Schienen anstatt Dächer

„Roofs“ ist ein beachtliches Debüt, ein düsterer Hybrid aus Elektro und Pop, der absichtlich nicht auf die Berliner Clubs abzielt, sondern sein Soundtrack sein könnte.

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Maurycy Zimmermann, der ursprünglich aus Polen stammt, ist Wahlberliner, der durch das Jenaer Label Freude Am Tanzen schließlich den Sprung in den Musikzirkus der deutschen Elektro-Hochburg gewagt hat. Gelungen ist ihm dies ganz gut, auch wenn nicht unbedingt alle seine Songs die Tanzflächen der In-Clubs sprengen werden. Es ist halt ein bisschen Pop dabei. Gerade das kommt aber richtig gut und gibt dem Album einen ganz eigenen Charme, der sich abseits der harten Türpolitik und finsteren Techno-Floors, vielleicht auf dem Weg dorthin oder auf dem Weg von dort heim, während einer einsamen Zugfahrt zum Beispiel, abspielt. Musik zum Traumtanzen. Mindestens.

Nachtzugmusik

Für nächtelange Parties sind Moorycs Tracks eh viel zu melancholisch, zu emotional aufgeladen. Dazu voll abzugehen, hätte wahrscheinlich sogar etwas Zynisches. Dunkel sind sie außerdem und schwermütig. Diese kraftvolle Mischung aus synthetischen und organischen Klängen, darüber die mehr als brauchbare Stimme von Zimmermann („Jupiter“, „Powerless“), schafft viel Platz zum Denken und Nachdenken, während der Nachtzug über die Schienen donnert. Egal, ob dabei etwas trübsinnig hinter sich gelassen oder ein neues und unbekanntes Ziel angesteuert wird – „Roofs“ funktioniert. Man traut Moorycs Debüt aber eigentlich jede Situation zu, die nur ansatzweise mit Sehnsucht verbunden ist. Und auch wenn es sich doch noch merklich vom typischen Sound Berlins abhebt, klingen vor allem die Instrumental-Nummern plötzlich gewaltig nach dem House und Techno der Spree-Metropole („Open It“, „Turtle“). Warum nicht wieder einmal hinfahren? Mit dem Nachtzug zum Beispiel.

Indietronic für Zartbesaitete

Natürlich ist „Roofs“ dementsprechend nichts für Hartgesottene. Nichts für die, die oben erwähnte harte Türpolitik und finstere Techno-Floors schätzen. Es ist Nischenmusik, Indietronic vielleicht, wenn man so will. Mooryc macht wunderbare Songs für die etwas Feinfühligeren unter den Liebhabern der elektronischen Musik. Für die Zartbesaiteten, die sich an ein bisschen Melancholie nicht stören, sondern erfreuen. Für die, die manchmal auch gerne allein sind.

"Roofs" ist bereits via Freude Am Tanzen/ Rough Trade erschienen.

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