Dr. Dre hat ein neues Album am Start. Das erste seit 16 Jahren. Und ein Film kommt auch noch raus.
Es kam recht plötzlich. Vor einer Woche hatte er in einer Radiosendung angekündigt, dass er heute "Compton: A Soundtrack by Dr. Dre" veröffentlichen wird. Seit heute 03.00 Uhr MEZ ist es da, vorerst auf Apple Music.
Andre Romell Young (so sein bürgerlicher Name) hat mittlerweile ganze 50 Lenze auf dem Buckel. Er ist seit über zwei Jahrzehnten der vielleicht wichtigste Produzent im Hip-Hop. Timbaland hat sich im Pop bewiesen, RZA macht die ungewöhnlicheren Produktionen, Kanye ist noch abgedrehter, DJ Premier hat die fanatischeren Fans. Aber Dr Dre hat Snoop Dogg, Eminem, Xzibit und 50 Cent produziert: Alle verdanken ihm zu einem großen Teil ihre Karriere. Auch mit Kendrick Lamar hat Dre Tracks produziert.
Nun also kommt nach "The Chronic" (1992) und "2001" (1999) sein drittes eigenes Studioalbum heraus. Und er hat gleich verkündet, dass es definitiv sein letztes sein wird. Eigentlich war das Album lange als "Detox" gehandelt worden, so der Arbeitstitel. Dre hatte es 2008 angekündigt. Es galt schon so wie "Chinese Democracy" von Guns N‘ Roses als gleichbedeutend mit einem Album, das nie erscheint. 2011 leakte "I Need A Doctor" und wurde mit einem Video kurzfristig veröffentlicht. Der Grund "Detox" nicht zu veröffentlichen war einfach: "Es war einfach nicht gut", so Dre.
Die eigene Vergangenheit inspiriert
Nun also "Compton: A Soundtrack". Hintergrund ist ein neuer Hollywoodfilm, der Ende August in die Kinos kommt. Wenn bei dem Namen jetzt einige Dre-Fans hellhörig werden, liegt das daran, dass der Film quasi die Anfänge seiner Karriere zeigt: Die Geschichte um seine Combo N.W.A. (Niggaz with Attitudes), die mit ihrem zweiten Album "Straight Outta Compton" 1988 ihren Durchbruch feierten und Gangster-Rap mitbegründeten. Dre sagte, als er Zeuge der Dreharbeiten wurde, habe ihn das so inspiriert, dass er beschloss das Album aufzunehmen.
Ob er einfach einen Grund brauchte, um die Aufnahmen von "Detox" neu zu verwerten, sei dahingestellt. Dre weiß, dass er nicht den besten Flow hat und holt sich deswegen wie gewohnt die besten Gäste auf die Trackliste. Alte Protegés wie Snoop Dogg, Xzibit und Eminem, neue wie Kendrick Lamar, sein alter N.W.A-Kollege Ice Cube uvm. Sie alle geben sich auf "Compton" die Klinke in die Hand. Die Beats sind – wenig überraschend – auf den Punkt produziert. Dre Fans könnten nur bedauern, dass die Produktionen sehr dem Mainstream-Sound angepasst sind.
Kennst du L.A. Compton
Reaktionen auf das Album fielen zum Großteil sehr euphorisch aus, auf dem Review-Aggregator Metacritic steht das Album derzeit bei 73 – was für breit rezipierte Alben sehr gut ist. Man findet natürlich auch Kritikpunkte: Die New York Times lobt die zur Atmosphäre des Albums, hebt aber hervor, dass es vor allem die Flows der Gastrapper sind, die zur Atmosphäre des Albums beitragen. Gut, das war früher ja nicht so anders. Der Guardian schreibt, Dre zementiere mit dem Album seinen Platz in der (Musik-)Geschichte. Was man halt so schreibt, wenn man sich nicht aus dem Fenster lehnen will. Die Spex sieht "Compton" vor allem als Geschichte über den Aufstieg von der Straße nach ganz oben, über den amerikanischen Traum eben. Über das Leben der heutigen Jugend auf den Straßen L.A.s könne er allerdings nicht mehr viel sagen. Da sind dann Kollegen wie Vince Staples, Earl Sweatshirt, Schoolboy Q oder eben Kendrick doch viel näher dran. Es war definitiv kein Knieschuss, kein müdes Alterswerk, um noch einmal gebookt zu werden. Ein würdiges, kein epochales Statement.
Gestern wurde dann übrigens verkündet, dass Dre alle Einnahmen aus "Compton: A Soundtrack" in den Bau einer Musikschule in seiner alten Hood investieren wird. Ein Gangster mit Herz.
"Compton: A Soundtrack by Dr. Dre" ist seit heute auf Apple Music und Itunes erhältlich. Ab 21. August ist es physisch im Handel. Wir verlosen zudem 2×2 Tickets für den Kinofilm (gültig hier: Haydn Kino, UCI Millenium City & SCS, Lugner City Kino, Hollywood Megaplex Gasometer & SCN), der ab 28.8. in den Kinos läuft. Wird hier verlost.