Existenzialistischer Indie-Pop, aufwühlend und voller Widersprüche – Porridge Radio sorgen mit »Every Bad« für ein frühes musikalisches Highlight im immer noch jungen Jahr 2020.
»Rock’s not dead, it’s ruled by women«, verlautbarte vor zwei Jahren die New York Times. Es war eine Anspielung auf die andauernde Irrelevanz von Gitarrenmusik für den Mainstream und das gleichzeitige Brodeln unter dessen Oberfläche, für das eine Reihe von spannenden, oft auch politischen Bands verantwortlich war, die (zumindest zu erheblichen Teilen) aus Frauen bestanden bzw. bestehen. Die Dringlichkeit ihrer Musik, radikale Intimität und forscher Nachdruck ließen so manch dürre Indie-Boyband gleich noch ein Stück magerer ausschauen.
Erfreulicherweise hat sich die Lage insofern normalisiert, als dass das stete Nachrücken aufregender weiblicher Acts – von Courtney Barnett über Diet Cig und Snail Mail bis Nilüfer Yanya – nicht mehr enden zu wollen scheint. Und mit Porridge Radio rund um Dana Margolin setzt das junge Jahr 2020 die Reihe gleich mal mit neuer Lieblingsmusik fort.
Anziehend aufwühlend
»Every Bad« (Secretly Canadian, VÖ: 13. März) ist zwar nicht ihr Debütalbum, aber das erste, für das die aus Brighton stammende Band in ein Studio gegangen ist. Dessen getrieben wirkender, existenzialistischer Indie-Pop macht auf anziehende Weise leicht unrund. Zum Feiern ist einem nach diesen aufwühlenden, mit Widersprüchen spielenden Ausführungen eher weniger zumute. Auch wenn sich einzelne Songs ruhiger, harmonischer anlassen, schonungslos im Ausdruck sind sie alle. Ein emotionales Crescendo führt ins nächste, bis es im letzten Stück schließlich heißt: »There’s nothing inside.« Alles rausgekotzt, wie es der Pressetext umschreibt.
Gutes Neues steht uns demnächst außerdem von Hinds ins Haus. Die Spanierinnen haben ihr Angebot auf »The Prettiest Curse« (Lucky Number, VÖ: 3. April) um lupenreinen Pop erweitert, Lo-Fi-Geschrammel können sie aber auch immer noch. Mit dem aus der Zeit gefallenen »Yesterday Is Gone« (Full Time Hobby, VÖ: 27. März) stellt sich wiederum Dana Gavanski, Kanadierin mit serbischen Wurzeln, als etwas konkreter agierende Seelenverwandte von Folk-Freigeist Julia Holter vor. Und ja, Männer machen auch noch gute Musik. Dazu dann vielleicht beim nächsten Mal mehr.
Für die Rubrik »Neigungsgruppe Indie« durchforstet The-Gap-Herausgeber Manuel Fronhofer den internationalen Pop-Underground.