Vorne links vorbei

"vlv" lautet der Titel des ersten Album von Fontarrian auf Antime. Mysteriös, schlau, unvorhersehbar, doch so logisch und in sich geschlossen klingt es. Alles Gründe um von dem Musiker mehr zu erfahren. Ein Interview.

Das Foto ist somit einer dieser decisive moments, das Abgefuckte genau diesem entsprungen. Bonjour Tristesse meinetwegen. Denn Graz ist trist momentan. Kürzungen im Kulturbudget und eine hart sanktionierende, erzkonservative politische Linie wären nur zweierlei Aspekte einer Stadtpolitik, die es sich anscheinend zum Ziel gemacht hat, die in den 80ern proklamierte "Pensionopolis" so gut es geht aufrecht zu erhalten.

Andererseits sind diese Restriktionen ebenso Nährboden für die Bildung kreativer Netzwerke und Strukturen abseits vorgegebener Pfade – löblich sei hier das rege Schaffen der Leute rund um Frei.Funk erwähnt, die es letztes Jahr wirklich vollbrachten gleich mehrere unangemeldete In- wie Outdoor-Parties aus dem Boden zu stampfen, was nicht nur einen gewissen Thrill mit sich brachte, sondern viel mehr das Brett vor dem Kopf zu zerschmettern wusste. Sehr befreiend das.

Wie bist du zu dem Label Antime gekommen? Haben sie dich entdeckt oder du sie?

Das passierte wie der Zufall so wollte letztes Jahr in München, August so – ja, ausgerechnet im Klub Kong als Joakim zu Gast war – wo Hansi und ich (auch sein Bruder Martin und ein Teil der Antime-Crew, wie sich später herausstellte) an einem gewissen Aaber Award teilnahmen – sie mit einer großflächig interaktiven "Schnitzlgruben"-Soundinstallation und ich gemeinsam mit Fräulein Jovananas Reisinger mit einer A/V-Installation wie auch zwei Hörspiel-Performances; sie unter freiem Himmel und schlussendlich den dritten Platz erklimmend, wir so in einem umfunktionierten Container am abstinken.

Der Kontakt zu Hansi, der by the way auch die grafische Umsetzung des Albums gemeinsam mit Helga Stirle dirigierte, war von erster Sekunde an von gleichgesinnter Smoothness geprägt. Bald darauf haben wir Kontakt aufgenommen und alles andere glitschte dann so dahin. Viel Skypen, viel Austausch allgemein und stetiges einander Antreiben lieferten schlussendlich astreine Grundvoraussetzungen für den Release.

Dann war da noch Ende September letzten Jahres ein Besuch in der Heimatstadt der Jungs, Landshut, wo ich neben Martin (Midimúm), den ich da nun wirklich kennen lernte, und zwei sehr talentierten, jungen Locals (Unifono & Aplysia) spielte. Es war also retrospektiv beurteilt weniger eine gegenseitige Entdeckung als viel mehr ein ineinander Stolpern – one of those chance encounters eben, grounded on like-mindedness oder so. Das schönste im Zuge dessen war jedoch bestimmt, dass ich wirklich in jeden Produktionsschritt zu 100% mit einbezogen wurde, was nicht zuletzt ein großer Vertrauensbeweis der beiden Wahlberliner war und ist.

Für welchen Ort hast du das Album gemacht? Oder schielst du damit doch auf einen sehr speziellen Club, den wir in unserem Verständnis so vielleicht noch nicht kennen?

Das Album umschreibt einen Ort, den jeder und jede zu besuchen oder zu finden vermag, die oder der sich den Weg antun möchte. Natürlich wird vereinzelt Richtung Clubkontext geschielt, dennoch wäre es gelogen, würde ich das hier als einzigen Bezugspunkt angeben, da meine Einflüsse und Zitate aus einem sehr viel breiter gespannten Spektrum bezogen wurden und werden. Sich fallen lassen wollen ist dennoch bestimmt eine gute Voraussetzung.

Du arbeitest vermehrt mit Vocals aus dem R’n’B und Pop Umfeld? Klingt so die Post-Pop-Apokalypse?

Zugänglich sind die 10 Nummern allesamt, möchte ich meinen. Ob das nun was mit Pop oder Post-Pop zu tun hat, möchte ich selbst nicht beantworten wollen. Eines meiner Guilty Pleasures ist bestimmt die Vorliebe für R’n’B Vocals der späten 80er und frühen 90er, vor allem weil dazumal die meisten weiblichen Crooners von herausragenden Produzenten mit Pop wie Soul und Hip Hop Background gefeatured wurden, was sich wiederum in super Samplematerial auf 12"es niederschlug.

Willst du etwas zum Arbeiten in der Grazer Szene und Clubkultur sagen oder war das für dein Album gar nicht wichtig?

Sagen wir so, ich hatte die letzten Jahre über genügend Zeit Clubkultur aus verschiedensten Blickwinkeln zu beobachten – als Fotograf fürs Vice aus der Sicht eines voyeuristischen, nicht-wirklich-teilnehmenden Teilnehmers am Partygeschehen; als mittelmäßiger jedoch passionierter DJ und Produzent vor und mit Publikum und in seclusio mit anderen im Studio; wie auch zu guter Letzt seit einem Jahr als Veranstalter gemeinsam mit den Grazer Legenden Cheever und M.A.R.S. im Kollektiv als RDMH.

Nicht zu vergessen die unzählig und musikalisch sehr breit gefächerten Veranstaltungen der Disko404-Crew, denen man so oft wie möglich beiwohnte und dem alljährlich stattfindenden, inhaltlich wie musikalisch progressivem Elevate Festival. Das alles spielt eben ins Schaffen hinein, inwiefern es hörbar ist, kann ich nicht mehr beurteilen.

Fontarrian – vlv (Antime) erscheint am 28.03.2014 via Word&Sound. Am 22.03.2014 gibt es die Releaseparty bei Glow im Celeste/Wien (Anmerkung: Da das Konzert früh stattfinden wird, solltet ihr rechtzeitig erscheinen.)

Bild(er) © 2: Paul Piebernig 3: Desirée Schloffer 
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