Auf Vamummtn-Art halt.

Z: Er wird des mit Sicherheit bereuen, so wie alle andern Casting-Show-Teilnehmer es bereuen.

A: Es sei ihm vergönnt. Es geht gar ned um den Plöchl. Es geht eigentlich wirklich nur um die Medien. Die feiern und stellen den jetzt als den Mundart-Rapper dar, der es jetzt aufgezogen hat, der erste und der große und des is halt Schwachsinn.

Z: Die sagen eam des. Die erzählen eam, dass er der Größte und der Hero is. Der hebt jetzt total ab und er wird ziemlich tief fallen. Ich wünsch’s eam ned, ich vergönn’s eam ned. Ich wünsch eam, dass er viel Erfolg hat. Aber die Chance is ziemlich groß, dass der tief fällt. Schau dir nur den Boris Uran an.

V: Der soll seinen Weg machen, genauso, wie er es jetzt gemacht hat. Unser Weg is es ned. Vor allem von den ganzen Leit, die seit 20 Jahren in Österreich HipHop machen, da redet kaner wirklich gut drüber. Speziell ORF und Ö3 sind genau die, die das niemals supportet haben. Und plötzlich haben sie irgendeinen, den sie da auf die Bühne stellen können und irgendwie glauben, das zu vermarkten und dann auf einmal wird von Mundart geredet. Das is halt a peinliche Geschicht, und da sind die großen Medien Schuld, nicht irgend a Typ. Die schlachten ihn aus, wir haben mit dem Lukas Plöchl persönlich kein Problem, sondern mit dem ganzen Ding.

Z: Uns is er total wurscht in Wirklichkeit.

A: Im Endeffekt haben wir ihm einen Abend gewidmet mit dem Song.

V: Und die Nummer spielen wir live weils leiwand is. (alle lachen)

Seht ihr im Dialekt-Rap das Potenzial, zu einer neuen Form von Austropop zu werden?

D: Des is definitiv der Austropop 2011.

A: Die verkaufen den Lukas Plöchl ja genau als des.

V: Eam hats ja a taugt, was wir gemacht haben, sonst wär er ja ned auf den Zug gesprungen. Es gibt a sauviele junge Leit, die wirklich begabt sind. Die sitzen in ihren stillen Kämmerchen und machen ihre Mucke. Für jeden is des heutzutage möglich, da kommen gute Leit nach, fertig. Wir sind sicher für viele Leit a Ansporn gewesen.

Aber Dialekt-Rap hat es ja vor euch auch schon zahlreich gegeben. Warum sprechen gerade bei euch die Leute so darauf an?

Z: Es is jetzt salonfähig geworden.

A: Es is Party-Mucke und wir sagen, was wir uns denken und was wir uns denken, denken sich die meisten Leit. Es ist einfach lustig, wenn du was trinkst und …

V: Es is schon die Aussage von den Jungs. Man muss sich nur die Texte anhören und 70 Prozent der Österreicher sagen, ja, eigentlich haben’s Recht, a wenn’s arg ausgedrückt is. Vielleicht sind viele Schimpfwörter drin und vielleicht is es oft in da Fettn aufgenommen worden, aber am Ende vom Tag ist die Aussage wichtig und viele Leit denken sich das, was wir sagen.

Das klingt jetzt ein bisschen nach, die Musik des kleinen Mannes.

(Stille)

Z: Johannes meinst? (alle lachen)

Zur Vamummtn-Coverstory "Austropop bis zum Speiben" geht es hier.

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