Dein Lieblingsartist geht wählen, und du? Zahlreiche österreichische Künstler rufen aktuell im Rahmen der Initiative O5 dazu auf, vom Wahlrecht Gebrauch zu machen. Letzte Woche releasten Demolux, Kreiml, Ali Capone, Appletree, Syc Tyson, Svaba Ortak, Def Ill und Jamin zudem einen Track, produziert von Brenk Sinatra, wir präsentieren heute das dazugehörige Video.
Zugegeben, der diesjährige Wahlkampf ist zum Teil einfach nur abgefuckt. Nach einer Bundespräsidentenwahl in mehreren Akten, deren Wahlkampf sich über zähe sieben (!) Monate zog, steht nun die Nationalratswahl an und einige Parteien geben viel dafür, den Wahlkampf erneut so unangenehm wie möglich zu gestalten. Das ist schon ein bisschen oasch, deshalb nicht zur Wahl zu gehen aber noch viel mehr. Während es bei der Bundespräsidentenwahl letztendlich um eine Wahl zwischen Hofer und Van der Bellen und damit gewissermaßen eine Wahl zwischen Rechts und Links ging, steht jetzt eine ganze Reihe an Kandidaten zur Auswahl, deren Wahlprogramme man erstmal durchackern muss, deren Kampagnen man überblicken muss. Das ist nicht ganz so einfach und man verfällt in alte, gewohnte passive Schemata zurück. Von Nazars „Brudi Van der Bellen“ ist im Moment ebenso wenig zu sehen wie von selbstorganisierten Raves für die Kandidaten.
Doch es gibt auch in diesem Wahlkampf wieder politische Projekte und Aktionen, die von einer breiten Basis an Musikern unterstützt werden. Ein Beispiel dafür ist die Initiative »O5«, die vor allem den Fokus auf die Wahlbeteiligung von jungen Erwachsenen legt. Dabei steht jedoch keine Wahlempfehlung im Vordergrund, vielmehr verschreibt sich das Projekt der politischen Partizipation junger Bürger, die sich von der Politik nicht verstanden und abgehängt fühlen und will diese dazu bewegen an Politik und Demokratie teilzunehmen und zur Wahl zu gehen.»Politik hört nicht auf dich? Verschaff dir gehör! Politik vetrifft dich nicht? Denk nochmal nach! Läuft Politik in die falsche Richtung? Dann ändere sie! Du fühlst dich ignoriert? Mach dich bemerkbar!« heißt es dort etwa. Die Liste der Unterstützer wächst immer weiter, von 5/8ers in Ehren, über Jugo Ürdens und Elektro Guzzi bis hin zu Turbobier, eine vollständige Auflistung gibt’s hier.
Der Name O5 bezieht sich übrigens auf einen historischen Code, der für den parteiübergreifenden Widerstand der ÖsterreicherInnen gegen Faschismus und Nationalsozialismus steht. 5 steht dabei für den fünften Buchstaben im Alphabet – E. Zusammengesetzt mit dem Buchstaben O bedeutet das Kürzel also OE beziehungsweise Ö, als Abkürzung für Österreich. Die bekannteste Erinnerung daran ist das O5-Zeichen am Wiener Stephansdom.
Ganz neu ist die Initiative zur Steigerung der Wahlbeteiligung dabei nicht. Bereits vor einiger Zeit hat der britische Fotograf und Regisseur Josh Cole in Großbritannien das Projekt »Rize Up« ins Leben gerufen. Auch hier engagierten sich zahlreiche Künstlerinnen und Künstler, die sich gewohnt eher nicht politisch äußerten und riefen zur Teilnahme an den Wahlen auf. Das erstaunliche Ergebnis waren knapp zwei Millionen zusätzliche Wähler unter 35 Jahren.
Einen ähnlichen Erfolg erhoffen sich auch die Initiatoren und Beteiligten von O5. Bereits seit Wochen erhält das Projekt immer größeren Zulauf und Unterstützung von zahlreichen namhaften Künstlern aus der österreichischen Musikszene. Inzwischen wurde mit »Wer schweigt stimmt zu« auch der passende Track zur Initiative produziert und veröffentlicht. Bei der Gemeinschaftsproduktion mit dabei waren Demolux, Kreiml, Ali Capone, Appletree, Syc Tyson, Svaba Ortak, Def Ill und Jamin, produziert hat den Track Allstar Brenk Sinatra.
Wir haben Apple Tree und Brenk ein paar Fragen zur anstehenden Wahl und der aktuellen Kollaboration gestellt:
Habt ihr in eurer Jugend regelmäßig gewählt? Wenn ja: Warum war das für euch immer schon wichtig? Wenn nein: Warum nicht? Was hätte anders sein müssen?
Appletree: Ich war immer schon politisch interessiert und hab soweit ich mich erinnere kaum eine Wahl bei der ich wahlberechtigt war ausgelassen. Es ist zu einfach sich nur zu beschweren und gleichzeitig nicht mal seine 8 Millionstel Stimme zu nutzen. Speziell in Zeiten von Hetze und Populismus ist es wichtig menschliche Werte zu unterstützen und vor Allem unmenschliche Werte einzudämmen.
Brenk: Ich hab eigentlich noch nie gewählt, weil ich absurderweise technisch nicht wählen kann, obwohl ich in Wien geboren bin und mit jeder Faser Wiener. Ich habe noch immer einen slowakischen Pass, habe mich aber nicht wirklich bemüht mir einen Pass zu holen, weil ich mir gedacht habe „okay die sind eh in der EU, bringt jetzt eh nichts bei Ämtern anzustehen und viel Geld zahlen“. Deswegen kann ich nicht wählen, was eigentlich ziemlich absurd ist.
Wie lief die Kollabo für den Track ab? Es haben ja schon recht viele Leute dran mitgearbeitet, irgendwelche Anekdoten, irgendwelche Uneinigkeiten?
Appletree: Michi von O5 hat mich angerufen und mir lang und breit über das Projekt erzählt und ich hab noch am Telefon zugesagt. Bei so einer großen Collabo ist es natürlich nicht einfach alles zu timen und hinzubekommen. Ich bin wirklich geflasht wie tight alles abgelaufen ist. Wirklich jeder einzelne Artist hat überdope abgeliefert. Es war schön zu merken, dass es jedem eine Herzensangelegenheit war ein Zeichen zu setzen. Bei sowas besteht ja oft auch die Gefahr das schnell mal was hingefetzt wird oder gar für eigene PR Zwecke genutzt wird. Man merkt, dass jedes Wort auf dem Song auch wirklich so gemeint ist.
Brenk: Ich weiß aus Erfahrung, dass es immer schwierig wird, wenn mehr als drei vier Leute beteiligt sind. Jeder hat Schedules und der eine kann da nicht und der andere kann da nicht und es ist halt immer schwierig das Ganze zu kombinieren. Aber die Jungs haben das echt gut gemacht und es hat super funktioniert. Das zusammen zu organisieren und es hat super funktioniert. Die Nummer ist auch wirklich gut geworden. Das war für mich auch mit der Ansatz, das überhaupt zu machen: ein guter Track mit cooler Message, bei dem jeder sagt, was er eben zu sagen hat. Mir war wichtig, dass es musikalisch auch richtig geil und nicht peinlich ist. Es gibt nichts schlimmeres als peinliche Politnummern. Außerdem sollte es keine direkte Parteiwerbung sein, weil das soll jeder für sich entscheiden. Es geht eigentlich nur darum, dass die Leute auch wirklich wählen gehen.
Die Hip Hop/Rap-Szene ist bei o5 vergleichsweise stark vertreten, warum glaubt ihr ist das so?
Appletree: HipHop war schon immer eine Kultur, die für Offenheit, Toleranz und Meinungsfreiheit gestanden hat. Schon in der Vergangenheit haben Acts wie Public Enemy oder NWA gezeigt, dass Rap als Sprachrohr dient milde gesagt auf Missständen aufmerksam zu machen. Ich schreibe Tracks weil ich etwas zu sagen habe. Wenn Du nix zu sagen hast solltest auch nicht rappen. Abgesehen davon hat man als Rapper lyrisch halt auch die Möglichkeit mehr zu sagen als beispielsweise auf einem Muschi House Track oder dergleichen. Zumindest hat mich bisher noch kein Saxophon Chord politisch inspiriert (lacht).
Brenk: Wenn man sich jetzt so ein bisschen die Hip-Hop-Szene ansieht ist das jetzt nicht unbedingt etwas überraschendes, eigentlich hat es ja so begonnen. Also begonnen hat es so partymäßig, es ist dann irgendwann Anfang der 90er, Ende der 80er sehr politisch geworden und ich muss auch dazusagen: Ich bin jetzt nicht der größte Fan von Politrap, für mich ist alles was sich gut anfühlt auch musikalisch gut. Politrap ist oft sehr verkopft, auch amerikanischer Politrap, und das ist mir dann manchmal bisserl zu schwere Kost, obwohl ichs an sich gut finde. Es war aber nie so meine Welt, nichts wo ich gesagt habe „okay, das muss ich unbedingt machen in meiner Karriere“. Aber wenn es sich ergibt und es etwas bringt wie jetzt – und ich bin mir sicher, dass es etwas bringen wird bin ich sofort dabei. Und vor allem ist es musikalisch richtig gelungen, also insofern war ich da Feuer und Flamme.
Vor der Bundespräsidentschaftswahl haben beispielsweise Mirac, Demolux, P.Tah ja schon einen Track releast, der eine sehr klare Wahlempfehlung abgibt. Geht das bei der NR-Wahl auch in der Form? Würdet ihr das machen?
Brenk: Wie schon zuvor erwähnt: Direkt für eine Partei würde ich keinen Track machen. Es gibt für mich auch keine Partei die ich hundertprozentig unterstütze. Es gibt Leute, die ich gut finde, es gibt Leute, die ich gar nicht gut finde und da ist es oft so – auch wenn ich das Wort nicht so gerne mag – dass man das geringe Übel wählt. Aber es ist einfach manchmal der einzige Weg. Das war auch bei uns der Ansatz bevor wir das Ding gestartet haben, dass die Leute jetzt nicht unbedingt die Parteien aufzählen sollen oder sagen „ich wähle den oder den“, sondern dass es darum geht, dass die Leute einfach wählen gehen. Wen sie wählen ist jedem selbst überlassen.
Appletree: Ich muss sagen dass ich eigentlich mit keiner Partei wirklich zufrieden bin und zum jetzigen Zeitpunkt für niemandem Namedropping betreiben würde. Maximal im negativen Sinne wie z.B. damals beim Anti Strache Rapcontest im alten Planet. Bei uns geht es darum den Menschen bewusst zu machen ihre Stimme zu nutzen. Ich kann nur jedem ans Herz legen sich nicht von Falschmeldungen und hetzerischen Kampagnen fehlleiten zu lassen. Klar geht es vielen nicht gut in Österreich aber den eigenen Frust auf dem Rücken von Menschen auszutragen, die weit größere Probleme haben als wir ist definitiv nicht der richtige Weg. Jemandem zu helfen heißt nicht automatisch riesengroße Abstriche bei sich selbst zu machen.
Wie politisch darf oder muss Musik eurer Meinung sein?
Appletree: Das ist nicht so einfach zu beantworten. Ich bin selbst kein Fan davon, wenn Musik zu politisch wird. Gleichzeitig empfinde ich Ekel vor Personen der Öffentlichkeit die Ihre Reichweite nicht nutzen, weil Sie Angst davor haben Fans zu verlieren oder weniger zu verkaufen. Jeder Mensch der in der Öffentlichkeit steht hat gleichzeitig eine Verantwortung.
Brenk: Musik darf und muss alles. Ich bin ich auch kein Fan von großen Genrebezeichnungen. Was sich gut anfühlt ist gut. Wenn jemand von Herzen Politrapp macht, wünsche ich ihm nur das Beste. Das ist nicht ganz mein Ding, aber das hat natürlich eine Daseinsberechtigung und ich finds sehr gut, dass sich Leute engagieren.
Die Nationalratswahl findet am 15. Oktober 2017 statt, alle Informationen rund um die Wahl findest du hier, eine Wahlkarte kannst du hier beantragen. Mehr Informationen zu o5 gibt’s hier.