SBTRKT verwendet immer noch keine Vokale, trägt nach wie vor diese alberne afrikanische Stammesmaske und lässt wieder seine BFFs Sampha und Jessie Ware singen. So 2011? Ja und nein.
Aaron Jerome aka SBTRKT hat mit seinem Debütalbum die elektronische Musik ein bisschen verändert. Das war 2011. Da war dieser Mix aus Soul und House, diese Fusion von Synthetik und Organik noch weniger selbstverständlich und man sprach von diesem Mythos der durchbrochenen Genre-Grenzen als wäre es ein thing. Gleichzeitig wurde SBTRKT aber auch zum Pionier des Genres (welches überhaupt?) hochgejazzt. Mittlerweile wissen wir, dass das alles Blödsinn war und ist. So etwas wie Genres gibt es nämlich nicht mehr in der Popmusik. Alles ein langes Kontinuum aus Sounds, Beats und ironischen Hashtags. Man muss das nicht mehr erklären, weil ohnehin jeder selbst reinhören kann.
Sorry, Sampha
Im Frühjahr diesen Jahres ist mit „Transitions“ eine etwas irreführende EP von Jerome erschienen. Wir haben schon damals festgestellt, dass diese nicht als Vorbote zum neuen Album wahrgenommen werden sollte. Dafür war sie zu kompliziert, zu unzugänglich, zu instrumental und ja, ohne Sampha. Wir hatten tatsächlich Recht und dürfen uns dafür auch kurz auf die Schulter klopfen.
Das zweite Album „Wonder Where We Land“ führt stattdessen eher die Richtung des Debüts fort. Da sind sie wieder, die Beats, die die mittlerweile noch viel größeren Stimmen von Sampha (u.a. „Temporary View“) und Jessie Ware („Problem Solved“) tragen. Außerdem dabei: der ziemlich großartige Rapper Raury aus Sbtrkts Keimzelle, dem Londoner Plastic People Umfeld („Higher“), Chairlift-Sängerin Caroline Polachek („Look Away“), A$AP FERG („Voices In My Head“), Label-Kollege Koreless („Osea“) und der wahrscheinlich beste Mensch der Welt und unvergessener Drake-Kritiker Ezra Koenig. „New Dorp. New York“ macht keinen großen Hehl daraus, der Hit des Albums zu sein – das „Pharaohs“ von 2014 vielleicht. Sorry, Sampha.
Weniger hittige Hits
Eigentlich sind aber auch die meisten anderen Nummern Hits. Sie sind bloß nicht mehr so hittig wie früher. Doch, das ergibt sehr wohl Sinn. „Wonder Where We Land“ ist insgesamt cleverer und gleichzeitig weniger aufdringlich geworden. Es ist vielschichtiger, was es wahrscheinlich auch etwas unnahbarer macht. Es funktioniert nicht gleich beim ersten Durchlauf, es muss ein bisschen sacken. Und obwohl wir gesagt haben, Genres sind pfui, hat SBTRKT sogar den Dubstep von vor drei Jahren weggelassen. Pop muss schließlich auch mit der Zeit gehen und Statistiken belegen ohnehin, dass Dubstep tot ist. Die Zeit ist zum Glück vorbei. Da, Toten nachtreten, kann man machen.
Ein Problem lässt sich aber leider nicht ganz weghören: Die Songs sind für sich alleine super, wirken aber als Gesamtpaket eher wie eine zusammengewürfelte Playlist. Das Album kommt als solches nicht wirklich an. War das Debüt noch mehr als die Summe seiner Teile, ist es „Wonder Where We Land“ trotz der konstanten Qualität und Hits nicht. SBTRKT wird die elektronische Musik also nicht noch einmal verändern. Das ist okay, denn er hat Ezra Koenig.
"Wonder Where We Land" von SBTRKT ist bereits via Young Turks erschienen.
Die Autorin ist auch auf Twitter: @nicole_schoen