Mit ihrem neuen Album ist die Band Culk zum KritikerInnenliebling avanciert. Zwischen den Zeilen finden wir auf »Zerstreuen über euch« mehr als nur Wörter.
In der Mitte des Begriffs »Verantwortung« steckt die Antwort auf eine jener Fragen, die sich die Wiener Band Culk auf ihrem zweiten Album stellt: Warum ist jedes Sprechen immer auch ein Versprechen? Weil kein Wort, egal wie dick es zuvor mit Luftpolsterfolie umwickelt wurde, je frei von Macht und Verantwortung sein kann.
Aber auch die Nicht-Worte, die Culk schon seit ihrem Debütalbum begleiten, sind mächtig. Sie können sogar zu Ohnmacht führen, singt Sophie Löw mit zwischen Trance und Trotz changierender Stimme im Stück »Dichterin«. Es ist auch jener Song, in dem sich die Themen, derer sich Löw, Johannes Blindhofer, Benjamin Steiger und Christoph Kuhn auf »Zerstreuen über euch« annehmen, auf besonders eindringliche Weise verdichten. Kurz zusammengefasst: Es geht darum, dass Worte nicht nur sichtbar, sondern auch unsichtbar machen können.
»Zerstreuen über euch« ist kein Album, das Mut macht. Dafür ist es – so deprimierend das in diesem Zusammenhang auch klingen mag – einfach zu ehrlich. Und auch der zwischen Shoegaze, Post-Punk und New Wave angesiedelte Sound, der vor allem durch Sophies einprägsame Stimme zusammengehalten wird, möchte dieses Gefühl nicht so recht aufkommen lassen. Aber das Album bietet die Möglichkeit anzuknüpfen, und zwar nicht mit einfach wieder aufzulösenden Luftmaschen, sondern mit festen Knoten, die tatsächlich Halt geben.
Auf »Zerstreuen über euch« wird eine klare Haltung vermittelt, von Zerstreuung ist zumindest auf inhaltlicher Ebene nichts zu spüren. Eher ist es der Sound, der einen abdriften lässt in scheinbare Widersprüche und eigene Geschichten. Denn für Erzählungen abseits vor- und immer wieder abgeschriebener Rahmenhandlungen ist auf diesem Album auf jeden Fall genug Platz. Größe und Form dieses Rahmens selbst festzulegen, dazu ermutigen Sophie und ihre Bandkollegen auf »Zerstreuen über euch« nämlich schon.
»Zerstreuen über euch«, das zweite Album von Culk, ist bei Siluh Records erschienen.