Haben Modern Talking sich jetzt wieder vereint und ein neues Album herausgebracht oder ist das Culture Club? Nein, da kommen Mando Diao auf einer Neonlichter-80er-Jahre-Trash-Welle angespült. Grund genug sich einmal mit Sänger Björn zu unterhalten.
Wie kam es zu der Idee mit Jan Hammer (der den Soundtrack von Miami Vice gemacht hat) zusammen zu arbeiten?
Eine Freundin von uns aus Schweden, Helen, arbeitet im Musikbusiness und hatte den Kontakt. Wir hatten "Black Saturday" mit einem wirklich langen Outro, das wir alle wirklich mochten – aber darin war halt irgendwie nichts, also es passierte einfach nichts Besonderes in diesem Outro, also brauchten wir etwas. Als Helen dann sagte, sie hätte den Kontakt, haben wir einfach mal hingeschrieben – und er hat uns Aufnahmen geschickt und gemeint: „Nehmt was ihr brauchten könnt und werft den Rest weg.“ Und wir haben’s uns zweimal angehört und fanden’s furchtbar! Beim dritten Mal haben wir es dann plötzlich irgendwie verstanden und die Schönheit darin gesehen und befunden, dass das ein guter Schluss für unser Lied ist.
Ihr seid ja jetzt zu sechst. Daniel Haglund ist wieder dabei. Sind die Gründe warum er damals aufhörte, jetzt weg?
Damals hielten wir ihn für einen Langweiler. Er wollte einfach abends schlafen gehen und wir waren 21 und wollten nur feiern – und wir waren so naiv ihn rauszuwerfen, weil wir ihn für zu langweilig hielten. Aber als wir dann älter waren und ein bisschen klüger, haben wir ihn wieder getroffen und uns daran erinnert, dass er echt ein guter Musiker war und haben ihn wieder bei uns aufgenommen.
Aber ich bin mir nicht mehr sicher ob wir noch sechs Bandmitglieder sind, ich glaube eher, dass wir 20 Mitglieder sind. So fühlt es sich an. Wie eine große Familie, Gustaf und ich sind dabei wie Vater und Mutter. Da sind nämlich noch eine Menge anderer Leute involviert, daher ist es eigentlich blöd zu sagen, wir sind zu sechst. Björn Olsson hat auch immer bei uns mitgearbeitet, er gehört genauso dazu wie CJ, der den Bass spielt. Und meine Schwester war am letzten Album und dieses Mal sind viele Sängerinnen mit dabei. Es ist sehr viel einfacher und offener wegzudenken von dem „wir-sind-6-Bandmitglieder-Konzept“.
Warum habt ihr eigentlich schon ein Greatest-Hits-Album veröffentlicht, macht man das nicht eher am Ende seiner Musikerkarriere bzw. überhaupt post-mortem?
Ja, genau das hab ich auch gefragt, als unser altes Plattenlabel mit der Idee daher kam. Wir hatten damals gerade unseren ersten großen Hit draußen. Aber sie meinten „Ja, ja, ja, wir wollen es jetzt machen, wir wollen es jetzt machen!“ und in unserem alten Plattenvertrag stand noch, dass sie das Recht hätten ein Greatest Hits Album zu veröffentlichen, wann auch immer sie es wollten. Und ja, darum haben sie es damals schon gemacht. Aber sie hatten „Dance with somebody“ nicht, da wir das schon mit Universal veröffentlicht hatten, deshalb mussten sie das teuer von Universal kaufen, um es zu veröffentlichen. (lacht)
Das MTV Unplugged war ja irgendwie auch so etwas, was man eigentlich eher macht um eine Karriere abzuschließen. Aber das war für uns. Das wollten wir machen, um einfach Mal auf unsere ersten 10 Jahre zurückzublicken und wir fanden, dass das ein wirklich guter Weg ist, um die Lieder, die wir am liebsten hatten, noch einmal auf ein Album zu bringen. Aber irgendwie wurde dieses Zurückblicken dann durch das Greatest Hits Album verdoppelt.
"Infruset" war ja komplett auf Schwedisch, euer neues Album ist nun aber wieder auf Englisch. Singt ihr eigentlich lieber auf Englisch oder auf Schwedisch?
Ich mag beides. Schwedisch ist auf jeden Fall persönlicher, aber damit natürlich auch anstrengender, da man natürlich über jedes einzelne Wort nachdenkt. Es ist einfach emotionaler, es ist mehr die Art wie Billie Holiday oder Nina Simone gesungen haben, weil sie in ihrer eigenen Sprache gesungen haben – das ist dann immer sehr viel emotionaler, aber eben auch anstrengender. Englisch ist schauspielerischer für uns, was schon irgendwie leichter ist. Man kann etwas vormachen oder komplett ehrlich sein, das ist nicht so einfach in Schwedisch.
Abba feiert gerade 40 Jahre Waterloo-Album. In Schweden gibt’s ihnen zu Ehren ein eigenes Museum. Glaubt ihr, in 20 oder 30 Jahren baut man euch auch eines?
Ich weiß nicht. Mit 22 hätte ich die Frage sicher mit „Ja“ beantwortet, aber jetzt hab ich diese Art von Selbstbewusstsein nicht mehr. Ich habe eine andere Art von Selbstbewusstsein. Als wir jünger waren haben wir uns einfach mit Ellbogentechnik nach vor gekämpft, jetzt sind wir nicht mehr so frustriert, wir konzentrieren uns mehr auf unsere Musik, als darauf ob man uns dafür ein Museum bauen wird. Und außerdem hat sich das Musikbusiness verändert.
Weil wir gerade bei eurem früheren Selbstbewusstsein sind – ich weiß ihr hasst die Frage – aber ihr habt einmal behauptet, euer Album „Bring’em in“ sei besser als die Alben von den Beatles oder den Rolling Stones (gemeint war: nicht die Songs, sondern das Album, weil es perfekt abgestimmt ist). Würdest du das auch vom neuen Album behaupten?
Ich werde das nie wieder behaupten. Die Leute haben mir damals gesagt „Oh, das wirst du bereuen, wenn du dreißig bist.“
Und jetzt bereust du’s?
Nein, ich bereue eigentlich nichts in meinem Leben. Außer die Dinge, wo ich Menschen wirklich wehgetan habe, das bereut man immer. Aber ich bereue nichts, was ich aus Naivität heraus gemacht habe. Damals waren wir jung, frustriert, wir wollten unbedingt Erfolg haben, das führt dann schon einmal dazu, dass man so etwas sagt.
Es war nicht wirklich Selbstbewusstsein, was uns dazu bewogen hat, damals so etwas zu sagen, es war mehr ein Schauspiel. Ich werde nie wieder so etwas Dummes sagen. Musik kann keine Competition sein, man muss sich nicht ständig mit anderen messen. Wir haben einfach aufgehört, uns mit anderen zu messen. Es ist schon irgendwie entspannend, sich selbst nicht mehr so einem Erfolgsdruck auszusetzen.
Heißt das, dass Musik eine Art Therapie für dich war?
Das war und ist sie. Wahrscheinlich war Musik der Grund, warum ich nicht ständig beim Psychiater raus- und reinspaziert bin. Man kann sehr viele Gefühle einfach durch Musik ausleben und erkennt die verschiedenen Seiten von einem selbst. Ich kann jedem nur empfehlen, Musik zu machen, ein Instrument zu spielen, muss ja nicht professionell sein, kann jede Art sein. Es hilft einem.
Am 2. Mai erscheint das neue Album von Mando Diao "Aelita" im Handel.