Das Waves-Vienna-Konferenzthema »Road to Berlin« legt für Musikschaffende eine Brücke von Wien über Tschechien nach Berlin und rückt diese Region für mögliche Tourrouten in den Fokus.
»East Meets West« ist seit der ersten Ausgabe im Jahr 2011 ein leitendes Motto von Waves Vienna. Dabei soll der Austausch zwischen zentral- und osteuropäischer Musikwelt gefördert und vertieft werden. Einer der diesjährigen Fokuspunkte der dazugehörigen Waves Vienna Conference richtet sich zwar, geografisch-pedantisch gesehen, nach Norden aus, bleibt thematisch aber dieser Leitlinie treu: »Road to Berlin« rückt Städte zwischen Wien und Berlin – Brünn, Prag und Dresden – in den Fokus der Tourplanung und beleuchtet dabei deren Potenziale für Musikschaffende.
Wie bei der Konferenz üblich, stehen auch bei »Road to Berlin« Austausch und Vernetzung im Zentrum. Dadurch sollen neue Verbindungen zwischen Veranstalter*innen und Künstler*innen geschaffen werden: »Es geht bei der Waves Vienna Conference immer ums Vernetzen und Zusammenbringen der verschiedenen Akteur*innen und in diesem Fall auch um den Austausch untereinander«, erklärt Paulina Parvanov, die Konferenzverantwortliche im Waves-Vienna-Team. »Obwohl sie örtlich sehr nahe sind, ist man gerade mit den Promoter*innen und Clubs im angrenzenden Ausland oft gar nicht so gut vernetzt. Diese Lücke wollen wir schließen.«
Das Festival muss dabei jedoch nicht bei null beginnen. Auch die Initiative Austrian Music Export legte für dieses Jahr einen Schwerpunkt auf die Zusammenarbeit mit der deutschen Musikindustrie, um den für Österreich wichtigen Berliner Musikmarkt zu beleuchten und Verbindungen dorthin zu verbessern. Das Projekt »Building Bridges« umfasste Coachings und Mentoring-Programme mit deutschen Industrievertreter*innen.
»Road to Berlin« baut nun auf diesem Projekt auf und erweitert es um einen entscheidenden Aspekt: »In der Vergangenheit war es oft so, dass Acts in Berlin und dann in Wien gespielt und den Städten auf dem Weg wenig Aufmerksamkeit gewidmet haben«, meint Waves-Vienna-Gründer und -Festivalleiter Thomas Heher. »Wir wollen darauf hinweisen, dass man auf dem Weg von Wien nach Berlin interessante Städte wie Brünn, Prag oder Dresden nicht außer Acht lassen sollte, und holen diese zusammen mit Berlin vor den Vorhang.«
Regionales Speeddating
Während der Waves Vienna Conference präsentieren Personen aus der Musikindustrie ihre jeweilige Stadt sowie die Szene vor Ort in 20-minütigen Panels. Durch diese kurzen Infosessions sollen interessierte Musikschaffende einen besseren Eindruck von diesen Städten bekommen und ihre Musikinfrastruktur besser verstehen. Zudem sollen sie so direkt mit Verantwortlichen netzwerken und sich damit neue Touring-Möglichkeiten schaffen können. Inhalt und Programm der Panels stellt das Team von Waves Vienna gemeinsam mit Organisationen aus der Projektregion zusammen. Dabei setzt man auf langjährige Kooperationen, aus denen sich die nötigen Kontakte in die teilnehmenden Länder ergaben: Die Zusammenarbeit mit der Initiative Musik in Deutschland zum einen und Sound Czech in Tschechien zum anderen bildeten die Grundlage für den Blick nach Sachsen, Brünn und Prag.
»Road to Berlin« zeigt also organisatorische und logistische Vorteile der potenziellen Tourregion zwischen Wien und Berlin auf. Mit dem engmaschigeren Venue-Netz werden überdies leere Kilometer vermieden und Ressourcen schonender eingesetzt – ein zunehmend wichtiger Faktor in der Planung von Tourneen, Stichwort: Green Touring.
Austausch wie im Grätzel
Bekannte Bands wie Coldplay versuchten in den letzten Jahren bereits, Aufmerksamkeit auf das Thema Nachhaltigkeit in Bezug auf Touring zu lenken. Stadionshows lassen sich natürlich kaum mit dem Impact der Tour einer kleinen Band vergleichen. Doch während sich im Großen alles primär um zu messende Emissionsreduktionen dreht, entstehen im Kleinen durch ein Bewusstsein für Nachhaltigkeit zahlreiche neue Möglichkeiten. Fast wie im Grätzel können durch den Austausch im geografischen Umfeld neue Verbindungen aufgebaut und gestärkt werden. »Die Vernetzung mit den Nachbar*innen wird im Hinblick auf nachhaltiges Touren immer wichtiger werden«, erläutert Thomas Heher. »Vor allem Wien hat da einen großartigen geografischen Vorteil, weil innerhalb von nur wenigen hundert Kilometern wahnsinnig interessante Städte mit Musikszenen liegen, die für viele Künstler*innen noch völlig unentdeckt sind.«
Das Projekt birgt also viel unausgeschöpftes Potenzial und Raum zum Ausprobieren. Laut Thomas Heher werde man die Waves Vienna Conference dieses Jahr nutzen, um Kontakte zu knüpfen und die Situation auszuloten. Das Ziel sei es aber, auf den ersten Erkenntnissen aufzubauen und langfristige Kooperationen daraus entstehen zu lassen. Wohin die »Road to Berlin« führen wird, steht also zunächst nur im geografischen Sinne fest. Welche Kontakte, Projekte und Ideen am Weg dorthin entstehen können, das wird die Zukunft zeigen.
Die Partner*innen des Projekts »Road to Berlin« werden ihre Locations und Städte im Rahmen der Waves Vienna Conference am 6. September 2024 ab 10 Uhr im Café Museum vorstellen.
Offenlegung: Thomas Heher ist nicht nur Gründer und Leiter des Festivals Waves Vienna, sondern auch Mitherausgeber von The Gap.