Bauchklang sind seit vielen Jahren ein fixer Bestandteil der österreichischen Musiklandschaft. Mit ihrer perkussiven Stimmenmusik tourten sie schon in Kanada und Indien. 2014 gibt es eine Pause, aber keine kreative. The Gap hat noch einmal nachgefragt.
Die Stimmung dürfte relativ ausgelassen sein, wenn man sich vor Augen hält, wie wenig Bauchklang zu beweisen haben. Angefangen hat die Gruppe um Andreas Fraenzl, Gerald Huber, Christian Birawsky, Alex Böck und Philipp Sageder bei einem Musical in der Schule. Eine anständige Diskografie, etliche Touren und Awards später ist es Zeit für eine wohlverdiente Pause. Davor wird aber nochmal ordentlich gefeiert: ein Abschiedskonzert mit vielen Gästen findet am 19. Dezember in Wien statt. Hier lest ihr das letzte Interview vor dem Hiatus.
Eure Gruppe formierte sich aus einem Musical-Projekt für die Schule. Wie hat sich das von „Jesus Christ Superstar“ zu dem, was ihr später gemacht habt, entwickelt?
Es war der Startpunkt und es war auch eine Menge Zufall dabei, dass wir uns bei diesem Projekt getroffen haben. Zum Teil kannten wir uns schon davor, waren befreundet in diversen Bandprojekten aktiv. Bei Jesus Christ Superstar hatten wir die Möglichkeit bei einem, für eine Schule, äußerst professionellen Projekt mitzumachen und uns als Sänger in einer neuen Dimension zu entfalten. Es war ein großer Erfolg und hat uns irrsinnig gepusht und aus dieser Energie raus haben wir Bauchklang gegründet. Es war klar, dass wir „nur“ mit Stimme Musik machen wollen oder besser gesagt können- weil jeder von uns hauptsächlich Sänger war.
Der Beginn war relativ klassisch: Covers, Gospels, schwarze Musik – aber bald kamen auch die ersten Klangexperimenten dazu. Wir wollten unser eigenes Ding kreieren – und sind ziemlich reingekippt in die Materie – auch vorangetrieben von der großen Response des Publikums, die von Anfang an da war… Wir begannen eigene Musik zu schreiben und am ersten Album zu arbeiten. Wir wollten in die Clubs und auf Festivals. Um 2000 herum hatten wir dann unsere ersten Auftritte im Flex und bekamen die Bestätigung, dass es funktioniert. Sprich: Wir sind zwischen zwei DJ-Sets soundmäßig nicht abgestunken, sondern haben so Druck machen können wie wir es erhofft hatten. Dann ging es relativ zügig weiter. Unser erstes Album "Jamzero" brachte uns über die Grenzen hinaus nach Frankreich (Transmusicalles) und Kananda (Jazzfestival Montreal), wo wir überraschend euphorisch aufgenommen wurden. Das Resultat waren zehn intensive Jahre in der europäischen Festival und Club Szenerie, viele Konzerte und ein paar Tonträger.
Beatboxing, bezüglicherweise die Stimme als Instrument, hat eine lange Tradition. Kommt ihr eher aus dem Hip Hop, oder hat sich das einfach intuitiv ergeben?
Wir haben vor Bauchklang eigentlich fast alle in Bands gespielt – von Funk über Reggae bis zu Trip-Hop und Jazz-Fusion-Projekten. Ende 90er kam dann der Einfluss der Elektronik dazu. Wir haben uns nie wirklich als Teil der klassischen Beatbox-Community gesehen wo es sehr um „Battles“ und „Skills“ geht. Für uns gings eigentlich immer darum wie eine „normale“ Band Musik zu machen und das, was wir machen, weiter zu treiben. In den letzten Jahren haben wir uns noch stärker in den Clubsound vertieft.
Wie lange hat das gedauert, bis das mit der Vocal-Percussion gut geklappt hat? Ich nehme an das hat viel mit Atemtechnik zu tun?
Wie schon erwähnt war das ein Prozess über Jahre. Anfangs war für uns einfach die Notwendigkeit da, einen Beat zu erzeugen. Wir wollten einen ähnlichen Druck produzieren wie eine normale Band oder ein DJ … und als größtenteils autodidakte, eher intuitiv agierende und leidenschaftliche Stimmenbenützer, haben wir uns das selbst beigebracht – ohne viel Atemtechnikübungen.
Wie funktioniert bei Bauchklang-Songwriting? Braucht ihr für sowas einen Proberaum?
Wir haben aber auch Ideen am Computer produziert und versuchen dann diese zu fünft umzusetzen. Oft entstehen Songs bei uns durch gemeinsames jammen mit laufendem Aufnahmegerät. Wenn gute Parts dabei sind, arrangieren wir dann den Track um diese Idee herum oder verknüpfen einzelne Parts. Oder wir bauen ein Werk um den Text und vice versa. Im Idealfall gibt es eine zündende Idee in einer Probensituation, wir halten diese Moment fest und können gleich daran gehen ein Arrangement zu machen, und sind somit gleich in der Vor-Produktion.
Benutzt ihr auch Effekte oder sind das nur eure Stimmen, die man auf euren Aufnahmen und Auftritten hören kann?
Bei Live-Auftritten gibt es keine Stimmsound manipulierenden Effekte, nur EQ, Kompressor, Reverb und Delay. Der Rest kommt von uns. Im Studio, vor allem bei der Produktion von "Akusmatik", war unser Ansatz ein sehr minimalistischer: maximal sieben Spuren, keine anderen Audio Effekte als live und möglichst viel gemeinsam eingespielt.
Was für musikalische Projekte betreibt ihr sonst noch?
DJ, Vocalcoach, Komponist, Postproduktion, Studiosänger, Filmmusikgeniesser, Konzertgeher, Frontman, Schlagzeuger, Bassist, Produzent, Dirigent, Saunawachlermeister … Jeder von uns ist auf jeden fall kontinuierlich in der Musikwelt „am werken“.
Wie war es für euch, 2008 in Indien zu touren und aufzutreten?
Der Nervenkitzel ob es überhaupt irgendjemanden interessiert, was wir da machen, als "No-Names" in einem Land wo die rhythmische und vokale Kunst so einen hohen Stellenwert hat, bis zu den Momenten als große Meister der klassischen, indischen Musik bei unseren Konzerten auftauchten, um sich ein Bild zu machen von der Band, deren Name sich wie ein Lauffeuer verbreitete. Es war ein unglaublicher Ritt und heute nach ca. 40 Konzerten in Indien in unterschiedlichen Städten, Gegenden und für unterschiedliche soziale Schichten, ist es noch immer schwer zu beschreiben für jemanden, der noch nie in diesem Land war. Neben den positiven, intensiven Erlebnissen und der Dankbarkeit, das als Musiker überhaupt machen zu dürfen, gab es natürlich immer wieder Diskussionen und auch eine Menge „schwererer Gedanken“, wenn man die sozialen Trennlinien und die Armut mitbekommt.
Wir hatten Kontakt zu NGOs, haben Workshops mit benachteiligten Kindern gegeben, und wir konnten auch einige Kontakte zu Menschen aus Indien knüpfen, die stark sozial engagiert sind, innovative Projekte betreiben und mit denen wir kooperiert haben. Alles in allem war es mehr als nur ein Ausflug in eine andere Kultur.
Gibt es musikalische Einflüsse oder Favoriten im Jahre 2013?
Was im Moment beeindruckend ist, ist die Dichte an sehr guten Alben und Tracks aus Österreich. Ob das jetzt Wandl, Elektro Guzzi, die schrägen Koenigleopold, oder die poppigeren Bilderbuch sind … und es gäbe im Moment noch viele Beispiele.
International hat sicher heuer noch stark das neue Atoms For Peace-Album nachgewirkt – ebenso oder doch anders beeindruckt hat DJ Kozes "Amygdala" (wunderbar ist sein Remix von „ist only you“ von dem von uns sehr verehrten Matthew Herbert), das neue Daft Punk Alben mit „Loose Yourself To Dance“ hat uns ebenso zum Tanzen gebracht wie einiges anderes gerades oder Vertracktes aus dem Elektrogeschäft.
Zu den All Time Favourites gehören sicher Matthew Herberts Album „Bodily Functions“, Metronomy „The English Riviera“, Four Tet („There is love in you“) klar das vorletze von James Blake, aber auch Instrumental-Kontemplatives von Nils Frahm („Felt“), oder Teuflisches von Apparat „The Devils Walk“ und The Dead Weather ist dabei bei den Lieblingsalben.
2014 legt ihr eine kreative Pause ein. Macht ihr danach weiterhin Musik, oder denkt ihr, dass Bauchklang seinen kreativen Zenit erreicht hat?
Wir legen eine spielerische Pause ein, keine kreative! Nach 18 Jahren Bauchklang, (davon 12 Jahre "hauptberuflich") über 700 Konzerten und kaum freien Wochenenden, nehmen wir uns mal den Luxus. Wir machen gemeinsam Musik und werden das auch in Sicherheit weiterhin tun, dafür macht es zu viel Spaß und es gibt noch so viele offene Kapitel in unserem Soundlabor. Wie viel jedoch davon in der Öffentlichkeit passiert und ob wir wieder etwas veröffentlichen, lassen wir uns offen.
Bauchklang treten am 19.12. im Gasometer im Rahmen der "Akusmatik" Tour auf. Es ist das vorletzte Konzert vor ihrer einjährigen Pause. Gäste sind unter anderem: Elektro Guzzi, Francis International Airport, Skero uvm.
Fotos: Matthias Hombauer