Wenn es um die Frage geht, wie es um den österreichischen Film steht, dann lautet die Antwort stets: »Es könnte besser sein.« Finanzielle Förderung, Unterstützung des Nachwuchses und gesellschaftlicher Stellenwert sind seit Anbeginn des Filmschaffens im Land offene Baustellen. Doch es gibt auch Dinge, die man feiern kann – wie der Verband Filmregie in Österreich mit seiner Jubiläumsgala bewies.
Es mag nicht alles rosig sein in der österreichischen Filmlandschaft. Dass aber durchaus schon Erfolge erzielt wurden, dieser Botschaft verpflichtete sich die Jubiläumsnacht des Verbands Filmregie Österreich zum 30-jährigen Bestehen. Der Verband setzt sich seit 1989 solidarisch in allen filmpolitischen Fragen, bei Gagen und bei Herausforderungen wie digitalen Auswertungsmöglichkeiten und Streamingdiensten für seine Mitglieder ein. Am 29. November hieß es daher für die 140 Mitglieder und zahlreiche Gäste, einen Rückblick auf die letzten 30 Jahre zu werfen und eine Aussicht auf die Pläne der nahen Zukunft einzunehmen. Stichwort: mehr Anerkennung für den österreichischen Film im Inland.
Dieser proklamierte Mangel liegt weniger an politischer Färbung der Kulturpolitik, sondern daran, dass in Österreich noch eher die traditionelleren Künste gepflegt werden. »Es gibt manchmal im Kunst- und Kulturministerium Menschen, die sind filmaffin. In den meisten Fällen sind sie theateraffin. Das ist dann gar nicht so sehr die Frage aus welcher Couleur diese PolitikerInnen kommen«, erklärt Vorstandsmitglied Elisabeth Scharang einen Aspekt der Misslage. Der Verband wolle es sich somit unter anderem zum Auftrag machen, das Film-Erbe in Österreich endlich dem Theater-Erbe gleichzustellen.
International renommiert
Die Zahlen würden eigentlich für sich sprechen. Immerhin sei der österreichische Film laut Scharang der größte Exportschlager nach dem Neujahrskonzert und habe sich international einen Namen gemacht, indem er regelmäßig auf Festivals vertreten sei und Preise gewinne. Dass diese Präsenz nicht in die Endauswertung, die unter anderem auf heimische KinobesucherInnen-Zahlen schaut, einfließt, sei ein Problem, das den Verband belastet. »Wir haben keinen großen Markt in Österreich. Das heißt, dass wir zwar Publikum wollen, aber uns keinem ZuschauerInnendiktat unterwerfen, weil wir mit unseren Filmen, egal wie gut sie laufen, ohnehin keinen Gewinn machen können«, erklärt Scharang. Diese Ungebundenheit wiederum lotet die Grenzen in der Filmsprache aus und fördert deren Kreativität. Dabei entsteht eine Doppelwirkung – der Individualismus in der Umsetzung bringt zwar viel Anerkennung im Ausland, macht den Film aber hierzulande außerhalb des Festivalzirkus‘ für das breite Publikum oft schwerer zugänglich.
Für Scharang muss der Film daher weg von seinem reinen Unterhaltungsstigma. Die zentralen Forderungen, die der Verband der Filmregie bei seiner Gala daher formulierte: eine längst anstehende Aufwertung des österreichischen Films in der Kultur- und Bildungspolitik, eine wendige Nachwuchsförderung, aktive Maßnahmen gegen die Altersarmut von Kunst- und Filmschaffenden, Film als Teil der Bildung an Schulen und die Rückkehr des österreichischen Kinofilms in den Hauptabend von ORF 1 und ORF 2. Über allem steht die Forderung nach einer beständigen Anhebung der Filmfördermittel.
Vor allem der Nachwuchs müsse die Chance bekommen, sich schneller zu etablieren, wie Scharangs Vorstandskollegin Theresa Kotyk unterstreicht: »Wir haben die Situation in Österreich, dass man relativ schnell einen ersten Spielfilm oder Dokumentarfilm machen kann, und dann folgt eine lange Pause, weil es viel schwieriger ist einen zweiten oder dritten Film zu machen.« Junge Filmschaffende würden sich daher nach dem Erstling erst wirklich behaupten müssen, damit sie überhaupt ein Teil der heimischen Filmszene werden können. Dass es viele vom Film zum Fernsehen verschlägt, ist in Scharangs Augen jedoch ein Gewinn. Fernsehen würde heutzutage mit seinem Mini-Series-Format und seinen ausgezeichneten Produktionsmitteln eine gute Plattform für breiteres Storytelling bieten. Zudem bedeute die Arbeit fürs Fernsehen, dass die Leute beschäftigt bleiben.
Auf dem Weg zur Gleichstellung
Dieses Manifest des Vorstands, dass nach Solidarität und Gleichstellung zwischen Geschlechtern und mit anderen Künsten ruft, erhielt unter den anwesenden Gästen wie David Schalko (»M – Eine Stadt sucht einen Mörder«), Barbara Albert (»Licht«), Ulrich Seidl (»Paradies: Liebe«), Marie Kreutzer (»Der Boden unter den Füßen«) oder Paulus Manker (»Weiningers Nacht«) viel Zustimmung. Einen Schritt entgegen kam die Wiener Kulturstadträtin Veronica Kaup-Hasler. Sie kündigte unter Applaus an, dass das Filmbudget 2020 um 1,1 Millionen erhöht werden würde. Filmfestivals würden damit mit einer Million Euro unterstützt werden.
In Sachen Frauengleichstellung sei man zwar noch nicht am Ziel, aber der Vorstand des Verbandes, betont Scharang stolz, würde immerhin inzwischen von drei Männern und drei Frauen geführt werden. Das sei ein wichtiger Fortschritt im Vergleich zu den Anfängen des Verbands, der damals noch eine reine Männerrunde war, wie sich Regisseurin Kitty Kino in einem Rückblick auf das Jahr 1989 erinnert. »Die Männer wollten dann doch wieder unter sich sein, nachdem sie mit der Einführung der Filmförderung 1980 gemerkt hatten, dass wir Frauen auch Filme machen können.«
Dass man mit dem Wandel der Zeit geht, bewies auch die amüsiert aufgenommene Ankündigung, dass der Verband ab 2020 in Zusammenarbeit mit der unabhängigen Rechercheplattform Dossier einen »Ibiza-Preis« verleihen werde. »Es ist wichtig, die Werkmächtigkeit besonderer Filme zu würdigen«, erklärte Regisseur Franz Novotny, der die Idee zu diesem Preis hatte. Mögliche PreisträgerInnen seien etwa die Videos von Polizei-Übergriffen, die heuer ihre skandalträchtigen Kreise gezogen hatten. Der Preis, der »das Demokratie-Verständnis schärfen soll«, wird erstmals im Jänner 2020 verliehen.
Der Verband Filmregie Österreich feierte am 29. November im Odeon Theater Wien mit einer Vielzahl an Gala-Gästen sein 30-jähriges Jubiläum.