Im jüngsten Teil kehrt die Serie zu ihren verstohlenen Ursprüngen zurück. Innovation gibt es hier kaum, dafür ein unverbraucht faszinierendes Setting im mittelalterlichen Bagdad.
Ich bin »Assassin’s Creed« über all die Jahre treu geblieben. Ich habe Kreuzritter erdolcht, war als Italiener in Istanbul unterwegs, habe mich an Seeschlachten erfreut, London und Paris mehr als viele andere genossen und in Ägypten die Monotonie überwunden, um sie im wikingergeplagten Britannien wieder zu finden. Spielsysteme sind in dieser Serie gekommen und gegangen. Der Verweilgrund waren aber immer die Spielwelten. Auch ohne naiv an Authentizität zu glauben, waren die unterschiedlichen historischen Settings doch jedes Mal eine Einladung, sich auf lustvolle Weise mit dem ‚Damals‘ auseinanderzusetzen; mit dem Leben in den Szenarien der Geschichtsbücher.
Bagdad hat mich in diesem Zusammenhang schon seit der Ankündigung von »Assassin’s Creed Mirage« begeistert – ebenso wie Ubisofts Plan, die Serie in mehrere Richtungen gleichzeitig weiterzuentwickeln. Weil ich mir von der Serie mehr Mut zu weniger beackerten Epochen wünsche. Da gäbe es noch so viel. Aber die Blütezeit des Islam in einer Stadt, deren Name heute vor allem an zwei Golfkriege erinnert, das ist ein Schritt in eine erfreuliche Richtung.
Das Abenteuer von Basim Ibn Ishaq, der schon in »Valhalla« eine zentrale Rolle spielte, ist »Assassin’s Creed«-Standardkost. Mitglieder eines machthungrigen Kultes, der mit unlauteren Mitteln nach geheimnisvollen Artefakten sucht, müssen enttarnt und eliminiert werden; am besten aus dem Hinterhalt, auch wenn es dafür keine Belohnung gibt.
Was sich in den ersten Momenten anfühlen mag, wie die konsequente Rückkehr zu Altaïr Ibn La’Ahad aus dem allerersten Teil, ist in Wahrheit schon einige spieldynamische Entwicklungsschritte von diesem entfernt und hat so manches aus den vielen Teilen dazwischen mitgenommen. Die offene Spielwelt etwa und den Ausdauerbalken, die Erkundung per Vogel und noch einiges mehr. Leider auch die ungenaue Bewegungssteuerung im dreidimensionalen Raum zwischen Palastfassaden, Flachdächern und den obligatorischen Stürzen in Heuhaufen. Manch ein guter Plan scheitert am eingabebedingten Holpern der Ausführung.
Da ist noch von viel Luft nach oben. Das fällt auf, gerade weil immer wieder der Eindruck entsteht, man habe sich bei den jüngsten Hitman-Spielen von IO Interactive umgesehen, aber allzu zögerlich gute Ideen geklaut. Wo allerdings das Gefühl aufkommt, all das schon irgendwo, teilweise in besser, gespielt zu haben, da ist dann doch immer auch diese Imagination des historischen Bagdad, die für Momente des Staunens und des Grübelns sorgt, und über die 15 bis 20 Spielstunden trägt.
»Assassin’s Creed Mirage« ist bereits für PC und Konsolen erschienen.