Die Szene in Wien floriert. Doch neben den großen Locations wird nach wie vor in kleinen Clubs, in den Beisln und Pubs der Hauptstadt gefeiert. Doch tut sich da irgendwas? Genau hier fragen wir nach. Heute bei Martin vom Shelter.
Über die Wiener Alternativ-Clubkultur zu sprechen und nicht zumindest einmal das Shelter erwähnen, grenze an Blasphemie. Mittlerweile hat das Shelter 20 Jahre am Buckel und kann auf legendäre Konzerte, einstürzende Bühnen und ein paar Neuübernahmen zurückblicken.
Momentan mischt sich das Shelter einen ausgewogenen Cocktail aus Konzerten und Clubveranstaltungen, wie zum Beispiel der Bravo Hits Party. Eine der angesagtesten Bad Taste Parties in Wien. Was man sonst noch übers Shelter wissen sollte, hat uns Martin, momentan für das Programm im Shelter verantwortlich, erzählt.
Das Shelter gibt es jetzt seit 20 Jahren. Habt ihr etwas zum Jubiläum geplant?
Noch nicht. Das Lokal wurde im Dezember 1995 eröffnet – bis zum Jubiläum ist also noch etwas Zeit. Einer der Lokalgründer hat sich allerdings erst kürzlich angeboten, bei einer Jahresfeier mitzuwirken.
Das Wort Shelter bedeutet übersetzt einerseits Zufluchtsort und Schutzraum und andererseits Schuppen oder Häuschen? Mit welcher Begriffsdefinition könnt ihr euch eher identifizieren?
Da es sich um ein Kellerlokal handelt, ist Schuppen wohl weniger passend. Es wird schon eher der Zufluchtsort für MusikerInnen und Gäste sein, die für ein paar Stunden Zuflucht suchen. Lokalmitbegründer und Namenserfinder Czerny hat auf jeden Fall an einen Unterschlupf gedacht.
Das Shelter ist ja für eine Zeit im Untergrund verschwunden. Seit wann betreibt ihr es und was habt ihr bei der Neuübernahme verändert, um das Shelter wieder zu etablieren?
Ich kenn das Shelter seit knapp 15 Jahren, hab damals auch begonnen, dort zu veranstalten. Und könnte jetzt nicht sagen, dass es im Laufe dieser Zeit irgendwann im Untergrund verschwunden wäre. Vor der Neuübernahme, vor gut fünf Jahren, waren die Vorbetreiber wohl nicht mehr sehr motiviert, und es gab jetzt nicht mehr täglich Konzerte. Aber es standen, seit ich das Lokal kenne, eigentlich durchgehend immer wieder interessante Bands auf der Shelter-Bühne. Mit der Neuübernahme gab es auf jeden Fall gleich wieder viel mehr Konzerte.
Das Programm ist ja durchwegs sehr vielfältig. Von Acoustic-Nights, zu Bravo Hits Parties bis hin zu Punkkonzerten. Wie würdet ihr euer Programm einem Außenstehenden beschreiben?
Das Shelter nennt sich ja "Live Music Club". Es ist also in erster Linie ein Konzertlokal. Die musikalische Bandbreite ist sehr groß, sie reicht von Rock und Punk über Indie bis zu Ska, Reggae und auch Hip-Hop. Die Acoustic-Nights, die ich unter dem Namen "enjoy the songs!" veranstalte, dienen in erster Linie dazu, kleinen Acts oder Solisten eine Bühne zu bieten, bei freier Spende. Die Tontechnik mach ich dabei selber und natürlich gratis, damit die MusikerInnen zumindest mit ein paar Euro nach Hause gehen.
Was muss man heutzutage tun, um als kleiner Club zu überleben? Den Eintritt niedrig halten und mehr Leute ziehen, den Eintritt an die Inflation anpassen oder habt ihr eine ganz andere Strategie?
Am Leichtesten überleben könnte man wohl, wenn man sich dem Mainstream anpasst … Aber das ist in meinen Augen auch nicht das Gelbe vom Ei. Kleine Underground-Lokale brauchen daher freilich ihr Netzwerk an zufriedenen Bands, Veranstaltern und BesucherInnen und müssen selbst dann noch knapp kalkulieren. Der Aufwand hinsichtlich Planung, Verwaltung und Öffentlichkeitsarbeit ist in Relation zu den möglichen Margen natürlich recht hoch und eher was für den Liebhaber. Wichtig ist es halt, immer zumindest die Fixkosten hereinzuspielen, und möglichst oft etwas mehr. Die Höhe des Eintrittspreises bei Konzerten bestimmen bei uns normalerweise die Bands. Wenn ich selber was veranstalte, kalkuliere ich die Kosten – und versuche dabei, den Preis möglichst niedrig zu halten. Wobei ich allerdings auch die Meinung vertrete, dass Livemusik honoriert gehört. Viele Leute zahlen, ohne nachzudenken in einem Groß-Club, wo "nur" ein paar DJs am Programm stehen, 15 Euro, und dann sind fünf bis zehn Euro für drei Bands, die nicht nur jede Menge Equipment schleppen, sondern natürlich auch vor jedem Gig proben müssen, manchen Leuten zu viel.
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