Nächstes Jahr im Juni wird Andreas Frege 50, besser bekannt als Campino. Der Tiroler Autor Christoph W. Bauer gratuliert ihm schon jetzt. Und zwar so richtig schön von Herzen.
Oft werde ich gefragt, wie das denn zusammenpasse, meine Vorliebe für diese Musik und mein Beruf. Erst neulich, bei einer Schullesung, weiteten sich einer 14-Jährigen die Augen vor entsetztem Staunen: »Was, Punkrock und Schriftsteller?« Als ich bejahte, mein musikalischer Geschmack sei eben altmodisch, und ihr darüber hinaus erklärte, dass mich die Arbeiten antiker Dichter seit Jahren faszinieren, war ich bei ihr unwiderruflich unten durch. Dennoch fühlte ich mich zur Rechtfertigung bemüßigt, wies sie und die Klasse darauf hin, was mir Quelle der Inspiration sei, um ein weiteres altmodisches Wort zu bemühen. Es sei die ungeheure Dynamik, die mit dem ersten Takt eines Liedes oder dem Eingangswort eines Gedichts entfacht werde, der vorantreibende, mitreißende Rhythmus, der kein Zurück kenne, sagte ich. Nehmt einen Dichter wie Catull, fuhr ich fort, allein die Kürze seiner Gedichte gleiche Punksongs, mit der ersten Silbe eines Textes setze er ein Räderwerk in Gang, das einen kaum zu Atem kommen lasse, so sehr bringe er seine oft zornigen oder auch empathisch überreizten, immer aber hämmernden Verse auf die Spur, verstieg ich mich. Hatte mich so in Fahrt geredet, dass selbst der Lehrer –
Papier ist geduldig. Ich komme vom Thema ab. Es läuft mir also nicht rund, und das ist gut so. Will etwas machen, was ich Anfang der 1980er-Jahre für ausgeschlossen hielt und das ich – wie mir scheint – so verinnerlicht habe, dass ich jetzt nichts über ihn schreiben kann. Wäre ein Geburtstagsständchen nicht Ausdruck des guten Geschmacks? Und machte ihn eine Lobhudelei nicht zu dem, gegen das wir, einschließlich seiner Person, immer Sturm liefen, zu einem jener Säulenheiligen, die wir vom Sockel holen wollten, sobald wir in ihnen Stars, schlimmer noch, Autoritäten erblickten? Als solche empfand ich ihn nie, er war und ist mir eher ein /compañero de viaje/, wie Catull und andere Dichter mir Reisebegleiter durchs Leben sind. Ich kann nur mich selbst im Spiegel sehen, in den Augen fängt das Altern an, sein Blick ist jung, das unterstelle ich ihm wie auch Kompromisslosigkeit und Haltung, zu der ich ihm gratuliere, ob es ihm nun passt oder nicht. Und ja, natürlich, diese Zeilen musste ich heuer loswerden, nächstes Jahr werden andere über ihn schreiben, seine Wegbegleiter und bestimmt auch viele, die sich dafür halten und für die sich jubiläumslaunisch plötzlich all die ganzen Jahre als sehr rund darstellen. 2012 gilt es ohnehin was zu feiern, die Band, deren Sänger er ist, wird –
Es handelt sich genau um jene Band, von der mir mein Cousin vor gut drei Jahrzehnten eine Kassette aufnahm, mit rotem Filzstift war sie beschriftet, ich seh’ die krakeligen Lettern gerade deutlich vor mir und sag sie laut vor mich hin: Die Toten Hosen.
Ad Personam
Lyrik, Prosa, Theater, Hörspiel, Kinderbuch – Christoph W. Bauer ist in allen literarischen Gattungen beheimatet. Homebase des 43-Jährigen ist aber die Lyrik und diese hohe Kunst versucht er auch weiterzugeben. Unter anderem als Betreuer der Lyrikseite des Jugendmagazins des Jugendrotkreuzes Topic. Bauer, der momentan in Innsbruck lebt, versteht es, Hoch- und Popkultur fein aufeinander abzustimmen und sich so den großen Themen des Lebens zu nähern. Nachzulesen etwa in seinem rezenten Gedichtband »mein lieben mein hassen mein mittendrin du – Eine Liebesgeschichte in 37 Gedichten« (Haymon), in dem er dem römischen Dichter Catull ein Denkmal setzt und wenn nötig dafür die Toten Hosen herbeizitiert. Dass die in einen popkulturellen Bildungskanon gehören, impliziert Bauers kleine Hommage an deren Frontmann.