»Starfield«: Lost in Space

Bethesdas lang erwarteter Epos knüpft in vielen Punkten nahtlos an das Spielgefühl von »Skyrim« an und verführt dazu, sich im Rollenspiel treiben zu lassen.

© Bethesda

Kurz bevor es wirklich losgeht, mit der eigentlichen Story von »Starfield«, nimmt uns die Vorsitzende des Geheimclubs, der uns gleich zu Beginn unter seine Fittiche nimmt, beiseite, um eine scheinbare Nebensächlichkeit eindringlich zu betonen: Dem Club, der Constellation, ist es gleichgültig, was wir abseits unserer Arbeit für sie so treiben. Wer schon einmal in einem Bethesda-Spiel unterwegs war, versteht diese Äußerung ganz klar als Freibrief, sich innerhalb des Studio-typischen Moralsystems ungebremst auszutoben – ohne Gefahr zu laufen, die Gunst der für die Haupthandlung so wichtigen Constellation zu verspielen. Ein Wink mit dem Zaunpfahl, der beherzigt werden sollte.

© Bethesda

»Starfield« ist nicht wahnsinnig innovativ. Das hat einige Kritiker*innen enttäuscht, viele andere aber nicht davon abgebracht, Höchstwertungen zu vergeben. Mit seinem gewaltigen Universum voll politischem Geplänkel, kriminellen Machenschaften und individuellen Befindlichkeiten liefert das Spiel trotzdem jene Bühne, die sich unzählige Menschen erhoffen, wenn Bethesda auf der Packung steht. Eine Bühne, die zum Rollenspiel im klassischen Sinne einlädt: zum Entwerfen und Spielen einer Rolle, die angesichts des moderaten Schwierigkeitsgrades nicht allzu strategisch angelegt sein muss. Da muss nicht immer eisern optimiert werden und dadurch entsteht die Freiheit, sich auf spielerische Dummheiten einzulassen. Mir war schon klar, dass es wahrscheinlich nicht unmittelbar hilfreich ist, die Pistole wegzustecken, um dem selbstgerechten Wissenschaftler ein paar Fausthiebe zu verpassen. Aber was daraus entstanden ist, war einer dieser Abwege vom zentralen Abenteuer, mit denen Bethesda die Herzen so vieler Spieler*innen erobert hat.

Wer dieses Spielgefühl sucht, wird auf »Starfields« Planeten viel Freude haben, bei Weltraumausflügen aber eventuelle enttäuscht sein. Die Weiten des Weltalls sind – der realen Vorlage entsprechen – so weit, dass Reisen kaum je aus dem Cockpit des Raumschiffs, sondern primär über die Schnellreisefunktion im Menü absolviert werden. Das bringt die Immersion und den Entdeckungsdrang ein Stück weit ins Stocken und nagt an der Relevanz der großen Freiheit, mit der individuelle Raumschiffe gebaut werden können. Tragisch ist das nicht, aber ein bisschen Potenzial wurde an dieser Stelle durchaus verspielt.

Ebenfalls schade ist, dass Story-Missionen abseits der Gewalthandlungen selten auf interessante Weise fordernd sind. Die Versuche, NPCs zu überreden, sind spielerisch recht gut gelungen. In diplomatischen oder detektivischen Missionen springt der Quest-Marker aber so konsequent auf die nächste relevante Person, dass nicht nachgedacht, sondern primär gefolgt werden muss. Das haben sogar große und massentaugliche Spiele wie »Assassin’s Creed Valhalla« schon besser hinbekommen.

Das Schusswaffen-fokussierte Kampfsystem ist solide, die Weltraumgefechte aus dem Cockpit sind eine stimmige Ergänzung und das Aufleveln der eigenen Fähigkeiten ist zwar nicht raffiniert, aber doch motivierend gestaltet. Game of the Year-Awards wird »Starfield« angesichts der starken Konkurrenz wohl nicht zu viele abräumen, aber es wird Millionen von Spieler*innen über etliche Stunden hinweg gut unterhalten und unzählige Geschichten hervorbringen, an die sich diese Spieler*innen gerne zurückerinnern werden.

»Starfield« ist bereits für PC und Xbox Series X/S erschienen.

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