Tino Sehgal könnte deinen Abend retten. Er schafft mit seinem Publikum einmalige Situationen und stellt ganz intuitiv einige wichtige Fragen. So nebenbei befreit er uns von dieser albernen Lattenkunst.
Flirten in einem interessanten Raum
Vermutlich hat Kunst keine moralische Verpflichtung, sich um sein Publikum zu scheren. Wenn man aber selbst Publikum ist, dann lohnt sich die Kunsterfahrung vor allem dann, wenn jene, die sie konzipiert haben, sich um die Zuseher bemühen. Sehgal tut das. Er fokussiert, kanalisiert und konzentriert die einerseits wirre, andererseits immer gleiche Bewegung und Begegnung von Menschen bei Kunstausstellungen – und in anderen Situationen. Fragen wie »Was ist Fortschritt?« oder »Was ist Kunst?« stellt er, ohne etwas gegenständlich zu machen, in einen Raum voller Menschen hinein. Sehgal selbst erklärte im New Yorker: »Worum es in meiner Arbeit geht, ist: Kann etwas, das kein unbelebtes Objekt ist, als etwas von Wert betrachtet werden?« Was er in Krems vorhat, darüber gibt es keine konkreteren Informationen als Ort und Zeit. Zwar trägt er so zur Mythenbildung bei, ist andererseits aber auch nur konsequent, Momenterfahrungen auf den Moment der Erfahrung zu beschränken.
Angenommen also, man lernt bei einem dieser Galerienrundgänge tatsächlich mit dem anfangs erläuterten Anmachspruch einen interessanten Menschen kennen, so ist man wohl gut beraten, diesen zu Tino Sehgal mitzunehmen. Die dort zu erwartende Erfahrung kann es mindestens damit aufnehmen, nachts Pizza am »Himmel Wien« zu bestellen. Nebenbei kann man beweisen, dass man durchaus im Bilde darüber ist, was derzeit der heiße Scheiß im Guggenheim, an der Tate Modern und bei der Documenta13 ist.
Programm Donaufestival:
Das Programm des Donaufestival wurde am 7. März vollständig präsentiert. die wichtigsten Neuerungen: Intendant Zirhofer-Kin ist keinesfalls amtsmüde. Es wird mehr Programmpunkte geben, die aber in kleinerem Rahmen. Weniger Indie, mehr Experiment und avantgardistische Clubkultur. Das britische Musik-Booking-Business ist menschenverachtend und steht der Londoner Finanzbranche in Sachen Ökonomisierung in nichts nach. Die akustisch problematische Messehalle wird nicht mehr bespielt.
Performances werden außer im Stadtsaal noch an einem geheimen Ort in der Natur stattfinden und auf Smartphones streambar sein. Star des von Gabrielle Cram geleiteten Performance-Programms wird Tino Sehgal sein. Außerdem noch: ein Alternate Reality Game, virtuelle Zeitrechnungen, guatemaltekische Aktivistinnen, Teresa Margolles und ein Immigrant Movement Professional.
Die Auslastung von 85% soll mindestens gehalten werden. Es werden cirka 6.000 Tickets aufgelegt. Das Budget von fast zwei Millionen Euro ist um 190.000 Euro geschrumpft, was großteils durch die geringeren technischen Anforderungen in der großen Halle Eins eingespart werden soll. Die Wiederwahl von Erwin Pröll ist für das Donaufestival als langjähriger Förderer trotzdem fast sicher eine erfreuliche Nachricht, weil dieser weiterhin nicht mit anderen Parteien über die Sinnhaftigkeit eines hoch dotierten Avantgarde-Musik-Performance-Festivals streiten muss.
Donaufestival
25. April – 4. Mai, diverse Locations, Krems
Das komplette Programm gibt es hier.