Das Pomeranze Kollektiv im Interview über seinen Geburtstag, die letzten drei Jahre, die Pratersauna und Wien. Ganz viel über Wien.
Pomeranze veranstalten seit 2013 Partys. Es ist ein junges Kollektiv, das sich mit ziemlichem Erfolg in den letzten drei Jahren zu einem fixen Bestandteil der Wiener Fortgehszene gemausert hat. Sie veranstalteteten auch regelmäßig in der (alten) Pratersauna, als es diese noch gab. Am 14. Mai feiern sie ihren Geburtstag in der Grellen Forelle. Darüber, über die Pratersauna, Wien als Partystadt und vieles andere haben sie mit uns geredet.
Ihr feiert ja bald Geburtstag. Was wird es dort alles geben?
Wir freuen uns auf ein internationales und facettenreiches Line-Up. Im Mittelpunkt steht das Live-Set des Pariser Technoproduzenten Voiski, welches von unserem langjährigen Begleiter Florent Hadjinazarian, sowie Pomeranze-Resident Minou Oram eingerahmt werden wird. Ein weiteres Highlight ist das Showcase der auf Halcyon Veil erscheinenden Conspiración Progresso Compilation, mit DJ HVAD (live), VIPRA (live) sowie Jim C. Nedd und Matteo Pitt von Primitive Art im "Gold Room" umgetauften Kitchen Floor der Grellen Forelle.
Was hat euch vor drei Jahren eigentlich dazu veranlasst, mit dem Veranstalten anzufangen?
Ursprung war die Idee, befreundeten Musikern und Künstlern eine Plattform zu bieten. Die jeweiligen musikalischen und künstlerischen Disziplinen wollten wir möglichst organisch miteinander verbinden und eine intensive Nacht zu konzipieren.
Daraus entstanden ist das Konzept der Disco Citrus Vulgaris, die erstmals im Raum Aparat (R.I.P.) vor drei Jahren stattfand. Der erste Abend lief damals sehr gut und motivierte uns zu neuen Projekten.
Findet ihr Wien könnte nach wie vor mehr Veranstalter gebrauchen, oder ist der "Markt" mittlerweile übersättigt?
Als wir Pomeranze gründeten, geschah dies in einer Zeit, als viele Veranstaltungen aus dem Boden schossen. Zwischenzeitlich gab es in manchen Segmenten vielleicht ein Überangebot, jedoch ist eine lebendige Szene in unseren Augen immer positiv zu bewerten. Mittlerweile besteht eine ganz gute Mischung aus mehr oder weniger frischen Gruppierungen wie Salto Capitale, Brüterei, Zanaris, Verkehrte Welt und erfahreneren Institutionen à la Bliss, sowie außerordentlichen Projekten und Konzepten.
Was findet ihr an Wien als Partystadt besonders? Welche Eigenheiten seht ihr?
Wiens Nachtleben hat mit restriktiven bürokratischen Hürden und Abgaben zu kämpfen, welche einerseits das Veranstalten teuer und risikoreich machen, andererseits die Möglichkeiten räumlich, akustisch und zeitlich einschränken. Weiters richtet sich das Publikum weniger nach Räumen, als nach den einzelnen Crews und Freunden. Auch wenn wir das Wort Szene oft verwenden, ist sie in Wien nur schwer auszumachen. Da nicht Nachtclubs die primären Anziehungspunkte sind, mischt sich oft das Publikum zwischen Subkultur und Mainstream. Das zeigt sich auch oft im musikalischen Desinteresse des Publikums. Andere Faktoren als das Booking motivieren meist stärker zum Ausgehen. Im Vordergrund stehen Freunde, Schmusen und Rauschmittelkonsum.
Bei euren ersten Disco Citrus Vulgaris-Veranstaltungen gab es öfter Musiker, die auftraten oder Kollaborationen mit Künstlern und aufwendig dekorierte Räume. In letzter Zeit sind eure Veranstaltungen "bloß" Partys. Täuscht dieser Eindruck?
Die Integration von Kunst, Performance und Live-Konzerten ist fester Bestandteil des Konzeptes Disco Citrus Vulgaris, die so in dieser Form das letzte Mal vor etwa einem Jahr in der Pratersauna stattgefunden hat.
Neue Veranstaltungskonzepte, wie beispielsweise Cvrtisane oder einmalige Konzertformate und neue Schwerpunkte sind in der Zwischenzeit entstanden. Unsere Interessen entwickeln sich immer weiter oder spezialisieren sich. Dennoch versuchen wir weiterhin anhand diverser Bookings, vielen Live Konzerten und kleinen Erweiterungen einen interessanten und ambitionierten Abend zu gestalten – wie mit Filmvorführungen im Club während unserer letzten Grelle Forelle Party im Oktober 2015 oder kleinen Installationen.
Letzten Dezember nutzten wir außerdem einen Raum in der Westbahnstraße für ein dreiwöchiges Popup Kino mit vier Musikfilmen und der Serie "Sadness Is An Evil Gas Inside Of Me" von der Band Easter, welche erstmalig in Wien zu sehen war.
Ihr hattet ja zuletzt eine regelmäßige Veranstaltungsreihe in der Pratersauna. Trifft euch dieser Wegfall hart? Ist diese Veranstaltung jetzt gestorben, oder nur übersiedelt?
Wie oben bereits erwähnt, war die Pratersauna aufgrund ihrer Weitläufigkeit für unsere Disco Citrus Vulgaris perfekt geeignet. Auch die Poolkonzerte und Poolpartys, die wir im letzten Sommer auf der Terrasse realisiert haben, waren nur dort möglich. Nicht zu vergessen war die Großzügigkeit ihrer alten Besitzer. Wir vermissen die Sauna sehr.
Es passiert ja gerade ganz viel im Hause Pomeranze. Was habt ihr, außer den Veranstaltungsreihen, noch für Projekte?
Wir stehen kurz vor der Veröffentlichung der Online Plattform PW-Magazine. Es widmet sich der Reflexion und Diskussion von Subkultur in und um Wien. Mit mehrheitlich englischsprachigen Texten möchten wir das Schaffen der Wiener Szene weltweit sichtbar machen, aber auch internationalen Künstlern in Wien zu mehr Aufmerksamkeit verhelfen. Die freie Redaktion besteht aus vielen aktiven Kulturschaffenden, was uns erlaubt aus besonderer Perspektive Gespräche zu führen und zu berichten.
Mit Malte Zander arbeiten wir an dem Musik Label Vacua Projects. Der USB Stick soll alternativer physischer Tonträger für zeitgenössische, elektronische Musik sein. Das Releasedatum geben wir bald bekannt.
Mehr Infos über Pomeranze und ihre Geburtstagsfeier am 14. Mai in der Grellen Forelle, findet ihr hier.