Working Class Heroes

Viele Menschen verbringen in Büros die meiste Zeit im Jahr. Obwohl viel vom flexiblen Büro geredet wird, in dem man sich wohlfühlen soll, sind Großraumbüros nicht unbedingt schlecht. Ein Interview mit den britischen Stardesignern Tom Lloyd und Luke Pearson über große Veränderungen und regionale Unterschiede.

TL: Überraschend für uns war, dass unsere neuen Bürolandschaften bei den Unternehmen der Kreativindustrie kaum ankamen. Es waren die großen Blue Chip-Konzerne, die zu den Early Adopters wurden. Die haben eine wirkliche Strategie für den Arbeitsplatz, sie verstehen den Vorteil für den Mitarbeiter und damit für das Unternehmen. Es geht ihnen auch überhaupt nicht darum, zu sagen: Oh, das sieht nett aus! Das Verhalten und die Aktivität der Mitarbeiter sind für sie entscheidend.

Dass die Grenzen zwischen Arbeit und Privatleben verschwimmen, ist mittlerweile allgemein akzeptiert. Ist es aber tatsächlich nötig, Arbeitsplätze "privater" zu machen, damit sich Mitarbeiter wohlfühlen?

TL: Als Idee ist das sehr stark. Aber in der Realität sehe ich das weniger. Büros müssen menschlicher werden, aber das heißt nicht automatisch, dass es wie zu Hause aussehen muss. Früher waren Büros wie Maschinen, die funktionieren müssen, heute ist eine andere Materialität gefragt, damit es humaner wird. Das Grau-in-Grau-Büro sollte ein Ende haben. Für uns als Designer ist es viel spannender als vor zehn Jahren, weil der ganze Büromöbelmarkt viel befreiter ist. Man kann viel mehr experimentieren, mit Materialien, mit Farben, mit flexiblen Funktionen.

LP: Diese "Revolution" hat natürlich mit den technischen Entwicklungen zu tun. Früher war ich mit meinen PC-Kobeln komplett eingeschränkt, das Wichtigste im Büro war, die Kabel unterzubringen. Man saß den ganzen Tag am gleichen Ort. Heute kann ich meinen Laptop überall mitnehmen. Das schafft neue Möglichkeiten.

Viele Firmen sehen die Anschaffung von Büromöbeln als reines Investment in die Infrastruktur. Deshalb sehen viele Büros so uninspiriert aus.

TL: Auch das hat sich geändert. Früher war es der Facility-Manager, der das entschieden hat. Heute ist die Möblierung eine strategische Entscheidung.

Andererseits ist das Großraumbüro heute Standard, obwohl es die meisten Angestellten hassen. Man hat den Eindruck, als würde Möbeldesign die Unzulänglichkeiten der Architektur kompensieren, in dem es zumindest eine brauchbare Raumstruktur hineinbringt.

LP: Ich würde es nicht kompensieren nennen. Natürlich gibt es die Standards bei Büros. Bei uns in London gehören ja die Büroimmobilien den Hedge Funds, denen es nur um Profit geht. Aber man muss auch die Vorteile des Großraumbüros sehen: Wenn man eine Organisation umstrukturieren muss – und das kann in unseren Zeiten immer wieder notwendig sein, um zu überleben – dann kann eine fixe Architektur sehr hinderlich sein. Möbel sind da ein fantastisches Tool, damit Firmen atmen können. Wahlmöglichkeit ist das Schlagwort für die heutige Arbeitswelt – für die Firmen, aber auch für die Mitarbeiter. Das Ideal ist, den bestmöglichen Ort für die Arbeit zu schaffen. Es geht ja darum, dass Mitarbeiter glücklich sind.

Viele Chefs sehen sich aber nicht zuständig für das Glück ihrer Mitarbeiter …

TL: Andererseits befinden sich die Firmen im Kampf um die besten Talente, und da zählt auch die Qualität des Arbeitsplatzes.

Die Masse der Mitarbeiter ist aber jederzeit ersetzbar. Da beschwert man sich lieber nicht über den Arbeitsplatz, sondern ist froh, dass man einen hat …

LP: Das stimmt zwar, aber jeder intelligente Manager weiß, dass man in einem beschissenen Arbeitsumfeld keine Mitarbeiter mit hohem Output haben kann. Zumindest nicht auf lange Sicht.

TL: Für uns ist es wichtig, Unternehmen im richtigen Augenblick zu erwischen. Am größten ist die Chance für einen Kulturwandel, wenn die Firma umzieht. Diese Gelegenheit muss man nützen.

Tom Lloyd und Luke Pearson waren Rahmen der Ausstellgung "American Diner" im MAK Wien zu Gast.

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