Tag eins der Coldplay-Festspiele. Es leuchtete in den buntesten Farben, strotzte vor positiver Energie – und war gar nicht mal schlecht.
Nach den vereitelten Terroranschlagsplänen auf die drei letztlich abgesagten Taylor-Swift-Konzerte im Wiener Ernst-Happel-Stadion wurde zuletzt öffentlich darüber diskutiert, ob bei künftigen Großveranstaltungen – etwa dem Frequency Festival in St. Pölten oder den Coldplay-Konzerten in eben jenem Stadion – die Sicherheit des Publikums garantiert werden könne. Glücklicherweise entschied man sich dazu, die Konzerte stattfinden zu lassen – unter erhöhten Sicherheitsvorkehrungen. Und glücklicherweise ging soweit mal alles gut über die Bühne. Coldplay sind damit die erste Band, die vier Konzerte in Folge im Ernst-Happel-Stadion spielt (mit einem Tag Unterbrechung). Insgesamt macht das über 240.000 Konzertbesucher*innen.
Ein gemeinschaftliches Happening
Coldplay haben Livekonzerte weiterentwickelt. Bereits bei ihrer letzten Tour, die sie 2017 nach Wien geführt hat, ist das Konzept der gleichzeitig im Takt und in allen möglichen Farben blinkenden Armbänder, die das Publikum beim Betreten des Stadions bekommt, eingeführt worden. Diese Innovation wurde beibehalten, perfektioniert und umweltfreundlicher gemacht. Die Bänder werden nun nach den Konzerten wieder eingesammelt, gereinigt und weiterverwendet. Zusätzlich gab es diesmal auch Brillen, die das Publikum Lichter in Herzform sehen ließen. Daran erkennt man schon, dass es bei Coldplay nicht mehr um reine Konzerte, sondern um ein gemeinschaftliches Happening, um eine gemeinsame Reise mit Eventcharakter geht.
Nach einer etwas langatmigen Videoeinleitung, in der die umfangreichen, sehr zu begrüßenden Umweltbemühungen der Band auf ihrer »Music of the Spheres«-Tour erläutert wurden, ging es mit 20-minütiger Verspätung endlich los. Und was für ein Einstieg das war! Denn gleich zu Beginn wurde beim Song »Higher Power« alles aufgefahren, was die Show an Effekten zu bieten hatte: Mega-Lichtshow, Konfettiregen, Luftballons und dazu die pulsierend blinkenden Armbänder. Der Stadionsound war klar und laut. Nach »Adventure of a Lifetime« und »Paradise« wurde es mit »The Scientist« etwas ruhiger – erstmals stand die Musik so richtig im Zentrum.
Nachdem auf der kleineren Bühne in der Mitte des Stadions mit »Viva la Vida« das Leben gefeiert worden war, wandte sich Chris Martin ans Publikum, um über die Geschehnisse rund um die abgesagten Taylor-Swift-Konzerte zu reden. »Kürzlich war Wien weltweit in den Nachrichten – aber aus den falschen Gründen«, so Martin. Das Gerücht, dass Swift für einen Gastauftritt vorbeischauen könnte, ließ Martin gleich platzen, aber er wolle versuchen, Trost zu spenden, und bat zwei »Swifties« auf die Bühne, um sie mit einer Coverversion von »Love Story« zu beglücken. Gesanglich unterstützte ihn dabei Maggie Rogers, die auch schon im Vorprogramm gespielt hatte. Den Song widmete er nicht nur Taylor Swift und ihren Fans, sondern auch jungen Leuten, die mit den falschen Dingen in Berührung kommen – oder wie Martin es ausdrückte: »young people who are brainwashed with stupid shit«.
Vom Stadion in den Rockclub
Nach dieser längeren ruhigeren Passage, läuteten der stampfende Beat und die verzerrte Gitarre von »God Put a Smile Upon Your Face« einen abrupten Stimmungswechsel ein. Plötzlich war man nicht mehr im riesigen, grell leuchtenden Stadion, sondern im kleinen, dunklen Rockclub, aus dem einen das hymnische »Yellow« wieder herausholte. Nach einer knalligen Version von »Something Just Like This«, der Kollaboration mit The Chainsmokers, sorgte auf der dritten Bühne, der gegenüber der Hauptbühne befindlichen »C-Stage«, das sanfte Stück »Sparks« aus dem Debütalbum der Band für eine angenehm chillige Atmosphäre, während riesige Ballons durchs Stadion schwebten und sich der Mond beinahe schon kitschig über dessen Dach schob.
Dass die Band eine 180-Grad-Wende vom Alternative-Act zur Mainstream-Maschine hingelegt hat, ist bekannt, weshalb das Wechseln zwischen den leichteren Plastik-Synthiepop-Klängen und den Gitarrenrocksongs auch teils etwas holprig wirkte. Aber vielleicht wollen Chris Martin und seine Mitstreiter, von denen speziell Drummer Will Champion heraussticht, ja wirklich eine Band »für alle« sein.
Ähnlich den »Kiss Cams« bei großen US-Sportveranstaltungen wurden auch in Wien mit Kamera-Close-ups Leute aus dem Publikum, meist Paare, auf den großen Screen geholt. Als Chris Martin zwei nebeneinanderstehende Fans mit der israelischen und der palästinensischen Flagge erspähte, dankte er ihnen dafür, hier zu sein und ergänzte: »It could all be so easy.«
Coldplay (© Nikolaus Ostermann)
Coldplay (© Nikolaus Ostermann)
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Coldplay (© Nikolaus Ostermann)
Das Konzert von Coldplay fand am 21. August 2024 im ausverkauften Ernst-Happel-Stadion in Wien statt. Heute, am Samstag und am Sonntag ist die Band am selben Ort drei weitere Male live zu sehen.