Vienna Visuals: Station Rose

Station Rose haben den Techno mit nach Wien geholt. Wir haben sie zu ihrer Vergangenheit, der Visualszene in Wien und digitalen Revolutionen befragt.

Aus rechtlichen Gründen werden Artikel aus unserem Archiv zum Teil ohne Bilder angezeigt.

Station Rose, kurz STR, ist ein Künstlerduo, das 1988 von Elisa Rose und Gary Danner in Wien als öffentliches Multimedialabor gegründet wurde, nachdem beide die Universität für Angewandte Kunst in Wien mit Diplom absolviert hatten. Die beiden einfach nur als VJs zu bezeichnen, wäre viel zu eng gegriffen, das Werk von Station Rose umfasst von Medienkunst, über Performance und bis hin zu elektronischer Musik sehr viel. 2012 bekamen sie den City of Linz Lifetime Award für ihre Arbeit.

Nachdem sie nun von Frankfurt wieder zurück nach Wien gekehrt sind, haben wir sie zur Visualszene in Wien befragt. Man will ja nun keine alten Geschichten aufwärmen, aber irgendwas scheint da immer noch nicht ganz aufgeklärt zu sein. Denn über das Sound:frame hat man bei Station Rose eigentlich nur Schlechtes zu sagen. Dass es ohne das Festival vermutlich nur einen Bruchteil der Aufmerksamkeit für die bunten Bilder von VJs und Visual Artists gäbe, interessiert da wenig. Es wäre zehn Jahre zu spät dran, sagt da ein Duo, dessen Website aussieht wie ein Betriebssystem aus den frühen Neunzigern. Man habe viel vorweg genommen – hat man auch ganz sicher, keine Frage. Die Frage nach den Revolutionen heute lassen Station Rose andrerseits – mit Verweis auf die frühen Neunziger – offen.

Könnte man sich also wirklich beschweren, wenn man bei so viel Kritik eben nicht eingebunden wird? Wer möchte schon mit jemand zusammen arbeiten, der einen offenbar nicht wertschätzt? Aber so ist die Szene eben auch, divers, nicht immer einer Meinung, mit unterschiedlichen Schwerpunkten, Blickwinkeln und Interessenslagen.

Sound:frame widmet sich jedenfalls mit zwei Ausstellungen dem Thema Vienna Visuals (eine im engeren Sinn, die andere dem Thema "If this is the answer, what is the question"). Station Rose sind auch wieder in Wien. Go figure.

Ihr habt ja Techno mit nach Wien geholt. Wie habt ihr und eure Projekte euch im Laufe der Zeit verändert?

Gary Danner: 1988, nach der Gründung der Station Rose, waren wir im Banne des Internets, es hat uns kaum etwas anderes interessiert. Auch die musikalischen Aktivitäten waren stark davon beeinflusst, da wir bei unseren Clubbings in Frankfurt ab 1992 das Internet dabei hatten. Ich hatte mich radikal von meinen vorherigen musikalischen Herangehensweisen – siehe Review über meine Band The Vogue in The Gap – abgewandt, und produzierte ab 1988 ausschliesslich am Sequencer und mit Sampler. Von Anfang an entsteht Bild und Ton gleichzeitig, am selben Ort.

Elisa Rose: Als wir die Station in der Margartenstraße 26 hatten, gab es neben Projekten vor Ort auch immer wieder Gunafa Clubbings von uns – z.B. im Skala in der Neubaugasse. Ich war von elektronischer Musik immer begeistert, ich bin kein analoger Typ ("I am not a material girl, I am a digital woman"). Dabei überlegte ich mir damals schon, wie ich das audio-visuell und netzmäßig erweitern kann, nämlich mit TV-Monitoren und VHS-Loops. Im Exil in Frankfurt ab 1991 konnte ich das Schlag auf Schlag erweitern – anstelle von VHS nun mit Live-Amiga Computer mit Internet, anstelle von Monitoren hatte ich nun Beamer – da war sie, die A/V-Internet-Revolution, und wir schreiben 1991! Cool war auch, dass ich plötzlich als Frau der Profi war, die das alles bedienen konnte. Bei einer Performance in München 1991 arbeiteten wir bereits mit Frequenzen und acht Beamern – das war eine Sensation.

Im Laufe der Jahre kamen dann all unsere Internet-(Self-)Experimente dazu, für die wir den Begriff "Digitale Boheme" 1995 erfunden haben, frühe Social Web-Formate, sowie viele live Webcasts. Bei den A/V-Performances sind wir ja schon so früh mit so vielen Projektionen groß geworden, dass wir diesbezüglich nicht sehr erweitern mussten.

In der letzten Zeit kommt eher das analoge Element zur Projektionskunst und zur Musik wieder hinzu. Ein aktueller STR-Begriff dazu ist "New Media Arte Povera", oder A/V-Skulptur. Aktuell 2014 wird die Natur wieder voll integriert, was wir schon bei der Ars Electronica 2013 begannen.

Ihr seid ja jetzt wieder in Wien. Was hat sich seit dem ersten Sound:frame hier verändert?

Gary Danner: Ich habe das erste Sound:frame nicht mitbekommen. Als wir diese Szene bemerkten, bemerkten wir auch typisch österreichischen bzw. Wiener Verhältnisse darum herum: um mindestens 10 Jahre zu spät, und sehr bedacht darauf, diesen Umstand nicht bekannt werden zu lassen.

Elisa Rose: Ich weiß auch nicht, wann Sound:frame anfing. Ich erinnere mich, als wir 2008 zu "20 Digitale Jahre" die Medienskulptur LogInCabin im MAK aufgestellt hatten, erzählte uns Christoph Thun-Hohenstein von Departure davon. Ins Ausland war jedoch darüber nichts wirklich durchgedrungen.

Gary & ich sehen A/V-Kunst als einen Schwerpunkt unserer Arbeit, wir haben uns also gefreut, dass sich da was tut bei anderen. Ist leider aber grade bei Sound:frame nicht auf Resonanz gestossen, Frl. Fischer ist alles andere als kooperativ, somit kommen wir nicht wirklich dazu, die Szene vor Ort kennenzulernen.

Nach 20 Jahren in Frankfurt – hat die österreichische Visualszene dort einen Ruf oder ist das egal?

Gary Danner: Sorry, aber das interessiert dort niemanden.

Elisa Rose: Ich glaube auch nicht, dass das Einfluss hat.

Euch als VJs zu bezeichnen wäre viel zu einfach. Wie groß ist die Kluft zwischen Kunst, Clubkultur und Werbung? Oder arbeitet man heute eh mühelos in verschiedenen Bereichen?

Gary Danner: Die Kluft zwischen Kunst und den beiden anderen Disziplinen ist nach wie vor immens. Viele arbeiten simultan in verschiedenen Bereichen, aber der Kanon ist streng und klar.

Elisa Rose: Die Kluft ist groß, und gerade im Kunstkontext taucht die Visualisten-Szene nicht wirklich auf. Ich glaube, dass ein Problem oftmals die Beliebigkeit der Bilder zu den (DJ-)Sounds ist. Wir komponieren im Studio Sound und Bild gleichzeitig.

Sind Clubs politische Orte? Waren sie das? Sind sie es noch?

Gary Danner: Man darf nicht vergessen, dass die Clubkultur ein Phänomen aus den späten 80ern und frühen 90ern ist – also seit über 20 Jahren Geschichte ist. Das ist, als ob man 1987 über Flower Power als aktuell prägende kulturelle Kraft gesprochen hätte!

Clubs sind also meiner Meinung nach keine politischen Orte mehr. Sie waren es 1991/92 in Frankfurt und anderen massgeblichen Orten, ob sie es in Wien jemals waren, weiß ich nicht.

Elisa Rose: Von 1988 in Wien bis 1994 weltweit war der (Gunafa-)Club ein wesentliches Zentrum unserer Aktivitäten, das war ein politischer Ort. Nirgends sonst als im XS Club in Frankfurt konnten wir mit dieser neuen Kunstform so experimentieren. Ab Mitte der 90er sind wir aber dann – ganz – ins Netz gewechselt, und auch wieder in die klassische Kunst.

Ihr habt in euren Arbeiten laufend die digitale Revolution reflektiert. Wo seht ihr heute solche Orte?

Elisa Rose: Also anfänglich ab 1988 die Station in Wien, den 4. Bezirk, die STRasse, die Auslagen. Danach ab 1991 Clubs, Tourneen – mit Internet. Ab 1993 das Netz pur in frühen Sozial Web Echtzeit-Versionen. Heute auch wieder die STRasse (MQ), auch den White Cube, das Netz sowieso – und nun auch wieder die Natur mit dem Digitalen zusammen. All das ist bedrohtes Environment, und muss gepflegt werden! "Cyberspace & RL is Our Land".

Beim diesjährigen Sound:frame-Festival gibt es eine Ausstellung zu dem Thema „If this is the answer, what is the question?“ Dabei sollen Reflexionsprozesse innerhalb der Entwicklung audiovisueller Formate, das audiovisuelle Kunstwerk und dessen Rezeption sowie der Begriff der audiovisuellen Kunst in den Mittelpunkt gestellt werden. Sagt mal: What is the question?

Elisa Rose: Wir haben 2013 "Das Digitale Viertel-Jahrhundert" gefeiert – in der Kunsthalle Wien, bei der Ars Electronica, im MQ und online. Dazu haben wir mal keine Antworten gegeben, sondern Fragen gestellt. Nun kommt mit einer Verzögerung „If this is the answer, what is the question?“ rein. No comment.

What is the question – gute Frage: also A/V-Kunst ist nach wie vor ungeerdet, weil keiner Szene wirklich angehörig. Gut, dass wir inzwischen erwachsen sind.

Wenn es schon um die Geschichte geht, kann man ja auch nach der Zukunft fragen: Wie glaubt ihr wird es in diesem Bereich in Wien weitergehen?

Elisa Rose: Bin ich auch gespannt! Wir sind auf den Fall bereit, uns einzubringen, nun, wo wir wieder vor Ort sind.

stationrose.com

digitalarchive.stationrose.net

Weitere Interviews mit Akteuren aus der Vienna Visuals-Szene gibt es hier (Florian Tanzer von Luma.Launisch), hier (Ursula Feuersinger) und hier (Neon Golden).

Bild(er) © Stefan Joham, Bill Bayer
Newsletter abonnieren

Abonniere unseren Newsletter und erhalte alle zwei Wochen eine Zusammenfassung der neuesten Artikel, Ankündigungen, Gewinnspiele und vieles mehr ...