Erlebnisse wie »Resident Evil Biohazard« in First Person und VR brennen sich unvergesslich in die Erinnerung ein. Auch mit VR-Brillen – singulär oder als Extension des Handys – lassen sich beeindruckende Erfahrungen machen. Aber wenn man 4K-HDR-Grafik stundenlang bequem am 65-Zöller oder gar am Beamer erleben kann, warum sollte man sich dann ein Gerät über den Kopf stülpen? Technologien wie AR und VR werden oft misstrauisch beäugt. Johanna Pirker von der Technischen Universität Graz im Gespräch.
Obwohl im Handel und in der Industrie AR und VR gut angenommen und immer häufiger eingesetzt werden, ist die Akzeptanz beim Gamer noch verhalten. Woran liegt das?
Johanna Pirker: Ich weiß nicht, ob ich das so sehen würde, aber ich glaube, das sind dann die wirklich klassischen Gamer, die Core-Gamer, die wirklich traditionell am Computer klassische Computerspiele spielen. Aber grundsätzlich sieht man schon auch in der Games-Industrie den steigenden Einsatz von VR-Technologien. Spannend war ja zum Beispiel »Half-Life«, das wirklich extra für Virtual Reality entwickelt wurde. Und ich würde schon glauben, dass auch VR-Games, auch die, die aktuell besonders populär sind, ein ganz eigenes Genre bilden können.
Das ist genauso wie mit Mobile Games. Für sich hat das ein eigenes Publikum – und Ähnliches sehe ich auch bei Virtual-Reality-Games. Im besten Fall ist ein VR-Game ja nicht nur eine Abbildung von einem Spiel eins zu eins in einem klassischen Raum mit einer VR-Brille. Da können ganz andere Arten von Erfahrungen, ganz andere Arten von Spielen entwickelt werden.
VR funktioniert bei Games nach wie vor am besten mit Flug- bzw. Rennsimulationen und First-Person-Shootern. Welche Lösungen vor allem beim User-Interface, wären sinnvoll, um beispielsweise Jump-&-Run-Spiele oder MMORPG für VR interessant zu machen?
Das sehe ich genau nicht so. Mir wird beispielsweise leicht schlecht in Virtual Reality. Das heißt, wenn du mich in ein Flug- oder eine Rennsimulation in VR setzt, wird mir schlecht, weil die Bewegung in Virtuality nicht mit der Bewegung im realen Leben übereinstimmt. Spiele wie »Beat Saber«, bei dem man steht und Tanzbewegungen durchführt, sind die Spiele, die auch für mich und andere Menschen gut funktionieren, denen leicht schlecht oder schwindlig wird in der Virtual Reality.
Ich sehe das Spiel-Potenzial von VR vor allem auch in Erfahrungen, bei denen wir nicht einfach klassisches Gaming nachbauen. Also, wenn man wirklich diesen Virtual-Reality-Raum nutzt, ich mit der Umgebung interagiere, mich im Raum bewege, links und rechts schaue. Ich kann in die Hocke gehen. Ich kann da vielleicht Puzzleteile sehen. Auch Escape-Rooms funktionieren da ganz gut.
In puncto Second Screen und/oder AR-Funktionalität hat man, siehe PSP, Wii U oder Handy, bisher bei praktisch allen Gamer*innen auf Granit gebissen. Sind Technologien in Entwicklung, die daran in Zukunft etwas ändern könnten?
Es ist entscheidend, welches Interface man für welches Spiel verwendet. Wie zum Beispiel die Wii U oder Augmented Reality. Ähnlich wie vorher bei VR: dass man das auch für das Spieledesign nutzt. Natürlich muss man das Spielprinzip an die Technologie anpassen. Das kann nicht funktionieren, wenn ich einfach sage: »Ich habe zwar neue Möglichkeiten, aber ich mache nichts damit.« Das muss wirklich etwas sein, das einen Mehrwert liefert. Auch beim Handy haben wir das gesehen: Ab dem Zeitpunkt, wo der Fokus auf Touch-Capabilities so viel leichter war – Swipen, Reinzoomen –, musste mit diesen Möglichkeiten gearbeitet werden.
Wenn ich eins zu eins ein ähnliches FPS-Game aufs Handy portieren würde, mit den gleichen Controls, ohne irgendeinen Mehrwert – warum sollte ich das auf dem kleinen Screen spielen? Wenn ich doch die Möglichkeit habe, auf einem großen Screen viel leichter zu spielen. Wir müssen überlegen: Welche Arten von Spielen eignen sich dafür? Gibt’s neue Arten von Spielen, die für diese Technologien geeignet sind? Und wenn ich wirklich ein anderes Spiel adaptieren möchte: Was wäre der Mehrwert, mit der neuen Technologie zu spielen? Ich glaube, es ist egal, ob wir da jetzt von AR, VR oder anderen alternativen Formen von Input und Output und Devices reden.
Johanna Pirker ist Spezialistin und international anerkannte Expertin für Computerspiele, Augmented Reality und Virtual Reality sowie Initiatorin und Direktorin der Game Dev Days Graz. Sie forscht und lehrt an der Technischen Universität Graz.
Anlässlich unseres 25-Jahr-Jubiläums haben wir uns in The Gap 192 »25 Fragen zur Gegenwart« gestellt. Dieser Beitrag beantwortet eine davon.