Ein Jahr, nachdem die uns den Schas gewonnen hat, kommt Conchita Wurst mit ihrem Debütalbum daher. Kann man machen, muss man aber nicht.
Im vergangenen Jahr dominierte kaum ein andere Persönlichkeit die österreichischen Medien so sehr wie Conchita Wurst. Innerhalb kürzester Zeit – oder vielmehr eines Abends, dem 10. Mai 2014 – avancierte Conchita von der schrillen Dragqueen zum Nationalheiligtum und in weiterer Folge zu einer österreichischen Gallionsfigur für Respekt, Liebe und Toleranz. Was war das schön. Man schaut ihr gerne zu, bei allem, was sie tut. Ob sie mal eben ihr tägliches "Rise Like A Phoenix" schmettert und dabei noch immer so viel gibt, als ginge es gerade um alles, oder ob sie die Interview- Sofas und roten Teppiche der Welt abklappert und dort so eloquent erscheint, dass man fast nicht anders kann, als sich in sie zu verlieben.
Dass Conchita sehr gut singen kann, muss sie an diesem Punkt niemandem mehr beweisen. Inzwischen ist sie aber auch Model, Synchron- sprecherin, Moderatorin und Entertainerin. Da ist die ganze Popstar- Sache irgendwie in den Hintergrund gerückt, und eigentlich hat man sie ja auch nie wirklich als so einen gesehen. Jetzt also doch noch ein ganzes Album. Wirklich gewartet hat darauf wohl nur ihre Wurstgemeinde. Conchita liebt man halt nicht wegen ihrer tollen Musik, sondern aufgrund ihrer Person. Daher wundert es auch nicht, dass man sich dieses Album eigentlich hätte sparen können.
Eine Extraportion Kitsch
Auf "Conchita" findet man die obligatorischen, groß aufgezogenen Selbstfindungs-Balladen, auf modern getrimmte Disco-Ausflüge, Motown-Staub mit Bläser-Action und sogar orientalisch angehauchte Klänge (mhh, so exotisch). Die Lyrics gehen leider teilweise in den Fremdschäm-Bereich. Sie verleihen dem Ganzen die extra Portion Kitsch. Am Ende fühlt es sich viel zu dick aufgetragen an. Ein bisschen so wie Schlager, nur mit englischen Texten. Aber hey, niemand hat sich ein vielschichtiges Folk-Album mit Banjos erwartet, nur weil sie Bart trägt, oder? Da freut man sich eigentlich schon wieder über den Großraum-EDM-Rave, weil er nicht so melodramatisch ist wie einige andere Songs. Sei’s drum – Conchita liebt ihr Album, ihre Fans werden es lieben und der Rest soll sich einfach mitfreuen.
"Conchita" ist soeben (15. Mai) via Sony BMG erschienen.