Alte Dämonen, wenn auch nicht die eigenen, musste MAK-Direktor Christoph Thun-Hohenstein austreiben, bevor er einen optimistischen Blick auf die Zukunft des Museums werfen konnte.
Heraufbeschworen hatte die Geister der Vergangenheit die Rohfassung des MAK-Rechnungshofberichts, die einer Tageszeitung zugespielt worden war. Und so musste Christoph Thun-Hohenstein die Jahrespressekonferenz des Museums für Angewandte Kunst mit einem offiziellen Statement zu diesem Dokument beginnen. Die Verfehlungen seines Vorgängers Peter Noever ließ er dabei weitestgehend außen vor.
Altlasten und neue Aufgaben
Wahrscheinlich auch deswegen, weil die Gerichtsverhandlung, in der Peter Noever eine Entschädigung von bis zu 7 Millionen Euro fordert, weitergehen wird, sobald die Endfassung des Berichts vorliegt. Diese wird dann, inklusive der Stellungnahme des Museums, auch legitimerweise der Öffentlichkeit vorgelegt werden. So wurde über den enormen Anstieg der Direktionskosten zwischen 2001 und 2010 kein Wort verloren, lediglich die Besucherzahlen wurden von Thun-Hohenstein auf eine bereinigte Zahl von etwa 102.000 korrigiert. Peter Noever selbst steht als ehemaligem Direktor keine Einsicht zu.
„Durch die Veröffentlichung der Rohfassung wird ein ganzes Museum in Mitleidenschaft und durch den Dreck gezogen“, verwies der neue Direktor auch auf seine Mitarbeiter. Der angebliche Verlust von Kunstgegenständen, der im Bericht ebenfalls Erwähnung findet, sei zurückzuführen auf das komplizierte Inventierungsverfahren des Museums. Die sogenannten Verluste lägen sehr weit zurück und bezögen sich auf Gegenstände, die im zweiten Weltkrieg verlorgen gingen oder gar noch zu K&K-Zeiten als Leihgaben nicht retourniert wurden.
Mit dem Aufbau einer einheitlichen Datenbank reagierte Thun-Hohenstein auf die schwierige Situation, von der aus er die Agenda des Museums für die nächsten Jahre planen musste. „In Zukunft werden weit weniger Mittel in die Direktion fließen als in der Vergangenheit.“ Nicht nur dadurch grenzte er sich von seinem Vorgänger ab, sondern auch in der Rückbesinnung auf die angewandte Kunst. „Ich habe nichts gegen Gegenwartskunst, aber ich sehe unsere Pflicht auch darin angewandte Kunst käuflich zu erwerben.“ Weitere Gelder sollen neben dem Ausbau der Sammlung in Kataloge und die Forschung fließen.
Alte Stärken und neue Ziele
Angesichts der Menge und Vielfalt an Museen in Wien und weltweit, sei es Zeit für das MAK sich auf seine Kernkompetenzen zurück zu besinnen. Das heißt, die Wiener Moderne um 1900 und die digitale Moderne in den Fokus zu rücken. Das MAK sieht Parallelen aktueller Entwicklungen zu der Zeit zwischen 1850 und 1895 in Österreich und Europa: das Aufbrechen gesellschaftlicher Werte, eine Dominanz wirtschaftlicher Interessen, neue Kommunikationsformen, Medien und Mobilität.
Dazu wird die Schausammlung „Wien um 1900“ in drei Räumen erneuert. Eine künstlerische Intervention der kalifornischen Künstlerin Pae White wird zeitweise auch zu sehen sein. Generell sollen alle Ausstellungsräume flexibler werden und eine Rotation, also den Austausch einzelner Objekte, erlauben. Dies gilt auch für die Neugestaltung der Asien- und Orient-Räume. Neben einer Ausstellung im Juni zu Architektur und zeitgenössischer Raumproduktion in Ostasien knüpft eine internationale Triennale im Jubiläumsjahr des MAK an die globale Vernetzung der Institution an. Zum 150. Jubiläum 2014 beschäftigt sich diese mit positivem Wandel gerade in den Bereichen Design, Mode und Architektur. Die Vermittlung zwischen den Künsten, v.a. zwischen angewandter und Gegenwartskunst, sieht Thun-Hohenstein als weitere Schlüsselkompetenz.
Selbst der Wandel sein
„Heute kann man sich keine Wertneutralität mehr leisten, wir müssen auch selbst für positiven Wandel sorgen.“ In diesem Sinne werden in Zukunft einerseits wiederverwendbare Wände und Vitrinen für die Ausstellungen genutzt, andererseits führt das MAK alte Kooperationen fort, z.B. Departure und Soundframe. Neue Partner aus Wirtschaft, Wissenschaft und Technologie sind gesucht. Das Fashion Lab ist eine neue Kooperation, die sich ergeben hat.
Eine andere Neuerung konnte der MAK-Direktor ebenfalls präsentieren: den Launch der Website. Mit den geplanten Veränderungen hat er sich hohe Ziele gesetzt. „Wie können wir durch das Mittel der angewandten Kunst Mensch und Gesellschaft in den höchstmöglichen Einklang bringen?“ Entlang dieser Fragestellung orientiert sich Thun-Hohensteins Agenda, auf der zwei Punkte dick unterstrichen sind: Wien zu einem wichtigen Zentrum der digitalen Moderne zu machen und größere Teile der Bevölkerung ins Museum zu bringen. Dafür habe er den schwierigeren Weg gewählt. „Aus meiner Zeit in New York kenne ich viele namhafte Künstler. Aber sie hierher zu bringen, würde am Konzept des MAK vorbei zielen. Das MAK ist auf Grund seiner Spartenvielfalt eines der interessantesten Museen der Welt. Geben Sie mir etwa drei bis vier Jahre Zeit.“ Ein kurzer Zeitraum sich zu beweisen – angesichts der Noever-Affäre und dessen Amtszeit von 25 Jahren.