Österreich soll zum "gründerfreundlichsten Land Europas" werden, sagt Staatssekretär Mahrer. Nochmal, Österreich.
Harald Mahrer, Staatssekretär im Wirtschafts- und Wissenschaftsministerium, gefällt sich in der Rolle des Machers. Er präsentiert sich gerne als Politiker neuen Stils, als Netzwerker oder gar als „Spitze einer Bewegung“. In diesem Sinne hat er die Präsentation seiner Strategie „Land der Gründer“ angelegt. Darin sind vierzig Maßnahmen aufgeführt, die Österreich zum „gründerfreundlichsten Land Europas“ machen sollen.
Andreas Tschas, Gründer des Pioneers Festivals bringt die Problemstellung auf den Punkt. Seine dreitägige Start-up-Show lockt Jahr für Jahr Tausende Besucher an. Die wenigsten davon bleiben in Österreich, gründen hier ein Unternehmen oder investieren in eines.
Dabei wäre die Ausgangssituation dafür gegeben, wie Harald Mahrer nicht müde wird zu betonen. Österreich könne an die Spitze vorrücken, wenn die vierzig Maßnahmen umgesetzt werden, die er in den vergangenen Monaten mit zahlreichen Stakeholdern in einem offenen Prozess ausgearbeitet hat. Diese sind auf fünf Blöcke aufgeteilt: Innovation, Finanzierung, Bewusstseinsbildung, Netzwerke sowie Infrastruktur & Regulatorik. Einige davon klingen sehr allgemein und abstrakt (etwa: „Eine Open-Innovation-Strategie für Österreich entwickeln“), andere wiederum sind sehr konkret, brauchen aber auch entsprechende gesetzliche Grundlagen.
Alternative Finanzierung und Steuer-Anreize
Manche der Hausaufgaben, die auf Regierungsseite nötig sind, sind bereits angegangen worden. So befindet sich etwa der Gesetzesvorschlag für Alternative Unternehmensfinanzierung seit Montag dieser Woche in Begutachtung. (Siehe dazu: „Startup mit Crowd-Knödel“ in unserer aktuellen Ausgabe). Mahrer habe den Entwurf „unnachgiebig“ mit dem Koalitionspartner verhandelt.
Die Eckpunkte sind nun: Keinerlei Beschränkungen für private Einzelanlagen bis 5.000 Euro, eine einfaches „Informationsblatt“ statt eines Kapitalmarktprospekts für Volumina ab 100.000 Euro, eine Prospektpflicht „light“ ab 1,5 Millionen Euro und die volle Prospektpflicht erst ab 5 Millionen. Das ist eine deutliche Verbesserung im Vergleich zur bisherigen Situation, bei der die aufwändige Prospektpflicht schon ab 250.000 Euro gilt.
Ein anderer Punkt, der von Gründern scharf kritisiert wird, sind die hohen Lohnnebenkosten. Herbert Rohrmair-Lewis, Bundesvorsitzender der Jungen Wirtschaft, meinte bei der Präsentation der Strategie, dass das Wachstum von einem auf zwei beziehungsweise von zwei auf drei Mitarbeiter aktuell das größte Hemmnis für junge Unternehmen darstelle. In der Publikation finden sich dazu nur sehr allgemeine Formulierungen wie „Senken von Steuern, Abgaben und Sozialversicherungsbeiträgen, insbesondere in den Gründungsjahren.“
100.000 Arbeitsplätze
Obwohl viele Punkte in der Strategie noch nicht konkretisiert sind und Mahrer die Aktivitäten als offenen Prozess verstanden wissen will, hat er sich bereits eine Zahl, mit der er gut arbeiten kann. Der kurzfristig als Finanzminister gehandelte Wirtschaftsprofessor Gottfried Haber gehe davon aus, dass die Summe der Maßnahmen etwa 100.000 Arbeitsplätze in Österreich bringen kann. Dafür muss sich in diesem Land aber einiges bewegen.
Wie schwer uns Österreichern diese Bewegung fällt, ist an den vielen „Mit uns sicher nicht!“ abzulesen, die in den vergangenen Tagen zur Finanzierung der Steuerreform zu hören waren. Mahrer vertraut hier auf den Netzwerkeffekt und auf „Bewusstseinsbildung“, die bereits im Kindesalter forciert werden soll. Im entsprechenden Kapitel heißt es „Schaffen von Begeisterung für Unternehmertum und Risikobereitschaft bereits bei den Kleinsten“.
Weitere Hintergründe zu Prospektpflicht und Crowdfunding gibt es hier.