Gestern wurde das Elevate Festival in Graz feierlich eröffnet. Heute Abend folgt eines unserer persönlichen Highlights: Dorian Concept und Zanshin setzen sich Donnerstag Abend im Mausoleum im Rahmen einer Auftragsarbeit mit dem Max Brand Synthesizer auseinander.
Dorian Concept und Zanshin sind keine Unbekannten am Elevate Festival. Im letzten Jahr präsentierte Dorian Concept sein Album »The Nature of Imagination« im Orpheum mit einer eindrücklichen A/V-Show, bei der man ihm via Videoprojektion ganz genau auf die Finger schauen konnte. Gregor Ladenhauf war sowohl solo als Zanshin als auch im Duo mit Ogris Debris bereits am Elevate zu Gast, leitete vor einigen Jahren einen Max-Brand-Synthesizer-Workshop am Elevate und ist auch in diesem Jahr gleich doppelt vertreten: Bereits gestern hat er die Installation »The Entropy Gardens« gemeinsam mit Leonhard Lass als Depart im Orpheum präsentiert.
Der heutige Abend im Mausoleum ist dennoch eine Premiere und zugleich ein Highlight am diesjährigen Elevate Festival. Die Kulisse im Mausoleum passt perfekt zum einzigartigen Stargast des Abends – dem Max Brand Synthesizer. Synthesizer-Pionier Bob Moog kreierte in den 60er-Jahren nach Plänen des österreichische Komponisten Max Brand einen der ersten modularen Synthesizer, von dem bis heute sowohl musikalisch als auch technisch eine große Faszination ausgeht. Gregor Ladenhaufs Erfahrung im Umgang mit diesem ganz besonderen Instrument wird ergänzt durch Dorian Concepts einzigartigen musikalischen Zugang. Gemeinsam präsentieren sie heute ihre Auftragsarbeit unter dem Titel »Half Chance«. Im Interview hat uns Gregor Ladenhauf kurz vor ihrem gemeinsamen Auftritt erzählt, wo die Herausforderungen in der Zusammenarbeit lagen und warum es heute Abend trotz langfristiger Vorbereitung dennoch zu Überraschungen kommen könnte.
Was waren eure ersten Gedanken, als ihr mit dem Elevate-Team über diese Auftragsarbeit gesprochen habt?
Gregor: Der erste Gedanke war vermutlich: »Wow!« Ich hatte den Synthesizer schon seit circa zwei Jahren nicht mehr besucht – manchmal nennen wir ihn auch liebevoll »Opa« – und dementsprechend war es ein schöner Gedanke die alten Schaltkreise wieder einmal in Schwung zu bringen. Das Thema des Festivals, »Human Nature«, war dann der Ausgangspunkt für Überlegungen wie wir diese Arbeit am besten in Angriff nehmen könnten.
Was macht den Max Brand Synthesizer so besonders?
Gregor: Was den Synthesizer so besonders macht, ist auf der einen Seite seine Architektur, bzw. die Art der Klangerzeugung, die in gewisser Weise dem Mixturtrautonium von Oskar Sala nachempfunden ist und natürlich die Tatsache dass Godfather Robert Moog himself entscheidend an der Entwicklung des Geräts beteiligt war. Der Synthesizer ist ein sehr charaktervolles Instrument und bietet eine großartige Spielbarkeit trotz seiner Limitationen und ist einfach ein Unikum.
Hattet ihr davor schon einmal in irgendeiner Form Kontakt mit dem Max Brand? Die Faszination innerhalb der österreichischen Musikszene keimt ja immer mal wieder auf, am Elevate gab es vor einigen Jahren schon einmal einen Workshop…
Gregor (schmunzelnd): Ja, den Workshop habe ich damals gehalten. Grundsätzlich war es so dass die Komponistin Elisabeth Schimana für die IMA-Ausstellung »Zauberhafte Klangmaschinen« in Hainburg den Synthesizer (mit tatkräftiger Unterstützung von Wolfgang Musil von der Elak) sozusagen revitalisiert und transportabel gemacht hat. Elisabeth hatte dann die Idee für eine Komposition namens »Höllenmaschine«. Ich habe damals in der Ausstellung Führungen gemacht und war natürlich auch sehr interessiert am Synthesizer. Ich durfte dann Elisabeth dabei assistieren, die Funktionalität des Synthesizers verstehen zu lernen. Das Stück wurde dann an unterschiedlichsten Orten (Moskau, Kiev, Ars Electronica, Elevate Festival, Konzerthaus) aufgeführt mit Manon Liu-Winter als Keyboardoperatorin und mir als Klangoperator. Ich habe also schon sehr viel Zeit mit dem Synthesizer verbracht und kenne viele seiner Eigenheiten, Vorzüge und auch Macken. Es ist immer wieder gleichzeitig eine Freude und Herausforderung mit dem Synthesizer zu arbeiten, denn auch wenn ich als Produzent viele Synthesizer benutze, ist dieses Gerät doch irgendwie ein Einhorn unter den Klangerzeugern.
Es war eine tolle und spannende Aufgabe und vielleicht auch ein logischer Schritt, Olivers virtuoses Keyboardspiel und den einzigartigen Klang des Max Brand Synthesizers zu verbinden. Insofern gebührt dem Elevate Festival, in diesem Fall Roland Oreski, grosser Dank für die Anregung und Initialzündung dieser Idee. Dadurch dass alle Beteiligten seit vielen Jahren befreundet sind und auch viele gemeinsame musikalische Vorlieben und Überschneidungen haben verlief die Zusammenarbeit bis auf wenige Lagerkollermomente sehr entspannt und schlüssig. Wir hatten uns gewisse Ziele gesetzt und uns diesen in vielen Proben und Arbeitschritten angenähert.
Wo lagen für euch die größten Herausforderungen und vielleicht auch die größten Unterschiede in der Herangehensweise, wenn ihr die Auftragsarbeit am Elevate mit euren sonstigen Live-Performances vergleicht?
Gregor: Eines unserer Hauptanliegen, das sich mit der Zeit herauskristallisiert hat, war es, dass wir versuchen wollten, Unterbrechungen zu vermeiden sondern flüssige Übergänge zwischen den unterschiedlichen musikalischen und klanglichen Momenten zu erzeugen. Gerade Synthesizer eignen sich hervorragend für diesen plastischen und skulpturalen Zugang an Musik. Die endgültige Komposition hat sich also sehr organisch entwickelt und beinhaltet gleichermassen motivische Inhalte aber auch genug Spielraum für Improvisation.
Die größte Herausforderung ist es im Endeffekt, die spannendsten Momente die sich beim Experimentieren ergeben haben, auch mit derselben Energie wieder zu erzeugen ohne sich zu starr darauf zu fixieren und dadurch unflexibel zu werden. Insofern haben wir eine schöne Schnittmenge gefunden aus klassisch motivischer Komposition und Improvisation. Wir haben uns auch im Prozess entschieden ohne Netz und doppelten Boden aufzutreten, es gibt also keine andere Klangquelle als den Synthesizer. Was wiederum beinhaltet dass sich auch Fehler einschleichen können, denn auch wenn der Synthesizer für sein Alter immer noch wirklich sehr gut in Schuss ist, kann es immer wieder passieren dass ein Kontaktfehler oder eine falsche Einstellung plötzlich alles durcheinanderbringen. Deswegen auch der Titel »Half Chance«.
Der Ort der Uraufführung, das Mausoleum in Graz, bringt eine weitere Problemstellung mit sich, die zugleich Segen und Fluch darstellt. Auf der einen Seite profitiert der trockene, unmittelbare Sound eines Synthesizers enorm vom naturgegebenen Hall der Örtlichkeit, andererseits mussten wir diesen Umstand auch stets mitdenken und simulieren weil das Instrument in der Lage ist sehr sehr tiefe subharmonische Frequenzen zu erzeugen die einen Raum schnell überfordern können. Alles in allem eine wunderbare Herausforderung!
Wo liegt der Unterschied darin, nicht nur eine Bühne, sondern im Endeffekt ein Musikinstrument zu teilen?
Gregor: Der größte Unterschied zu unseren Auftritten als Soloartists ist vermutlich, dass wir in diesem Fall wirklich synergetisch gemeinsam verantwortlich sind. Wir sind es sonst gewohnt die Kontrolle über alle Parameter allein in der Hand zu haben. Gerade das macht diese Art der Zusammenarbeit dann aber auch spannend und interessant, denn der gezielte Kontrollverlust bedingt ein großes Vertrauen und bewirkt überraschende Ergebnisse im Zusammenspiel. Gerade die Kombination von harmonischer Virtuosität und Klangformung birgt unserer Meinung nach noch sehr viel Potential, besonders für die Live-Situation.
Das Elevate Festival findet von 4. bis 8. März in Graz statt, das gesamte Programm findet man hier. The Gap präsentiert den heutigen Abend am Donnerstag, den 5. März, im Mausoleum. Zanshin und Dorian Concept spielen um 22 Uhr.