Von 16. bis 20. November hat in Wels das Internationale Jugend Medien Festival Youki stattgefunden, bereits zum zwölften Mal. Vier Tage lang wurden eingereichte Kurzfilme aus In- und Ausland präsentiert – dazu gab’s ein breites Rahmenprogramm. Auch The Gap-Redakteur Jan Hestmann war mit einem Short Movie selbst dabei. Ein Tagesbericht vor Ort aus der Ego-Perspektive.
Mittwoch, 17. November, 6.30 Uhr
Aufstehen. Um diese Uhrzeit alles andere als Routine, darum umso qualvoller. Allerdings muss ein langer Tag schließlich rechtzeitig begonnen werden, damit sich alles ausgeht. Der Schleier der Müdigkeit ist beinahe durchbrochen, das Ziel erfasst: Wels.
8.30 Uhr
ICE Richtung Fankfurt am Main. Geistige Notiz, bevor der Zug abfährt: Nicht zu rasch an den Komfort des deutschen Prestige-Modells gewöhnen.
10.28 Uhr
Nach fast zwei Stunden vorüberziehender grauen Landschaft folgt die Ankunft in Wels, Oberösterreich. Melancholische Gefühle schieben sich in den Vordergrund. Diese Stadt bis jetzt erst zweimal besucht – 2008 und heute. Beide Male war die Youki die Ursache. Damals mit Trophäe nach Hause gegangen. Schön war’s!
11.00 Uhr
Nach rascher Überquerung des Stadtzentrums Ankunft beim Alten Schlachthof. Hier findet das Wettbewerbsprogramm, also das Screening der eingereichten Kurzfilme von Mittwoch bis Freitag statt. Am Samstag werden bei der Youki-Gala aus allen Teilnehmern dann wieder ein paar Sieger gekürt. Wer die sind, das ist heute noch völlig offen. Gerade mitten im Screening in den Vorführsaal reingeplatzt und Platz genommen. Ein Stahlträger teilt die Sicht auf die Leinwand entzwei. Gewöhnungsbedürftig, aber wer zuletzt kommt, mahlt eben zuletzt. Die guten Plätze sind bis zur letzten Reihe besetzt. Respektabel um diese Uhrzeit. Auf der Leinwand erzählt ein Mädchen einer sprechenden Wand gerade ein paar Witze. Mein eigener Film, ein Zombie Short Movie, läuft im letzten Programmblock für heute. Genug Zeit also, um einige andere Kurzfilme zu konsumieren.
13.45 Uhr
Eindruck nach 15 Kurzfilmen: Viele deutsche Beiträge, und auch auffällig viele Filme, die aus Schulprojekten herausgehen. Nach jedem Block kommen die Filmemacher, sofern sie da sind, kurz auf die Bühne. Erwünschte Fragen aus dem Publikum sind leider wie so oft rar bis gar nicht vorhanden. Abgesehen davon: Der Altersdurchschnitt bei den gerade gesehenen Filmen ist schon auffällig niedrig. Ganz recht am Platz komm‘ ich mir zu diesem Zeitpunkt nicht vor. Was die Qualität der Filme betrifft: teilweise ganz schön kreativ und in Anbetracht des Alters auch technisch gar nicht übel.
Aber die spannendere Filmauswahl findet vermutlich an einem anderen Tag statt. Später erfahre ich, dass das Festival, gemessen am Alter der Filmemacher, tatsächlich von Tag zu Tag älter wird. Sprich heute Vormittag haben die Youngsters den Startschuss gegeben. Von dem her ist es für meinen Film etwas unglücklich gelaufen, fällt er an diesem Tag doch deutlich aus dem Rahmen. Dafür bekommt er auf andere Weise zusätzliche Aufmerksamkeit…
14.00 Uhr
…Der letzte Filmblock startet mit meinem Zombiefilm „Gänseblümchen“. Besonders spannend: Der Film ist vorab im Rahmen eines Film-Workshops mit Lehrlingen ausgewählt und analysiert worden und soll jetzt gleich diskutiert werden. Zuvor läuft aber noch ein Kurzfilm aus Schweden, der zum Glück inhaltlich und technisch schon „erwachsener“ ist. Bin also doch richtig! Überhaupt als halber Norweger. Skandinavier halten da zusammen! Im Anschluss rauf auf die Bühne zu Workshop-Leiter und Moderator Roman Fasching. Es entsteht ein anregendes Gespräch, bei dem ich vor Publikum über Zombiegott George Romero, wackelige Handkameras und unterschwellige Gesellschaftskritik sinnieren darf. Danke dafür!
16.00 Uhr
Mittlerweile hat auch schon das Rahmenprogramm begonnen. Heute stehen die Workshops „Kritisches Schreiben“ und „DJ/anes“ am Plan. Man merkt schon, das Festival will weit über Film hinausgehen. Ich gehe aber hinüber zur zweiten Youki-Location, dem Medien Kultur Haus. Während des Essens warte ich auf das erste Media Meeting Modul um 18.00 Uhr gleich nebenan.
18.00 Uhr
Gemeinsam mit Moderatorin Petra Erdmann philosophiert Kulturwissenschaftler und Journalist Diedrich Diederichsen zum Thema Utopien und Jugenkulturen. Diederichsen berichtet von seinen Erfahrungen mit dem kommunistischen Oberschülerbund – aha! – und spricht von Politisierungswellen im Rock und Hip Hop. Erdmann will dann noch aufklären, warum Lady Gaga – hmmm – gerade so omnipräsent ist. Eine klare Antwort darauf wird zwar nicht gefunden, dafür aber das Problem an der heutigen Popmusik erkannt – oh! – : Es fehle an Slogans, dem laut Diederichsen wichtigsten Element der Populärmusik. Dadurch werde es für eine Jugendkultur immer schwerer zu mobilisieren. Und Mobilisierung, das sei es, was Jugendkultur eigentlich bezwecken solle.
20.00 Uhr
An diesem Abend folgt noch ein Highlight, nämlich der Auftritt von Maschek im Alten Schlachthof und danach die Nightline mit DJ Besoin. Für mich heißt es für heute aber zurück zum Bahnhof Wels, zurück nach Wien. Aber nur für kurze Zeit – am Wochenende geht es wieder zur abschließenden Youki-Gala.
Tägliches Kurzfilmprogramm, Workshops, Gesprächsrunden und Party bei den Nightlines – in diesem Stil soll es auch die nächsten Tage bei der Youki weitergehen. Das Programm bleibt sich seiner Linie treu: International, jugendlich und, wie auch der Begriff Medien, sehr breit gestreut. Und am Schluss werden wieder Sieger des Kurzfilmwettbewerbs gekürt werden. Ob diese dann auch weiter gefördert werden, bleibt leider offen. In Sachen Vernetzung unter freien Filmschaffenden will das Festival punkten. Und das sind nicht einmal leere Versprechungen, bei mir hat es an diesem einen Tag schon ganz gut funktioniert. Und vielleicht hat der nächste Self-Made-Film nun sogar schon eine eigens dafür komponierte Musik. Mal sehen. Bis zum nächsten Mal, Wels.