Das ehemalige Gschwandner in der Geblergasse in Hernals wird zum „Reaktor“ und soll künftig Raum für Kunst und Veranstaltungen bieten. Ermöglicht wurde das durch einen privaten Käufer.
Das „Grand Etablissement Gschwandner“ in Hernals galt einst als eine der beliebtesten Vergnügungsstätten der Wiener Vorstadt und bot Raum für Konzerte, Bälle, Filmvorführungen und sogar Boxkämpfe. In den 60er Jahren schloss der Familienbetrieb seine Pforten, die drei großen, mittlerweile unter Denkmalschutz stehenden Hallen wurden als Lager genutzt, verschwanden allerdings aus der öffentlichen Wahrnehmung. Mit der einst als glorreich festgehaltenen Vergangenheit der Immobilie will sich der neue Käufer, Filmemacher Bernhard Kammel, nur am Rande beschäftigen. „Die alte Geschichte des Gschwandners ist vorbei, es gab kulturelle Veränderungen und das Konzept ist so nicht weiterführbar. Für mich sind das tolle Räume, die ich historisch-kritisch in Ruhe lassen möchte und nur den Anforderungen des Veranstaltungsgesetztes genügend mit einer Belüftungsanlage versehen habe. In den zwei kleineren Sälen wurden zudem Schallschutzvorkehrungen getroffen“, so Kammel.
Unter dem Namen „Reaktor“ soll das Gschwandner künftig wiederbelebt werden und als Raum für Ausstellungen und Veranstaltungen dienen. Erfolgreiche Wiederbelebungsversuche des einstigen Heurigen gab es schon 2012: Im Rahmen einer Zwischennutzung fanden dort etwa das Impulstanz-Festival, SOHO in Ottakring und die Vienna Design Week temporär Platz. Die anschließend geplante größere Renovierung scheiterte letztlich an der Finanzierung. Auch Bernhard Kammel hatte zunächst Zweifel: „Ich habe mich zuerst dagegen gewehrt, das Objekt zu kaufen, weil ein Projekt wie dieses eine große Herausforderung ist. Gleichzeitig war ich aber sofort infiziert von den Räumlichkeiten“ Die Säle des ehemaligen Gschwandner nutzte Kammel schon im vergangenen Sommer als Drehort für seinen Film „Elysium Hernalsiense“, der im September in Montreal seine Weltpremiere hatte, und im Jänner in Wien, in eben jener Location, Österreich-Premiere feiert. „Es ist sehr selten, dass ein Film in dem Raum, in dem er aufgenommen wurde, vorgeführt werden kann“, schwärmt Kammel. Im Rahmen der Filmpremiere wird der Reaktor auch offiziell eröffnet, davor wird die Venue bereits von Fremdveranstaltern genutzt, Ende Oktober im Rahmen des Festivals „The Future of Demonstration“, im November im Zuge der Vienna Art Week.
Fremdveranstaltungen finanzieren Kunst
In Zukunft soll der Reaktor einerseits von externen Veranstaltern und Firmen gemietet werden können, andererseits soll der Raum Platz für Kunst bieten. „Wir staffeln die Mieten, je nachdem, wer der Klient ist. Die Kunst, die dort stattfindet, fungiert als eine Art Aufwertung des Standorts, die Vermietung ermöglicht auf der anderen Seite, dass man dort Kunst zeigen kann, obwohl damit kaum Einnahmen erzielt werden können“ so Kammel. Dabei will man bewusst unabhängig von staatlichen Förderungen bleiben und einen Ort erschaffen, in dem „eine authentische Kommunikation zwischen Künstlern und Kunstliebhabern, die dabei nicht erzogen, geleitet oder aufgeklärt werden“, stattfinden soll. Insgesamt stehen im Reaktor künftig drei große Säle zur Verfügung: Der große Saal wird zum Ausstellungsbereich, das Kino und die Bibliothek können für Veranstaltungen genutzt werden. Für das Programm und die Bespielung verantwortlich zeigt sich das Reaktor-Team, bestehend aus Eigentümer Kammel, sowie Anna Resch und Sebastian Jobst, die bereits bei der ersten Zwischennutzung der Immobilie involviert waren.
Von 17.2. bis 20.2. wird die Eröffnung des Reaktors gefeiert, unter anderem mit einer Lecture Performance des Medienkünstlers Aram Bartholl am Samstag und der Erstaufführung von Bernhard Kammels Spielfilm Elysium Hernalsiense am Samstag im Reaktor Kino. Mehr zum Programm hier.