Happy Birthday, Cheap Records!

Das verdiente Techno-Label Cheap Records und sein Spin-off Morbid Records feiern mit einem massiven Line-up Geburtstag.

© Cheap Records / Tex Rubinowitz

Schräg, wie Cheap Records nun einmal ist, wird nicht der runde 30er gefeiert, sondern 30 + 1. Wobei: Eigentlich hat das eher organisa­torische Hinter­gründe. Aber sagen wir mal so: Seinen 31er zu feiern, das passt sowieso besser zu Wiens legendärem Techno-Label.

Rund um die Feierlichkeiten gibt es zwei besonders gute Nachrichten: zum einen, dass das wirklich fette Line-up mehr als 30 Live-Acts und DJs aus dem Künstler*innen­pool von Cheap und Morbid umfasst; und zum anderen, dass sich Patrick Pulsinger und Erdem Tunakan mit der Manner Villa im 17. Wiener Gemeinde­bezirk eine angesagte Pop-up-Location für ihr Fest ausgesucht haben. Schlechte Nachricht gibt’s auch: Das Event ist restlos ausverkauft. Nur die beiden Label-Betreiber selbst waren vom großen Andrang überrascht. Kleiner Hoffnungs­schimmer: Gerüchte­weise könnte es im Laufe des Jahres eine weitere Label-Night geben. Aber wie kam es überhaupt dazu, dass Cheap Records heute diesen Stellen­wert hat?

Der Fall der Mauer

Anfang der 1990er war Europa im totalen Umbruch. Im Anschluss an den Fall der Berliner Mauer im Jahr 1989 zerbröselte nach und nach der sogenannte »Ostblock«. Berlin wurde nach der Wieder­vereinigung Deutschlands quasi rund­erneuert, ganze Stadtviertel bekamen ein neues Gesicht. Es war eine chaotische Zeit, verbunden mit Aufbruchs­stimmung, Hoffnungen und Ängsten – aber auch der perfekte Nährboden für junge Kultur, einen Ost-West-Kulturclash und einen hyper­aktiven Under­ground. Techno hielt Einzug. Nicht nur, aber vor allem in Berlin – man denke an Aushänge­schilder wie die Love­parade oder den Tresor Club samt Label. Und er war gekommen, um zu bleiben. Anders im beschaulichen Wien: Hier schien nach dem Fall des Eisernen Vorhangs alles beim Alten zu bleiben. Fast alles.

Wohl kaum jemand hatte Anfang/Mitte der 1990er beim Thema Techno Wien am Radar. Bis Cheap Records kam. Die beiden Label-Gründer Pulsinger und Tunakan hatten eine genaue Vorstellung davon, was und wie Techno zu sein hatte, und sie setzten ihre Vision konsequent und kompromiss­los um. Erdem Tunakan: »Alle Artists mussten das gewisse Etwas haben, um bei uns zu releasen. Wir mussten spüren, was hinter einem Track steckt, was ihn aus­macht. Diese Vibes waren ein Muss für einen Cheap-Release.« Die Intensität von damals fehle heute, so Tunakan, der das Label mittlerweile haupt­sächlich betreibt. Die Leute hätten sich früher einfach mehr getraut, »auch wenn es auß­erhalb der Techno-Norm lag«.

Felix Benedikt aka Alpha Tracks und Erdem Tunakan (Foto: Christiano Tekirdali)

Status quo vadis

Nachdem es in den vergangenen Jahren nur wenige Releases gegeben hat – zuletzt die Tunakan-EP »Broken Deck« –, ist für heuer wieder mehr geplant, unter anderem »Broken Deck 2«. Die noch nicht gänzlich ausdiskutierte Frage lautet dabei: Sollen die nächsten Releases wie bisher nur auf Vinyl oder auch digital erscheinen? Für Vinyl­enthusiasten wie Pulsinger und Tunakan ein schwieriges Thema. Die Einstellung der beiden lässt sich auch daran ablesen, dass sie den Cheap-Records-Back-Katalog erst sehr spät digital veröffentlicht haben – und zwar im Herbst 2021 auf Bandcamp und Beatport.

Was nicht zu Cheap Records passte oder zu schräg bzw. zu experimentell war, hatte gute Chancen auf dessen Sublabel Morbid Records veröffentlicht zu werden. Mit Felix Benedikt aka Alpha Tracks hat ein Techno-Head der dritten Generation dort den Lead über­nommen, um das Label zu revitalisieren. Für ihn sind digitale Releases eine Selbst­verständlich­keit. Eine Morbid-Compilation steht anlässlich der Events in den Start­löchern: »Die Tradition der experimentellen Musik setzen wir auf der neuen Compilation fort – und zwar mit alten und neuen Acts«, erklärt Benedikt.

Die Party anlässlich »30 + 1 Jahre Cheap / Morbid Records« steigt am Freitag, den 2. Februar 2024 in der Manner Villa in Wien. Sie ist leider längst ausverkauft.

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