Das Open Mind Festival findet heuer zum siebten Mal in Salzburg statt. Wir haben der Kuratorin Cornelia Anhaus ein paar Fragen zum Festival und ihrer Arbeit gestellt.
Das Open Mind ist kein riesiges Festival, sondern eher individuell und intim. Das Thema wechselt jährlich. Dieses Mal findet es unter dem Motto „Ich ist eine Andere“ statt. Die Konstruktion unserer Identität, Stereotype und Machtverhältnisse stehen dabei im Mittelpunkt. Themen, die in der Gesellschaft noch immer stark polarisieren. Das Programm vom Festival steht schon fest und sieht sehr vielversprechend aus. Neben einer queeren, migrantischen Filmnacht und einem Trans*/Inter* Thementag, wird es auch ein Konzert von Dillon geben.
Cornelia, du hast die Position der Kuratorin beim Festival. Welche Aufgaben umfasst das und wie gefällt es dir?
Als Kuratorin fällt mir die Aufgabe zu, einerseits das jährliche Motto des Open Mind Festivals zu bestimmen, andererseits zum jeweiligen Themenkomplex das Programm zusammenzustellen, sowohl was die künstlerischen als auch diskursiven Inhalte betrifft; dazu gehört auch, die passenden (Ko-)Produktions- und Kooperationspartner*innen zu finden.
Das kuratorische Arbeiten in der ARGEkultur ist sehr spannend, da ich hier gesellschaftskritische Positionen aus künstlerischer Perspektive thematisieren und beleuchten kann und auch durch das Rahmenprogramm starke Akzente setzen.
Das Thema des Festivals ändert ja jährlich. Was hat sich das Festival in den letzten sechs Jahren bezüglich öffentlichem Interesse gerändert?
Das Open Mind Festival ist inzwischen mehr oder weniger in Salzburg „angekommen“. Musste in den ersten Jahren oft noch erklären werden, wofür es steht, wird diese Frage kaum noch gestellt. Auch die Besucher*innenzahlen sind seit der ersten Ausgabe stetig steigend, ebenso die Anfragen von Künstler*innen, hier mitwirken zu wollen.
„Frankenstein“ ist ein Robotertheater mit Musik, das auf dem Festival aufgeführt. Was hat das Stück mit dem Oberthema „Identität“ zu tun?
Technische Errungenschaften und Algorithmen bestimmen derzeit unser Dasein und definieren wie wir leben und was wir sind bzw. als wer wir wahrgenommen werden. Dabei verändern die Menschen nicht nur die Technik, die Technik verändert uns.
Vor allem die Technisierungsprozesse in der Medizin sind zukunftsweisend, ob es nun um roboterchirurgische Abteilungen geht oder Roboter in der Pflege. Den Menschen soll die Maschine dabei möglichst einfach und angenehm vermenschlicht näher gebracht werden. Das Stück „Frankenstein“ setzt hier an und fragt: Wer bringt den Maschinen die Menschen näher? Welche menschliche Identität entwickeln wir, wenn wir nach den Bauplänen unserer Maschinen geschaffen werden. Wie wird der Mensch von morgen konstruiert, wie wird zukünftiges Menschsein definiert, wenn einerseits die Freiheit, über die äußere Erscheinungsform zu entscheiden, immer größer und andererseits der Übergang zum Maschinellen fließender wird?
Wieso spielt das Theaterstück eine so zentrale Rolle beim Festival?
Die ARGEkultur ist nicht nur Veranstaltungshaus, sondern auch Produktionszentrum.
Seit das Open Mind Festival 2009 aus der Taufe gehoben wurde, sind die jeweiligen (Ko-)Produktionen, die originär für das Festival erarbeitet werden, zentraler Bestandteil des Konzepts. Das Hauptaugenmerk liegt dabei auf der Produktionstätigkeit mit (über)regionalen wie (inter)nationalen Partner*innen. Dabei folge ich beim Kuratieren einerseits dem Prinzip, junge Talente ebenso zu fördern wie renommierte Kunstschaffende, andererseits ein Produktionsnetzwerk aufzubauen, das von den Möglichkeiten der Gestaltung des Jahresprogramms abweicht. Der Fokus der Auswahl liegt dabei nicht nur im Bündeln von Synergien, sondern v. a. darin, dem Publikum neue Entdeckungen und Zugangsweisen zu ermöglichen sowie den produzierenden Künstler*innen bestmögliche Rahmenbedingungen zu bieten, um Neues zu riskieren und über sich hinaus wachsen zu können.
Das diesjährige Festival mit dem Slogan „Ich ist eine Andere“ beschäftigt sich mit der Konstruktion von Identität. Wieso habt ihr das Thema gerade in diesem Jahr gewählt?
Die Suche nach der eigenen Identität ist ein zeitloses, universelles und gleichzeitig aktuelles Thema. Ob es sich nun um geschlechtliche oder kulturelle Identität handelt – immer geht es dabei um Inklusion und Exklusion. Viel zu oft stülpt dabei die Masse des „Wir“ dem einzelnen „Ich“ seine Stereotype ohne Rücksicht auf das Individuum über. So wird aus einem angesehenen Arzt ein Scheinasylant, aus einer aufstrebenden Ingenieurin eine Kampflesbe oder aus einem rechtsextremen Politiker ein besorgter Volksversteher. Das Open Mind Festival will hier Bewusstsein schaffen und versteht sich als Think Tank und Motor für Gesellschaftspolitik und Sozialkritik.
Das Thema polarisiert noch immer in der Gesellschaft. Wie habt ihr die Reaktion auf das Thema wahrgenommen?
Das ist derzeit noch schwierig zu beantworten, da das Festival ja noch nicht begonnen hat. Die Reaktionen zur Programmgestaltung im Vorfeld sind jedenfalls positiv und voll gespannter Erwartung.
Das Festival findet vom 12. bis zum 22. November in Salzburg statt und das Programm steht auch schon fest.