Das Buch unseres Herausgebers Thomas Weber ist erst im Winter 2014 erschienen und mittlerweile schon in der 2. Auflage. Wie hat er das gemacht?
Promote selbst
Sonst hättest du dir die Zeit für das Schreiben besser bei einem Bier mit deinen Freunden verbracht. Auch der engagierteste Verlag wird dir wenig weiterhelfen, wenn du selbst nicht dahinter bist. Sei dir also selbst nicht zu gut, dir zu überlegen, wo deine Publikation auftauchen soll. Solltest du selbst zu zurückhaltend sein, aktiv zu werden, dann stelle deinem Verlag eine Liste mit Journalisten, Bloggern und anderen Multiplikatoren auf, von denen du annimmst, dass sie sich für dein Machwerk interessieren könnten. Oder sollten. Wenn du ein Sachbuch verfasst hast, dann ist dein Überblick über einschlägige Gatekeeper (hoffentlich) ohnehin besser als jener der Person, die sich im Verlag damit zu befassen hat, wer das sein könnte. Wahrscheinlich ist das bei Lyrik aber auch nicht anders. Wenn du weißt, dass es in Zeitung X eine Person Y gibt, die ein Faible für Dichtkunst hat, dann wäre es blöd, wenn dein Verlag sie vielleicht versehentlich an Person Z schreibt, die als Freiberufler zwar viel öfter für Zeitung X Bücher rezensiert, aber sich auf Gedichte das letzte Mal eingelassen hat bevor sie ihr Germanistikstudium abgebrochen hat. Außerdem hast du gerade ein Buch zu promoten. Die Person in deinem Verlag aber mit Sicherheit gleichzeitig ein paar andere Neuveröffentlichungen auch noch. Stephen King hat übrigens auch gerade einen neuen Roman zu bewerben und wird – auch ohne öffentliche Auftritte – das Seine dazu tun. Und auch im Wikipedia-Eintrag über Stephen King gibt es ein eigenes Kapitel für das "Leben vor dem Erfolg".
Pressetext
Du sollst dir nichts vormachen: Nicht wenige Websites, Blogs aber auch viele gedruckte Medien werden weitgehend wortgleich den sogenannten "Waschzettel" deines Verlags übernehmen. Viele werden dein Buch gar nicht gelesen haben und trotzdem darüber berichten. Sieh das pragmatisch und freu dich umso mehr über Journalisten und Blogger, die dein Buch selbst gelesen haben. Im Pressetext zu deinem Buch muss in wenigen knappen Sätzen alles klar und gesagt sein. Hast du selbst einen Historienroman verfasst und neigst auch sonst zu ausschweifenden Satzkonstruktionen, dann lass dich von Freunden beraten. Irgendjemand in deinem Umfeld hat bestimmt Ahnung davon. Zur Not hast du ja auch noch deinen Verlag, der weiß, was wie ankommt. Wie ich überhaupt einen professionellen Verlag für eine Voraussetzung halte. Dieser ermöglicht dir mit seiner Struktur, seinem Vertrieb, durch seinen ständigen Kontakt mit Buchhändlern und auch durch seine Filterfunktion überhaupt erst ein Ankommen am Markt. Aber zurück zum Thema: Ich halte es nicht für verwerflich, dass manch einer den zur Verfügung gestellten Text übernimmt. Genau dafür wird dieser schließlich geschrieben. Wer sich persönlich ein Bild davon machen möchte, wie viele Sites PR-Vorlagen übernehmen, der bemüht am besten kurz Google. Hier ein Link zu meinem Original beziehungsweise zu einem älteren Text von mir, den ich dafür selbst zitiert habe.
Foto
Auch wenn dein Buch gänzlich ohne Abbildungen auskommt: Stell dich der Tatsache, dass die allermeisten Menschen in Bildnissen denken und dass gerade im Internet Bilder von großer Bedeutung sind; also stell der Welt da draußen eine kleine Auswahl an Porträtaufnahmen deiner Person zur Verfügung. Besser eine Hand voll Fotos als nur eines – denn keiner verwendet gern ein und dasselbe Foto, das er ohnehin überall findet, wenn er sich über dich kundig macht. Rechnest du gar mit länger anhaltendem Interesse, dann behalte manche Aufnahmen vorerst zurück. Bilder nutzen sich schnell ab, werden langweilig. Wichtig ist auch, dass die Fotos unbegrenzt und honorarfrei verwendet werden dürfen. Denn natürlich wäre es besonders ehrenvoll, von Isolde Ohlbaum in Szene gesetzt zu werden. Trotzdem nützen dir diese Fotos gar nichts, wenn dich ein Journalist kontaktiert ("wir brauchen schnell ein Foto!"), du ihn aber an die Starfotografin verweisen musst, mit der er sich dann ein Honorar ausverhandeln kann. Dafür gibt es in 99 Prozent der Redaktionen schlicht kein Budget. Und jene, die dafür doch eines haben, legen meist auch noch Wert auf eine eigene Bildsprache – und schicken dir ihren eigenen Fotografen. Auch das: eine große Ehre! Machen wir uns nichts vor: Auch The Gap hat über hoffnungsvolle Jung-Autorinnen schon nicht oder weniger umfangreich berichtet, weil diese keine kostenlosen Fotos zur Verfügung stellen konnten. Nicht zuletzt erhöhen gute Pressefotos die Chance, dass Berichte oder Artikel über dich und dein Werk umfangreicher ausfallen. Jeder Journalist, jeder Layouter, aber auch jeder Blogger freut sich, wenn er mit gutem Bildmaterial arbeiten kann.
Höhere Halbwertszeit
Womöglich hörst du das nicht gerne. Doch dein Roman, dein Ratgeber, dein Sachbuch und auch dein Gedichtband ist ein Produkt. Und Produkte funktionieren nach ganz bestimmten Regeln – und manchmal auch saisonal. So wird sich ein Verlag in unseren Breiten eher davor hüten, ein Sachbuch über Balkonbepflanzung im November herauszubringen. Es würde sich womöglich als Ladenhüter erweisen. Außerdem haben Produkte einen Produktlebenszyklus. Dieser ist bei Büchern etwas länger als bei – egal ob Tonträger oder Stream – Musik. Was du davon ableiten sollst, hängt stark von deinem Produkt ab. Aber du kannst eben – siehe Punkt 3 – zum Beispiel manche Fotos aus deiner Porträtserie bewusst zurückhalten. Oder aber selbst aktiv werden und Kulturvereine in der Provinz anschreiben (siehe Punkt 1), um dort zu lesen oder an passenden Diskussionsrunden teilzunehmen. Dort – ein wenig abseits der Ballungsräume – findest du mit etwas Glück das dankbarste Publikum und Liebhaber auch für wirklich anspruchsvolle Belletristik. Immerhin hat man auf dem Land anders als in der Stadt nicht jeden Tag die Gelegenheit, sich mit Schriftstellern oder Romanautorinnen auszutauschen.
Vergiss das E-Book vorerst
Nichts gegen's elektronische Publizieren. Aber es ist doch noch eher unbedeutend. Während die erste Druckauflage meines Buchs zum 31. Dezember 2014 bereits beinahe ausverkauft war, hatte ich zum selben Zeitpunkt 24 (in Worten: vierundzwanzig) E-Books verkauft. Nicht falsch verstehen: Ich freue mich über jedes einzelne davon. Aber wenn du möchtest, dass dein Buch auch wirklich Leute erreicht, dann solltest du dich vorerst vielleicht besser nicht auf Digital Publishing konzentrieren. Zumal mein Buch streng genommen ein Ratgeber ist und so gesehen als E-Book besonders attraktiv sein sollte.
Vielleicht habt ihr schon von "Ein guter Tag hat 100 Punkte … und andere alltagstaugliche Ideen für eine bessere Welt" gehört. Vielleicht ist das Sachbuch in eurer Timeline aufgetaucht, vielleicht habt ihr in einer Zeitung darüber gelesen oder es im Fernsehen gesehen. Vielleicht, weil Thomas Weber, der Autor des Buchs und Herausgeber von The Gap, sich genau darum gekümmert hat. Sein Ratgeber befindet sich mittlerweile schon in der 2. Auflage und der "Hype" um das Buch scheint noch länger nicht abzureißen. Wir baten ihn daher uns kurz zu erläutern, was man – abgesehen davon ein Buch überhaupt einmal zu schreiben – tun muss, um auch gelesen zu werden.
"Ein guter Tag hat 100 Punkte … und andere alltagstaugliche Ideen für eine bessere Welt" ist im ist im Residenz Verlag erschienen.