Eine rassistisch orientierte Gruppe auf der „sozialen“ Plattform feiert aktuell fröhliche Urständ’ und erhält fraglichen Zuspruch. Jedoch ist das Internet bekanntlich kein rechtlich leerer Raum. Die überaus beliebte und dominierende Sammelplattform Facebook schon gar nicht. Das führt immer wieder zu erstaunlichen Missverständnissen einsamer Herzen im weiten Dorf der 0/1-Information. Oder sind es gar keine? Missverständnisse nämlich.
Was waren das nicht für schöne Zeiten der Simplizität. Das harte Tageswerk hinter sich gebracht, traf sich der Einzugskreis des überschaubaren Treibens eines Dorfes beim Wirtn und palaverte über das Wetter, die kommende und letzte Ernte. Sichtete und sortierte bei passenden Anlässen die optional feschesten Kinder der Nachbarn, bahnte Geschicke an und erfreute sich an Wässern unterschiedlicher Klarheit. Sich mitunter ergebende Meinungsverschiedenheiten wurden rasch und offen vor Ort geklärt. Die verbal weniger Gesegneten konnten das zuweilen mit hemdsärmeliger Direktheit anders lösen. Ein System mit einfachen Regeln, die keiner besonderen Schulung bedurften. Und a Ruha woa. A Heilige.
Doch die Welt war böse. Die allseitige Beschleunigung des Lebens wie der Wege brachte immer mehr Neuigkeiten mit sich. Und manche dieser Novitäten schleusten neue Parameter und Regeln in den Alltag. Schach war da noch eine der einfacheren Materien, obwohl bis Heute bisweilen undurchsichtig in seiner Weitläufigkeit. Sowas kann einem schon mal Angst machen. Bald war begriffen, dass man bei den Subjekten, die sich schon tiefer eingenistet hatten und einen Verbleib in Aussicht stellten, nicht um eine eigene Meinung umhin kam. Also eh wieder palavern beim Wirtn. Als optimal stellte ich heraus, das Neue zum Eigenen zu machen und ihm dem Touch des Fremden zu nehmen. Die Welt wieder aufs Einfache runterbrechen. Kaffee und Kipferl sind meins seit immer schon, Beachvolleyball unserer nächsten Feier passender Rahmen und Reisende funktionieren sowieso allerfeinst als Touristen.
Doch was mit den unwilligen Objekten, die nicht der eigenen Begierde folgen? Gestrandet an Leben und Kunst. Das will nicht schmecken und erfordert einen, der uns das wieder vereinfacht erklärt und zurechtrückt. Den Einen. Der den Stein des Anstoßes zu Kies zerböselt. Den Bernhardiner, der mitten in der Lawine weiter weiß. Der den Ozean mit dem Atlantik eins erklärt und zum überschaubaren Badesee macht.
Die Angst is a Hund. Niemanden das Brennende am Herzen mitteilen können. Allein gelassen werden in den Wirrnissen, hilflos sein bei Krankheit oder gar gottverlassen und einsam dem Tod ins Auge blicken. Das braucht keiner.
Gut dass man sich nun wieder in den weiten des Internet treffen kann. Den leeren weiten des Alltags in seiner unpersönlichen Amnesie entfliehen kann. Facebook hat uns wieder zusammengebracht. Alte und neue Freunde finden und in den eigenen Mikrokosmos transferieren lassen. Doch was wäre das wert, wenn man nach anfänglicher Euphorie erst recht wieder alleine vor dem Computer sitzt und keine Einträge auf seiner ganz eigenen, personalisierten Site sitzt? Gut, dass es Gruppen gibt. Einfach mal ein Motto vorgeben und schon scharen sich die Gleichgesinnten. Mag es Nonsense sein im Titel oder wahre Leidenschaft – es findet sich schon wer, mit dem man nicht mehr alleine ist. Nehmen wir mal… mhhh… na halt mal „Ich soll dich vom Niveau grüßen, ihr seht euch ja nicht so oft.“ und Zappzarapp bist du mit 16.000 Usern auf Schiene. Schon fein.
Oder mal was Lokaleres ausprobieren. So etwas wie „Ausländer die sich nicht anpassen..RAUS aus Österreich!!!!“ Das müsste eigentlich auch gut funktionieren, weil’s ja schon im Titel besonders emotional gelagert ist. Klug geschädelt san mia. Noch was nachlegen im Untertitel vielleicht. „Ich bin für Lebenslanges Einreiseverbot für Ausländer die sich nicht an österreichische Gesetze halten!Asylanten sollen nur das Notwendigste bekommen,und sollte Unzufriedenheit geäussert werden…sofortige Streichung aller Sozialleistungen…und Abschiebung für immer!“
So geschehen in den späten Abendstunden des frühen Jahres 2010 zu Facebook Derivat. Und tatsächlich, man ist nicht alleine. Schon bald feiert man das 4000e Mitglied. Würzige Kunde wird explizit gepostet, baldigst wird von anderen verbal zugeprostet. Ein maximaler Zufall scheint sich hier einzufinden. Die einem weit verbreiteten Vorurteil folgenden Gründer der Gruppe sind nämlich tatsächlich in Kärnten beheimatet. In ausladenden Postings werden umtriebig Ausländer oder gar – man will es gar nicht sagen – Schwarze als Rechtsbrecher genannt. Praktisch als alleinige Wurzel des Übels der Angst um das hiesige Sozialsystem. Verursacht durch gnadenlose Ausbeutung seitens der Menschen aus der Fremde. Befremdung macht sich hier in den O-Tönen breit.
„Österreich muss sauber werden.“ Eben.
„Jowoi ause damit“ „genau so ist es.man muss endlich einmal hart durchgreifen!“ Sicher.
Aber „mir hom gnuag faule österreicher eiso hoam mit de ausländer de nix hakln“
„das auffanglager kommt in den süden aber afrika ist auch süden“ Klar Schiff.
„Es geht mehr um die wiedervereinigung der weissen rasse! White power für immer und ewig!“ War schon lange klar.
„Ich habe nichts gegen Ausländer wenn sie dort bleiben wo sie sind,bzw. zurückkehren dorthin,wo sie hergekommen sind.!!!!!!“ Klare Sicht.
„ausi mid den gsindl !!!!! Glabst du das wir zum spas do sand !!!!!! Trecksau !!!“ Kein Spaß.
Doch ojeh. „des werd ma nie schaffen dafür sans zu viele“
Da kann es nur eine Lösung geben: „Das beste wäre eine neue Partei …und dann so richtig aufräumen!"Frühjahrsputz"sozusagen *grins*“
Tatsächlich erwähnenswert ist, dass besonders gerne mit Musik gepostet wird, die ein Gemeinschaftsgefühl vermitteln soll. Hier wären allen voran Rainhard Fendrich mit seinen geheimen Nationalhymne „I am from Austria“ und Christina Stürmer mit ihrer Adaption der Nationalhymne „Heimat bist du großer Söhne und Töchter" zu nennen. Letzteres eine Auftragsarbeit vom Bundesministerium für Unterricht, Kunst und Kultur. Erstaunlich ist das insofern, da beide Künstler sich schon mehrfach klar gegen diese Ausrichtung der politischen Kultur gewandt haben. Was bei den Postenden wohlwollend im Sinne der Sinngebung durch das jeweilige Lied ausgeblendet werden dürfte. Was durchaus weitverbreitet sein dürfte.
Wie schon Hubert von Goisern hatte sich auch Rainhard Fendrich offiziell gegen eine Verwendung seiner Lieder bei Wahlkampfveranstaltungen – in beidem Falle durch HC Strache – verwehrt und wollte nicht für Propagandazwecke missbraucht werden. Wobei dieser den Aufforderungen eher schleppend nachkam. Fendrich scheint aber nicht grundsätzlich nachtragend zu sein. Immerhin „schenkte“ er Strache letztens bei einem Auftritt eines seiner frühen Lieder, den „Rattenfänger“. Christina Stürmer schritt ebenso mit rechtlichen Schritten ein, als ihr Konterfei samt Melodien vom Oberösterreichischen Landeshauptmann Josef Pühringer verwendet wurde.
Wie stehen Sie dazu, dass mit einem von Ihnen beauftragten Lied ein Heimatgefühl der besonderen Art ausgedrückt werden soll?
Ganz klar, dass mit der Bundeshymne immer ein Heimatgefühl vermittelt werden soll. Das Lied wurde ganz bewusst für die Informations-Kampagne "Heimat bist du großer Söhne und Töchter" des Bildungsministeriums gewählt. Der Grundton der Kampagne ist ein klar positiver. Es soll besonders die Bedeutung der Bildung für unsere Kinder und damit für die Zukunft unseres Landes unterstrichen werden. Daher verwehren wir uns entschieden dagegen, von einer einzelnen Richtung vereinnahmt zu werden.
Empfinden Sie dabei Missbrauch des eigentlich von Ihnen angestrebten Gefühls, das mit so einem Song vermittelt werden soll?
Das Bildungsministerium distanziert sich von jedweden fragwürdigen Inhalten und verwehrt sich gegen eine solche Interpretation.
Sind Sie verwundert, dass eine solche Facebook-Gruppe schon über 3700 Mitglieder hat?
Wir nehmen es zur Kenntnis. Es ist Aufgabe der Bildung, aufklärend zu arbeiten und radikalen Tendenzen entgegenzuwirken.
Gedenken Sie rechtliche Schritte zu setzen?
Ja, in der damaligen Dorfgemeinschaft war es wirklich noch einfach, den Überblick zu behalten. Aber was zählt, ist am Ende wohl doch der Durchblick. Möglichst mit Weitblick.