Dungeons & Dragons ist das legendärste Pen-and-Paper-Rollenspiel der Welt. 40 Jahre nach seiner Erfindung wird es immer noch ausgiebig gespielt.
"In den Ländern an der Schwertküste befindet sich ein junger Zauberer auf dem Weg in die nächstgelegene Stadt. Sein Name ist Veranion und er ist halb Mensch, halb Elf. Er ist unterwegs auf dem Wagen eines Händlers, zusammen mit ein paar merkwürdigen Gestalten. Er hört ein dunkles Grollen aus der Entfernung. Plötzlich regnet es Feuer vom Himmel, die Pferde schrecken auf und der Wagen geht mit ihm durch. Was machst du jetzt?", fragt der Dungeon Master mit Nachdruck und tiefer Stimme in die Runde.
Die halb Mensch, halb Elf Kreatur ist in Wirklichkeit ein Mitte 20-jähriger Software-Entwickler aus Wien, der gemeinsam mit seinen Freunden seit zwei Jahren diese Welt erlebt. Nichts davon hat er jemals mit eigenen Augen gesehen, aber vieles ist gut ausgeklügeltes und unterhaltsames Kopfkino.
Be There Or Be Square
Christian trifft sich fast zwei Mal im Monat zum Dungeons & Dragons mit seinen Freunden. Dabei reist er auch unter der Woche nach einem langen Arbeitstag von Wien nach Niederösterreich, um im Schnitt an einer 5-stündigen Session teilzunehmen. Oberstes Gebot ist die Anwesenheit aller Spieler, denn ohne die Vollständigkeit der Figuren kann das Spiel nicht fortgesetzt werden.
Zu fünft im Keller des Dungeon Masters, der Spieleleiter und nebenbei 40-jähriger Familienvater, platzieren sich alle um einen großen Tisch. Zu ihrer Linken, das ganz persönliche Character Sheet angefertigt für die eigene Figur, und zu ihrer Rechten, ein Sammelsurium an verscheidenseitigen Würfeln. Die Stimmung im Raum ist vorfreudig angespannt. Zu Beginn gibt der Dungeon Master ein paar Worte, um an die Erlebnisse vom letzten Mal anzuknüpfen. An diesem Abend geht es gleich blutrünstig zur Sache.
Die fünf Freunde steigen direkt in einen unbeendeten Kampf ein und entscheiden sich unzählige Feuerbälle auf ihr Gegenüber abzuschießen. Nach ihrem vermeintlichen Sieg enthüllt der Dungeon Master, dass sie einen potenziellen Verbündeten getötet haben. Die Freunde wirken kurz enttäuscht, lachen dann aber. "Wir wissen nie was passiert und selbst wenn, wissen wir nicht, was wir genau tun. So ist das Spiel".
Aus alt mach neu
Keine Karten, keine Konsole, kein aufwendiges Spielbrett mit Feldern – Stift, Papier und eine gehörige Portion Fantasie reichen im Prinzip schon vollkommen aus. Spätestens seit Dungeons & Dragons in der Serie Big Bang Theory einen Gastauftritt hinlegte, wurde das Spiel auch vom Mainstream-Publikum wahrgenommen.
Dabei haben die amerikanischen Erfinder, Gary Gygax und Dave Arneson, schon in den frühen 70ern mit Plastikfiguren und einem Brett die Abenteuer bestritten. Beide große Fans von Kriegsspielen und Mittelaltermystik vereinen genau diese Dramaturgie in den Abenteuern. Zwischen Drachen, Zauberern, Elfen, Trollen, Zwergen und Co muss jeder Einzelne aufpassen, dass er nicht ein Messer in die Brust gerammt bekommt – möglicherweise auch vom besten Freund. Das ganz persönliche Game of Thrones eben.
Seit 2014 geht Dungeons and Dragons in die 5. Auflage und damit wurde auch das Regelwerk wesentlich aufgelockert. Mehr Raum für Fantasie und Entwicklungen sollen das Spiel unvorhersehbarer und vor allem dynamischer gestalten. Kampfsituationen, die früher eine gute Stunde gedauert haben, sind mit der neuen Auflage wesentlich kürzer zu bestreiten. Obligat dazu können natürlich immer noch das passende Spielbrett und die Figuren erworben werden, aber im Prinzip macht die Low-Budget-Version mit Stift und Papier mindestens genau so viel her.
Grafikkarte: Gehirn
Die wahre Faszination an D&D ist der fast unvorhersehbarer Spielverlauf und die plötzlichen Plot-Twists, die sich beiläufig entwickeln. "Es gibt eben keine künstlichen Beschränkungen wie bei einem Computerspiel, fast alles ist möglich. Die eigene Fantasie ist grenzenlos und das macht es so spannend.", erklärt Christian, der sich vor seiner aktiven D&D Zeit nicht viel unter dem Spiel vorstellen konnte. Seit zwei Jahren ist er nun eingefleischter Fan und hat nebenbei auch noch einige seiner Freunde mitgerissen.
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