Wenn man zwischen den eingespielten Tonspuren und den vielen Samples auf einem Album nicht mehr unterscheiden kann, hat eventuell der österreichische DJ und Producer Urbs die Finger im Spiel. Sein neues Album »Geheimland« ist soeben erschienen.
Nach einer längeren Schaffenspause meldet sich Urbs dieser Tage mit einem neuen Longplayer zurück, den er – wie könnte es anders sein – als seinen besten überhaupt bezeichnet. Aufgenommen hat er das Album 2020, das Jahr, in dem ganz plötzlich alles anders war. Natürlich will niemand daran erinnert werden – an die Pandemie, die vielen Lockdowns und die verdammte Verlorenheit. Aber genau in dieser Phase ist das neue Urbs-Album entstanden. Und um ein mögliches Missverständnis gleich im Vorfeld auszuräumen: »Geheimland« ist trotz der Begleitumstände kein Depri-Album geworden.
Ein spezielles Projekt
Urbs war damals fasziniert von der unvoreingenommenen kindlichen Wahrnehmung und endlosen Fantasie seines Sohnes. Die Begeisterung für alltägliche Dinge, denen Erwachsene kaum mehr Beachtung schenken, inspirierte den Musiker dazu, neue Tracks aufzunehmen. So wurde »Geheimland« während des ersten Lockdowns zu einem speziellen Projekt, mit dem er seine musikzentrierte Sichtweise auf die Welt dokumentieren wollte.
In den späten 1990er-Jahren erregte Urbs mit seinen Hip-Hop- und Trip-Hop-Produktionen einiges an Aufsehen – nicht nur in Wien, sondern auch international. Man denke etwa an den Remix des Tracks »Closer to God« von der in Washington, D.C., beheimateten Thievery Corporation. Mit »Geheimland« lässt Urbs diese musikalischen Wurzeln nun mehr oder weniger zurück. Die früher tonangebenden Beats treten in den Hintergrund. Das Album ist ruhig, langsam, gemütlich und ziemlich verspielt. Das gilt sowohl für die manchmal zaghaft-verschnörkelten gesampelten Melodien als auch für die Rhythm-Section.
Enormer Aufwand
Apropos Sampling: Für die 13 Tracks des Albums hat Urbs knapp 500 Samples (!) aus den Jahren 1960 bis ca. 1982 ausgewählt und in seinem Heimstudio miteinander verwoben. Das ist nicht nur ein ordentlicher Selektionsprozess beziehungsweise ein enormer handwerklicher Arbeitsaufwand, sondern zeugt auch von imposantem Musikwissen, das wohl auf einer umfangreichen Plattensammlung beruht. Die Unterscheidung, was Sample und was tatsächlich eingespielt ist, fällt bei diesem Album besonders schwer. Jedenfalls ergibt die große Menge an Samples in Kombination mit den aufgenommenen Tonspuren einen opulenten und intensiven Hörgenuss.
Am Ende bleibt natürlich die Frage, ob ein Downbeat-Album wie »Geheimland« heute noch nachgefragt wird. Schließlich sind rund um die Jahrtausendwende schon genügend wunderbare Alben dieses Genres erschienen. Ist der Longplayer revolutionär oder gibt er dem Genre neue Impulse? Das vielleicht nicht. Wodurch sich »Geheimland« aber in jedem Fall auszeichnet, ist eine sehr feingliedrige, höchst komplexe Produktionsweise, die jeden Song zu einem einzigartigen Werk macht.
»Geheimland« von Urbs ist heute, also am 3. März 2023, bei Compost Records erschienen. Am 10. März wird das Album im Petersplatz Eins im Rahmen einer Listening-Session präsentiert. Danach legen Urbs und Weggefährten wie Peter Kruder, Patrick Pulsinger und Compost-Records-Labelchef Michael Reinboth aus München auf.