Spätestens seit dem Hype um das Sanatorium Feichtenbach im Wienerwald pilgern Neugierige zu Ruinen vergessener Orte. Auf der Suche nach Zeitrelikten, paranormalen Aktivitäten und einem Adrenalinrausch darf die Kinderheilanstalt Lilienfeld nicht fehlen.
Foto von Dominik Perchtold
Seitenansicht
Foto by Maflonis Blog
Schultafel
Foto by Maflonis Blog
Blick von Terrasse
Foto by Maflonis Blog
Zimmer 3. Stock
Foto by Maflonis Blog
Kleidung am Dachboden
Foto by Maflonis Blog
Balkon
Foto by Maflonis Blog
Bad 1. Stock
Foto by Maflonis Blog
Treppenhaus
Foto by Maflonis Blog
Senf
Foto by Maflonis Blog
Ehrentafel
Foto by Maflonis Blog
Haupteingang
Foto by Maflonis Blog
Kellerregale
Foto by Maflonis Blog
Es war auch genau jener Grund warum Ärzte und Behörden knapp vor dem 1. Weltkrieg beschlossen, hier ein Kinderspital zu errichten. Zu dieser Zeit war das Gebäude durch eine Nebenstraße bis vor die Eingangstüre gut erreichbar. Heute führt nur mehr ein abgeschiedener Wanderweg serpentinenartig auf die Anhöhe. Im stetigen Bergauf schlängelt sich der Schotterpfad neben einem rauschenden Bach einige hundert Meter. Durch die Baumkronen blitzen von der Ferne ein Stück des kaputten Dachstuhls und die grünen Holzrahmen der oberen Fenster. Bis auf wenige Gebrechen steht das Haus unverändert auf derselben Lichtung. Die verglaste Verandafront und die hohen Fenstersimse sind in ihrer Zeit scheinbar still gestanden. Am Fuße des Weges sind Stacheldrahtzäune und Warnschilder angebracht.
Sie zeigen, dass man hier nicht willkommen ist. Zu viel ist passiert und zu viele Leute sind in den vergangenen Jahren in das Haus eingestiegen, um sich von der Legende selbst ein Bild zu machen. Manche von ihnen berichten von abstrusen Räumlichkeiten, andere von unerklärlichen Phänomenen. Die Bewohner der Gegend kennen sie schon, die Neugierigen, die von überall her pilgern und nur für eins gekommen sind: Sie suchen nach Kinderknochen.
Das Haus selbst ähnelt im Baustil einer großen, ländlichen Villa und sollte absichtlich nicht dem Flair eines Krankenhauses entsprechen. Die Patienten litten in erster Linie an Atemwegserkrankungen und waren vom Kleinkindalter bis hin zum 16. Lebensjahr auf Krankenkassen-Basis hier untergebracht. Auch Tuberkulose, Keuchhusten oder Asthma wurden in verschiedenen Teilen des Gebäudes behandelt. Neben einem Isolationstrakt gab es auch spezielle Maßnahmen in Form von Liegekuren, Quarzlampen für die Lichttherapie, ein Laboratorium und einen kleinen Operationssaal. Die Kinder, die an chronischen Krankheiten litten, wurden nach damaligen Standards mit Ernährungstherapie, Abhärtungsprozeduren, und hygienischer Erziehung behandelt. Das Personal bestand hauptsächlich aus Klosterschwestern, ausgebildeten Pflegekräften und Fachärzten.
Nach dem ersten Weltkrieg schlitterte die Franksche Stiftung in eine schwere Krise und konnte nur Dank großzügiger Gläubiger die Inflation überleben. Bis knapp vor Ende des 2. Weltkrieges blieb das Gebäude weiterhin als Kinderspital erhalten und diente um 1945 zuerst als Unterschlupf für die Nazis und dann als Aufenthaltsort für russische Alliierte. Anfang der 70iger Jahre wurde die C.M. Frank Stiftung in die Wiener Städtische Heilanstalt umbenannt und hatte erneut mit Geldproblemen zu kämpfen. Kaum eine Dekade später wurde das Gebäude abrupt geschlossen und steht seitdem verlassen und leer auf dem Hügel in Lilienfeld.
Auch der Mythos der vermeintlichen Medikamententests an jungen Patienten lässt sich zwar nicht bestätigen, kursiert aber schon seit Jahrzehnten. Vor allem in Verbindung mit dem Aufenthalt der deutschen Soldaten im 2. Weltkrieg gibt es unzählige Geschichten, die von einem geheimen Nazi-Labor munkeln. Personen, die es gewagt haben in den vergangenen Jahren in das Gebäude einzusteigen, erzählen von bizarren Räumlichkeiten, wie eine Leichenkammer versteckt hinter einem verschiebbaren Bücherregal im Keller, oder vereinzelten Gummizellen in den oberen Stockwerken. Neben Kinderschuhen und Spielsachen, schwören manche bei ihrer Erkundung auch leises Kinderlachen im Haus gehört zu haben.
Dieser Artikel ist im Rahmen eines Labors an der FH Wien im Studiengang Journalismus und Medienmanagement entstanden.