Die Vienna Design Week befasst sich auch heuer wieder in rund 200 Veranstaltungen mit dem Thema Design und zeigt dessen Auswirkungen auf unser aller Leben. Im Fokusbezirk Leopoldstadt ist dabei besonders viel los. Festivaldirektor Gabriel Roland im Interview.
Design ist ein breites Feld. Was ist alles Design für dich? Welche Formen von Design sind auf der Vienna Design Week zu sehen?
Gabriel Roland: Der Begriff »Design« muss so einiges aushalten und ist entsprechend dehnbar geworden. Eine der Aufgaben der Vienna Design Week ist zu zeigen, was unter diesem breiten Schirm, trotz aller wahrgenommenen und tatsächlichen Oberflächlichkeiten, an aufregenden und sinnvollen Sachen passiert. Das reicht von konkreten Gegenständen über innovative Konzepte bis hin zu gesellschaftlichen Zusammenhängen.
Was passiert auf der Vienna Design Week? Wer stellt bei euch aus? Wer ist euer Publikum?
Die Vienna Design Week feiert die Lust am Gestalten und die Wirkkraft von Design. Sie will nicht nur das zeigen, was es schon gibt, sondern Fragen in die Zukunft hinein stellen. Designer*innen, lokale genauso wie internationale Unternehmen aber auch Kulturinstitute, Universitäten und Museen – wer sich für ein Festival interessiert, das nicht ausschließlich die kommerziellen Aspekte von Design abbildet, kann bei uns zeigen, was er oder sie kann. Beim Publikum geht es uns in erster Linie um Niederschwelligkeit und Vermittlung. Wir begegnen ihm an den verschiedensten Orten der Stadt, im öffentlichen Raum und versuchen, Hemmungen und Missverständnisse in der Auseinandersetzung mit Design abzubauen. Der Anspruch ist, dass das Festival für alle – von der Schulklasse über die lokale Designszene bis hin zu internationalen Besucher*innen – passende Angebote hat.
Nachhaltigkeit ist eines eurer Schlüsselwörter. Was ist nachhaltiges Design? Gibt es da eine Spannung zu konsumorientiertem Produktdesign?
Ja, natürlich gibt es diese Spannung. Aber auch das nachhaltigste, vollständig kreislauffähige Design ist kein Ersatz für politische Rahmenbedingungen und verantwortungsvolles Wirtschaften. Was Design kann, ist Technologie, Material, Ästhetik, Produktions- und Nutzungskreisläufe zu greifbaren Erlebnissen zusammenzubringen. Design erzeugt Beziehungen zu Objekten und das ist eine gute Basis, um an zukunftsfähigem Verhalten zu arbeiten.
Euer Programm ist kuratiert. Nach welchen Kriterien wählt ihr aus? Welchen Stellenwert hat die Förderung von Nachwuchs für euch?
Die Vienna Design Week ist in Formaten aufgebaut, die in ihren jeweiligen Gebieten und auf unterschiedliche Arten Programm ins Festival bringen: Open Calls und Wettbewerbe mit Jury, Einladungen und direkte Beauftragungen von uns, Auswahl von Gastkurator*innen und so weiter. Wir setzen unabhängige Akzente, arbeiten mit maßgeblichen Partner*innen – sowohl der öffentlichen Hand als auch auf privater Seite – an großen Themen und setzen externe Inhalte in den richtigen Rahmen. Das erzeugt ein diverses Angebot an Möglichkeiten, im Festival aktiv zu werden, das sich von frischen Absolvent*innen bis zu globalen Konzernen an möglichst viele Akteur*innen der Designlandschaft richtet. Junge Talente, innovative Ideen, lokale Besonderheiten und internationale Vernetzung sind dabei ausschlaggebend.
Du warst früher Autor bei The Gap. Welche Aspekte von Design bekommen deiner Meinung nach zu wenig (mediale) Aufmerksamkeit?
Das mediale Auge sieht eigentlich immer das fertige Produkt. Die dahinterliegenden Prozesse sind eine Blackbox. Gerade im Designbereich hält sich die Berichterstattung in breit wahrgenommenen Medien sehr eng an das von Unternehmen vorgegebene Material. Kritische Reflexion und eigenständige Geschichten, die der Komplexität und Relevanz des Themas angemessen wären, bleiben aus. Kein Wunder also, dass Design gemeinhin auf Oberflächlichkeiten reduziert wird. The Gap könnte zum Beispiel eine Produktdesignkolumne einführen, die wie meine Modekolumne damals junge Studios und ihre Arbeiten vorstellt.
Die Vienna Design Week findet von 22. September bis 1. Oktober 2023 statt.