In Ex-Jugoslawien gibt es Denkmäler, die sehen aus, als wären sie nicht von dieser Welt. Bisher kursierten nur atemberaubende Bilder. Wir haben die genauen Standorte recherchiert und in einer Karte zum Abklappern eingezeichnet.
Eine steinerne Blume, Sarumans Auge mit Flügeln oder ein mächtiger Stern aus Beton. So sehen die Gedenkstätten aus, die zwischen 1945 und 1990 für die Opfer des Zweiten Weltkriegs in der damaligen Sozialistischen Föderativen Republik Jugoslawien errichtet wurden. Das ist ein Erbe des Kommunismus und Titoismus, verteilt und verborgen in Slowenien, Kroatien, Mazedonien, Serbien, Bosnien und Herzegowina und Montenegro. Immer wieder tauchten sie auf diversen Blogs auf. Wir haben sie nun für euch auf der Karte gesucht, und die genauen Standorte ausfindig gemacht. Es war nicht ganz einfach.
Einer der Initiatoren zur Erbauung dieser Gebilde war der ehemalige jugoslawische Präsident Josip Broz Tito. Er beauftragte in den 1960ern und 1970ern verschiedene Künstler und Architekten mit der Errichtung einiger dieser Monumente. Im Zweiten Weltkrieg war Tito selbst Anführer der kommunistischen Partisanen, die gegen die deutschen und italienischen Besatzer der Landes, die faschistischen Ustaschas und Tschetniks kämpften.
»Futuristische Architektur«
Die Denkmäler sind fast alle aus Beton. Wie wir schon berichteten ist die Einsetzbarkeit dieses Baustoffs sehr vielseitig. Zum Großteil stehen die Bauten im Namen einer Sozialistischen Moderne mit konstruktivistischen Einflüssen. Wuchtige Steinskulpturen, die von einfachen geometrischen, aber auch fantasievollen Formen geprägt sind. Keines dieser Denkmäler kann wirklich einem einheitlichen architektonischen Stil zugeordnet werden. Bestes Beispiel ist das »Makedonium« in Kruševo, das sich am ehesten zwischen Brutalismus und strukturellem Expressionismus der 1970er Jahre einordnen lässt. Könnte jedenfalls locker als eine futuristische Behausung in Woody Allens »Sleeper« durchgehen.
Der Vater dieser Art von Denkmälern, der insgesamt 20 davon plante und umsetzte, ist der serbische Architekt und zeitweilige Bürgermeister von Belgrad Bogdan Bogdanović, der schon 1987 mit Milosevic brach und später nach Wien auswanderte. Er schuf u.a. die »Steinerne Blume« in der Jasenovac-Gedenkstätte und das »Denkmal für die gefallenen Kämpfer der Revolution« in Vlasotince.
Auf den Spuren der »Spomenici«
Der belgische Fotograf Jan Kempenaers begab sich vor einigen Jahren auf die Suche danach und fand 25 davon. Die Sammlung seiner Fotografien betitelte er »Spomenik« – was in vielen slawischen Sprachen der Begriff für Denkmal oder Monument ist. Die Band Olympique stattete letztes Jahr einigen von ihnen einen Besuch für ihr beeindruckendes Video zu „The Reason I Came“ ab. Aber auch zuvor schon fand sich das Denkmal von Petrova Gora auf dem Cover des Unknown Mortal Orchestra wieder.
Einfach sind sie nicht zu finden. Einige davon sind in Wäldern oder auf Hügeln versteckt, abseits großer Städte. Eine große Hilfe bei der Recherche war Therese Terror, die eine Reise zu 25 dieser Monumente machte – die Fotos kann man auf ihrem Instagram-Account bewundern.
Jasenovac, Kroatien (© Jan Kempenaers)
"Die steinerne Blume“, Denkmal für die Opfer des Konzentrationslagers Jasenovac. Es wurde 1964 erbaut und stammt von dem serbischen Architekten Bogdan Bogdanović.
Podgarić, Kroatien (© Jan Kempenaers)
"Denkmal der Revolution'' soll an die Schlachten und Siege jugoslawischer Partisanen erinnern. Daneben befindet sich ein Partisanenfriedhof. Es stammt von dem kroatischen Bildhauer Dušan Džamonja aus dem Jahre 1967.
Kadinjača, Serbien (© Jan Kempenaers)
Der Kadinjača Memorial Complex erinnert an das Arbeiter-Battalion der Dörfer Kadinjača und Užice, das im November 1914 gegen eine Übermacht der Deutschen verloren hatte. Der Bau der Anlage begann 1952 und wurde 1979 offiziell von Josip Broz Tito eröffnet.
Kolašin, Montenegro (© Jan Kempenaers)
Das Denkmal zur Erinnerung an die Toten des Zweiten Weltkriegs wurde von dem jugoslawischen Bildhauer Vojin Bakić 1949 errichtet.
Kosmaj, Serbien (© Jan Kempenaers)
Dieses Denkmal ist den Soldaten der ''Kosmaj Partinsanen-Einheit'' des Zweiten Weltkriegs gewidmet. Es wurde 1971 erbaut und stammt von dem Bildhauer Vojin Stojić und dem Architekten Gradimir Medaković.
Kozara, Bosnien und Herzegowina (© Jan Kempenaers)
Dieses Denkmal wurde 1972 eingeweiht und stammt vom Zagreber Bildhauer Dušan Džamonja. Es erinnert an die erfolglose Kozara-Schlacht aus dem Jahr 1942.
Petrova Gora, Kroatien (© Jan Kempenaers)
Das ''Denkmal an Petrova Gora'' ist nicht wie die meisten aus Beton, sondern aus Stahl und stammt von dem Zagreber Bildhauer Vojin Bakić aus dem Jahr 1981.
Mitrovica, Kosovo (© Jan Kempenaers)
Das ''Bergarbeiter-Monument'', unter den Einheimischen auch ''Der Grill'' genannt, stammt ebenfalls von dem Architekten Bogdan Bogdanović und wurde 1973 errichtet. Es steht für die lange Bergbau-Tradition in Mitrovica und ist den serbischen und albanischen Partisanen bzw. Bergarbeitern gewidmet.
Niš, Serbien (© Jan Kempenaers)
Die ''Drei Fäuste'' stehen im Bubanj Park, ein Denkmal Komplex, der an die im Zweiten Weltkrieg erschossenen Bürger von Niš, sowie anderen Teilen Serbien gedenkt. Jeder der drei Beton-Obelisken hat eine andere Größe und symbolisiert eine Männer-, Frauen- und Kinderfaust. Sie stammen vom kroatischen Bildhauer Ivan Sabolić. Der Park eröffnete am 14. Oktober 1963.
Knin, Kroatien (© Jan Kempenaers)
Das 25m hohe Monument ist den Soldaten gewidmet, die im 2. Weltkrieg für die Befreiung der Stadt kämpften.
Brezovica Wald, Kroatien (© Jan Kempenaers)
Das Monument, das mitten im kroatischen Wald Brezovica steht, ehrt die ''Erste Sisak Partisaneneinheit'', die zwischen 1941 und 1945 aktiv war. Es stammt vom kroatischen Architekten Želimir Janeš und wurde 1981 errichtet.
Općina Zeniča, Bosnien und Herzegowina (© Jan Kempenaers)
Das Partisanen-Denkmal steht auf einem Hügel in Smetovi, in der Nähe der bosnischen Stadt Zeniča. Er wurde 1968 erbaut.
Prozor, Bosnien und Herzegowina (© Jan Kempenaers)
Das fast gänzlich zerstörte Holocaust Mahnmal im Makljen Gebirge sah einst so aus. Es stammt vom bosnischen Bildhauer Boško Kućanski und befindet sich ein paar Autominuten von der bosnischen Stadt Prozor entfernt. Es gedenkt den Opfern ''Der Schlacht an der Neretva''.
Sanski Most, Bosnien und Herzegowina (© Jan Kempenaers)
Der Susanjar Memorial Complex bei Sanski Most wurde in Erinnerung an die mehreren tausend Toten errichtet, die während des orthodoxen Ilindan-Festes im Jahr 1941 von den Deutschen umgebracht wurden. Es wurde 1971 erbaut, es stammt von dem Bildhauer Petar Krstić.
Brezovica Wald, Kosovo (© Jan Kempenaers)
Ein weiteres Partisanen-Denkmal, das im Brezovica Wald im Kosovo versteckt ist.
Kamenska, Kroatien (© Jan Kempenaers)
Das ''Denkmal für den Sieg der Menschen in Slawonien'' befand sich einst in dem kleinen Dorf Kamenska, in der Nähe der Stadt Pozega. Leider ist davon nicht mehr viel übrig geblieben. Erstellt wurde es damals von Vojin Bakić.
Ostra, Bosnien und Herzegowina (© Jan Kempenaers)
Das ''Denkmal für die Tapferen'' ist ein Werk des Bildhauers Miodraga Živkovića und Architekten Svetislava Ličine aus dem Jahr 1960. Es gedenkt dem Bürgerkrieg zwischen den Partisanen und den Tschetniks 1941 in der nah gelegenen Stadt Čačak.
Košute, Kroatien (© Jan Kempenaers)
Das Denkmal des kroatischen Bildhauers und Architekten Vuke Bombardelli wurde 1961 für die gefallenen Partisanen aus Split errichtet.
Korenica, Kroatien (© Jan Kempenaers)
Korenica war während des Zweiten Weltkriegs eine Partisanenhochburg. Bildhauer dieses Denkmals war der Kroate Vanja Radauš.
Sinj, Kroatien (© Jan Kempenaers)
Das ''Rudus Monument'' wurde zu Ehren der 24 Mitglieder einer Partisaneneinheit errichtet, die auf Beschluss des Kriegsgerichts 1941 in Sinj hingerichtet wurden.
Ilirska Bistrica, Slowenien (© Jan Kempenaers)
Dieses Monument wurde 1965 von dem slowenischen Bildhauer Janez Lenassi entworfen. Es steht auf dem Hügel der Freiheit in Ilirska Bistrica im Südwesten Sloweniens.
Kragujevac, Serbien (© cc by 2.0 Aristote2)
Der ''Gebrochene Flügel'' steht im Šumarice Erinnerungspark. Der ganze Park ist den Opfern des Massakers von Kraljevo und Kragujevac gewidmet. Entworfen wurde er von Miodrag Živković , im Jahr 1963.
Pristina, Kosovo (© cc by 2.0 Martijn Munneke)
Die drei Säulen des ''Denkmals der Einheit und Brüderlichkeit'' aus dem Jahr 1961 symbolisierten die Vereinigung der drei ethnischen Gruppen, die gemeinsam im Kosovo leben: Albaner, Serben und Montenegriner.
Mostar, Bosnien und Herzegowina (© cc by 2.0 Bokica K)
Die Partisanennekropole ist ein Friedhof für Partisanen, die im Zweiten Weltkrieg im Kampf gegen die Ustascha gefallen sind. Das Denkmal wurde 1965 erbaut und von Bogdan Bogdanović entworfen.
Leskovac, Serbien (© cc by-sa 3.0 flammard)
Die Denkmäler im Spomen Gedenkfriedhof wurden ebenfalls von Bogdan Bogdanović entworfen und 1971 erbaut.
Vlasotince, Serbien (© cc by-sa 3.0 VI)
Auch eines der vielen von Bogdan Bogdanović entworfenen Erinnerungsstätten ist das ''Denkmal für die gefallenen Kämpfer der Revolution'' aus dem Jahr 1975. Es befindet sich ebenfalls in der Nähe von Leskovac.
Karte aller Denkmäler (© Google Maps)
Unter diesem Link findet ihr die genauen Standorte dieser außergewöhnlichen Monumente: googlemaps.com/Yugoslaviawarmonuments
Auf dem letzten Bild der Fotostrecke ist die Karte mit 30 herausragenden Monumenten, sowie ein Link zu den direkten Standorten. Den Link zur Karte gibt es auch schon hier.
Für besonders akribische und fleißige Menschen gibt es auch noch mehr dieser Denkmäler. Eine vollständige Liste – allerdings ohne genaue Ortsangaben – gibt es hier.