Leider geiler als Deichkind

Sie haben Clubs mit coolen, schlauen, deutschen Texten infiziert. Sie machen wunderschönen Krach mit Bumm für die Linke und das bereits seit zehn Jahren. Coz Audiolith-Youth is everywhere. Eine Hommage nach Hamburg.

Aus rechtlichen Gründen werden Artikel aus unserem Archiv zum Teil ohne Bilder angezeigt.

2007 schrieben Frittenbude einen Song namens "Bilder mit Katze" mit scheinbar banalem Storytelling. Mann trifft Frau, verliebt sich in sie und beginnt eine kurzlebige aber erfüllende Beziehung. Für manche skizzierte der Song den kommerziellen Durchbruch der Band, für andere nimmt er eine Schlüsselfunktion ein: "Ich hätte so gern das Shirt, das es da, bei Lars zu kaufen gibt – das Schwarz-Gelbe da, das schöne Shirt von Audiolith" Es ging um den Plattenboss: "Den Lars". Das Shirt war für die schwitzende Meute im Publikum. Und die wollten es plötzlich alle tragen. Nicht nur wegen Branding, sondern weil es eine Geschichte erzählt hat.

Loyal

Frittenbude Fans trugen also nicht nur "Riesenlöve"-Shirts sondern primär den eiergelben Audiolith-Schriftzug auf der Brust. Das war schon einmal relativ ungewöhnlich. Normalerweise schreibt sich ein Label die Bands auf die Fahne und nicht umgekehrt. Ein Label wird heute öfters als opportunistischer Kapitalistenkrake gesehen als künstlerische Freihandelszone: Musiker wie Prince, Four Tet, Radiohead oder The Sounds wettern dagegen, andere kommen inzwischen schon ganz gut ohne zurecht.

Audiolith ist also – wie es "Der Lars" der übrigens Lars Lewerenz mit vollem Namen heißt – in einem Mail an The Gap auf den Punkt bringt "reiner Luxus". Und weiter: "Wer kann heute schon behaupten, dass er liebt, was er macht? Wir haben in den zehn Jahren einen Haufen von Freunden, Freaks und Spinnern um uns geschart die mit uns durch dick und dünn gehen". Dass diese Freaks hinter ihm stehen hat viel mit Loyalität zu tun. Oder Vertrauen: Das zweite ClickClickDecker-Album "Nichts für ungut" hat Lewerenz veröffentlicht, ohne es je gegengehört zu haben.

Audiolith Bands machen für gewöhnlich Partykrach: Knarzende-Moogs, hämmernde Beats, der leiernde Sprechgesang mit wunderbaren Parolen. Beats für die Beine, Message für den Verstand kann man so sagen. Wir fragen Lars eine ziemlich dämliche Frage, nämlich ob es so etwas wie eine "Ravepunk-Labellinie" gibt. "Ne die gibt es nicht" – meint er – "wobei, wenn Menschen auch ne Linie sind, dann schon. Dann ist unsere Linie die Liebe zu den Menschen und der Musik". Blumig, diese Labellinie.

Raven gegen Deutschland

Diese Liebe beginnt im Jahr 2003 im Hamburg: Bands der ersten Stunde wie Egotronic oder The Dance Inc. kommen allesamt aus dem Punk, haben die immergleichen Akkordabfolgen aber irgendwann satt. Sie entdecken den Synthesizer, das Vier-Spur Gerät und betreiben eine Elektro-Entmystifzierung in den Clubs der Stadt. Das klang durchaus ein bisschen schräg und nach Neuer Deutscher Welle, sprach mit Tanzmusik und anti-rassistischen Texten aber ein immer größeres Publikum an.

Für die damalige Antifa-Bewegung war Egotronic so etwas wie eine Zugspitze. Heute hämmern einem Frittenbude bei jedem Österreich Konzert "Rechtshelden" à la Jörg Haider ins Gewissen oder veranstalten Wall of Loves. Bratze besingen mit Songs wie "Trapez" und Zeilen wie "Diese Stadt ist groß, diese Stadt ist klein. Wir haben ein Recht auf sie und so soll es sein" die Asylpolitik. Oder aber die Schweizer von Saalschutz mit Tracks wie "Während du feierst, stirbt dein Volk". Klar ist Audiolith links. Beim Raven geht es nicht nur um Drogen und Rausch sondern auch um Politik irgendwie. Zu recht(s)!

Bild(er) © ©Audiolith
Newsletter abonnieren

Abonniere unseren Newsletter und erhalte alle zwei Wochen eine Zusammenfassung der neuesten Artikel, Ankündigungen, Gewinnspiele und vieles mehr ...