Im Jänner 2012 wurde die Abgabe auf Festplatten am Wiener Landesgericht gekippt. Die AK jubelte, während eine Künstlerinitiative genau diese Abgabe einforderte. Das drohende ACTA-Abkommen macht die Diskussion nicht eben sachlicher.
Menschen die Künstlerisches schaffen, müssen davon auch leben können. (Christof Straub)
Die heute vorherrschende und zunehmende "Gratis-Mentalität" hat verheerende Auswirkungen auf die Musikszene. Der Umsatz des heimischen Musikmarktes hat sich allein in den vergangenen 10 Jahren halbiert. Davon sind alle Akteure der Musiklandschaft betroffen: Von der jungen Band, die eines Tages von ihrer Musik leben möchte, über Songwriter, Produzenten bis zu Mitarbeitern von Labels und Verlagen. Menschen die Künstlerisches schaffen, müssen davon auch leben können. Das wird in Zukunft nur möglich sein, wenn wir eine Lösung finden, die großartigen Innovationen der digitalen Welt mit einer fairen Vergütung der Urheber und Rechteinhaber zu kombinieren. Die Kriminalisierung von Usern ist keine Lösung. Ein sinnvoller Ansatz ist allerdings die Festplattenabgabe, die z.B. in Deutschland bereits existiert. Wir, von der Initiative "Kunst hat Recht" schlagen hier folgendes vor: Festplattenabgabe, ja. 50% der Vergütung kommen den Fonds für soziale und kulturelle Zwecke zugute, mit denen die Verwertungsgesellschaften vor allem Nachwuchsförderung oder auch soziale Unterstützungen leisten. Die anderen 50% verteilen die Verwertungsgesellschaften an die Kunstschaffenden nach etablierten Kriterien und Schlüsseln.
Christof Straub, 42, ist Teil und Songwriter der Band Papermoon und Initiator der Organisation „Kunst hat Recht“.
„Bestehende Modelle reichen nicht“ (Günther Friesinger)
Die aktuelle Debatte um die Festplattenabgabe ist um eine Initiative reicher. „Kunst hat Recht“ heißt die von einigen österreichischen Künstlerinnen und Künstlern mit Unterstützung durch die heimischen Verwertungsgesellschaften lancierte Initiative. Und diese stößt wie zu erwarten war, gerade der Digital Bohème sauer auf. Wurde die Initiative doch auch zeitnah zur Unterzeichnung des umstrittenen Anti-Piraterieabkommens ACTA präsentiert. Mit Hilfe des Anti-Counterfeiting Trade Agreement (kurz ACTA) Abkommens sollen in Zukunft Produktpiraterie und Urheberrechtsverstöße „nachhaltiger“ verfolgt werden. Grundsätzlich Recht hat diese Initiative, wenn sie eine Reform der urheberrechtlichen Vergütungssysteme, insbesondere der Leerkassetten- und Reprographievergütung fordert. Die unter dem altbackenen Namen Leerkassettenvergütung für CDs und DVDs im Kaufpreis inkludierte Abgabe, wird seit einiger Zeit in Österreich auch für Festplatten eingehoben. Aktuell wird die Festplattenabgabe aber noch vor Gericht zwischen HP und der Austro Mechana verhandelt. Ganz offensichtlich handelt es sich hier um einen Stellvertreterkrieg zwischen Computer-, und Musikindustrie. Diese Situation zeigt den aktuellen Handlungsbedarf und es braucht neue und zeitgemäße Konzepte wie die Verwertung von Content heute funktionieren sollte. Eines wird keinesfalls zu einer nachhaltigen Entwicklung der Verwertungsprozesse führen, nämlich das Festhalten und Fortschreiben von bestehenden Modellen. Als eine der möglichen Lösungen wäre hier eine Kulturflatrate anzudenken. So lange diese aber noch auf sich warten lässt scheint eine Festplattenabgabe eine vorübergehende Lösung zu sein. Doch neue Lösungen müssen rasch gefunden werden, denn andernfalls sind die großen Verlierer die Künstlerinnen und Künstler sowie Nutzerinnen und Nutzer. Günther Friesinger, 39, ist Philosoph und ist Mitglied der Künstlergruppe „Monochrom“ tätig. Daneben ist er unter anderem Festivalleiter des Paraflows Festivals.
„Ein einheitlicher Rechtsrahmen innerhalb der EU“ (Wolfgang Renzl)
Aus Sicht der Kunstschaffenden ist natürlich jede Einnahme positiv zu beurteilen. Es sollte nicht den Verwertungsgesellschaften obliegen, neue Abgaben zu erfinden. Hier ist der (EU-)Gesetzgeber gefragt, der einheitliche Tarife für die Urheberrechtsabgabe zu schaffen oder aber zu entscheiden, dass keine Festplattenabgabe einzuheben ist. Ein einheitlicher Rechtsrahmen zumindest innerhalb der EU könnte die Zahlungs- und Verteilungsgerechtigkeit bei den Konsumenten bzw. bei den Kunstschaffenden sicherlich erhöhen. Schön wäre es, wenn sichergestellt wäre, dass die Einnahmen auch tatsächlich den Kunstschaffenden und nicht deren Intermediären zufließen. Grundsätzlich bin ich der Meinung, dass das Urheberrecht neue Wege finden muss; derzeit sind aber noch keine Gegenkonzepte auszumachen. Die Urheberrechte und die Rolle der Kunstschaffenden müsste gestärkt, die Position der zuliefernden Industrie überdacht werden. Die Kriminalisierung und Einforderung von polizeistaatlichen Methoden durch die zuliefernde Industrie sollte aber, soweit sie die Bürger unter Generalverdacht stellt, bald ein Ende finden. Wolfgang Renzl, ist Rechtsanwalt mit Fokus auf Medien-, Wettbewerbs- und Immaterialgüterrecht und Er ist laufend mit urheberrechtlichen Fragestellungen befasst.
„Abgabe für das Recht auf Privatkopie“ (Ursula Sedlaczek)
Es gibt seit 30 Jahren das Gesetz der Leerkassettenvergütung auf EU-Ebene, die allen Urhebern zu Gute kommt. Laut österreichischem Urheberrechtsgesetz hat jeder Konsument das Recht, urheberrechtlich geschützten Content (Musik, Film, Literatur etc.) zum eigenen und privaten Gebrauch zu vervielfältigen und zu kopieren. Nun gibt es zwar kaum mehr klassische Leerkassetten, es werden aber nach wie vor Daten von Privatpersonen vervielfältigt und auf neuen Datenträgern gespeichert. Den Urhebern steht eine angemessene Vergütung ihrer Werke zu. Aus dem Anteil, der sich aus der Festplattenabgabe ergibt, wären ein Teil Tantiemen für Künstler aller Art. 50% davon gehen in Fonds, die kulturelle Veranstaltungen organisieren und Künstler unterstützen. Österreich ist ein sehr stolzes Land, vor allem, wenn es um die Kultur und die Kulturschaffenden geht. Wieso sollten Österreicherinnen und Österreicher dann nicht bereit sein, die Kunst und die Kultur, und auch deren Urheber zu unterstützen. Die Festplatten sind einfach die neuen Speichermedien, wie es die Kassetten einst waren. Der nächste Technologieschub sind dann die Cloud-Services. Da sind wir bereits mit einzelnen Anbietern in Verhandlung. Doch auch die sollten gesetzlich geregelt werden. Denn das Prinzip ist schließlich das Selbe. Clouds sind ja nichts anderes als Repräsentanten für unzählige Server, die irgendwo stehen und Unmengen an Speicher für Daten bieten. Mag. Ursula Sedlaczek, 42, ist Geschäftsführerin der AustroMechana, der Gesellschaft zur Wahrnehmung mechanisch-musikalischer Urheberrechte Österreichs.
Mehr zahlen für Festplatten, weil man darauf eventuell einige Musikfiles oder Filme speichern könnte? Keine Diskussion! Wenn es darum geht der fettleibigen Musikindustrie eines auszuwischen, sind die Positionen schnell bezogen. Eine Festplatte zu besteuern sei ja so ungefähr so wie Papier zu besteuern, weil man darauf „Krieg und Frieden“ von Tolstoi abschreiben könnte. Schnell nehmen Diskussionen über die faire Wertschätzung der Urheber Züge an, die eher an klassenkämpferische Parolen Wir-gegen-die-da-oben erinnern oder sich in CAPS LOCK RAGE über die Unterstellung man könnte etwas illegal kopiert haben, verwandeln. Dabei ist die Musikindustrie nicht mehr so fett wie früher, sprich: nur mehr halb so fett wie vor zehn Jahren. Aber das darf eigentlich kein Argument sein.
Was ist passiert? In Österreich gab es seit den Achtzigern eine Leerkassettenabgabe. Schellacks und Vinyl waren ja zuvor schwierig privat zu vervielfältigen. Mit Kassetten ging das plötzlich relativ einfach, Festplatten erleichterten das Verschieben von ein paar Tagen Musik- und Film-Material ebenfalls. Die Abgabe auf Kassetten und Festplatten ist dazu da, das Recht auf Privatkopien abzugelten. Dass mit diesen Medien oft Urheberrecht verletzt wird, wird dabei selbst von den Klägern gar nicht bestritten. Aber die Leerkassettenabgabe betrifft nationales Recht, nicht EU-Recht. Dadurch, dass Festplatten ohne Strafzölle aus anderen Ländern importiert werden können, wird der Wettbewerb verzerrt, Händler aus Österreich müssen Kosten weiterreichen, die in Irland oder Großbritannien gar nicht anfallen und können deshalb nicht konkurrieren.
Soll man deswegen etwa schon wieder einmal Amazon boykottieren, weil diese eine Ungleichheit im EU-Binnenhandel an seine User weitergibt? Nein, es geht es bei der aktuellen im Wesentlichen um Rechtssicherheit für Händler und Urheber. Die Diskussion zwischen den verschiedenen Klägern und Beklagten findet hinter den Kulissen eigentlich gelassen und einvernehmlich statt. Jetzt geht die Frage vor den Obersten Gerichtshof.